Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.Hoff-Ceremoniel. daß eine gewaltige, unruhige und Conquetenzu machen begierige Nation, unter Anführung eines Haupts, ein Reich und dessen Haupt, mit welchem es ratione der Dignität und Praerogativ in keinen Vergleich kommet, überwindet, und selbiges tributar machet, woraus aber nicht so gleich folget, daß ein der- gleichen Conquerant oder victor victo di- gnitate superior sey, sonsten würde das ab- surdum daraus folgen, daß zu Zeiten Ludovi- ci IV. oder Infantis, da die Ungarn diesen Kay- ser bey Augspurg schlugen, und er genöthiget war, ihnen einen jährlichen Tribut zuerlegen, digniores als die Deutschen, und ihr Heer- führer dem Röm. Kayser vorzuziehen gewesen. Ein gleiches müste man von Spanien in regard der Mauren, welchen letztern jene so gar Jung- frauen zum Tribut erlegen musten, und vie- len andern Königen und Königreichen sagen: denn so wenig ein vornehmer Herr, der mit ei- nem Geringeren Proceß führet, dadurch von seiner Praecedentz etwas verlieret, ob er gleich pro redimenda vexa, oder des Litigirens entübriget zu seyn, dem Geringeren etwas Geld giebet; also wenig ist auch derselbe Po- tentat, der einem andern, von allen Anfall be- freyet zu bleiben, Tribut erlegen muß, demsel- ben welcher ihn empfänget, nachgesetzt. Noch weniger aber kan man einen Tribut erlegen- den
Hoff-Ceremoniel. daß eine gewaltige, unruhige und Conquetenzu machen begierige Nation, unter Anfuͤhrung eines Haupts, ein Reich und deſſen Haupt, mit welchem es ratione der Dignitaͤt und Prærogativ in keinen Vergleich kommet, uͤberwindet, und ſelbiges tributar machet, woraus aber nicht ſo gleich folget, daß ein der- gleichen Conquerant oder victor victo di- gnitate ſuperior ſey, ſonſten wuͤrde das ab- ſurdum daraus folgen, daß zu Zeiten Ludovi- ci IV. oder Infantis, da die Ungarn dieſen Kay- ſer bey Augſpurg ſchlugen, und er genoͤthiget war, ihnen einen jaͤhrlichen Tribut zuerlegen, digniores als die Deutſchen, und ihr Heer- fuͤhrer dem Roͤm. Kayſer vorzuziehen geweſen. Ein gleiches muͤſte man von Spaniẽ in regard der Mauren, welchen letztern jene ſo gar Jung- frauen zum Tribut erlegen muſten, und vie- len andern Koͤnigen und Koͤnigreichen ſagen: denn ſo wenig ein vornehmer Herr, der mit ei- nem Geringeren Proceß fuͤhret, dadurch von ſeiner Præcedentz etwas verlieret, ob er gleich pro redimenda vexa, oder des Litigirens entuͤbriget zu ſeyn, dem Geringeren etwas Geld giebet; alſo wenig iſt auch derſelbe Po- tentat, der einem andern, von allen Anfall be- freyet zu bleiben, Tribut erlegen muß, demſel- ben welcher ihn empfaͤnget, nachgeſetzt. Noch weniger aber kan man einen Tribut erlegen- den
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Hoff-Ceremoniel.
daß eine gewaltige, unruhige und Conqueten
zu machen begierige Nation, unter Anfuͤhrung
eines Haupts, ein Reich und deſſen Haupt,
mit welchem es ratione der Dignitaͤt und
Prærogativ in keinen Vergleich kommet,
uͤberwindet, und ſelbiges tributar machet,
woraus aber nicht ſo gleich folget, daß ein der-
gleichen Conquerant oder victor victo di-
gnitate ſuperior ſey, ſonſten wuͤrde das ab-
ſurdum daraus folgen, daß zu Zeiten Ludovi-
ci IV. oder Infantis, da die Ungarn dieſen Kay-
ſer bey Augſpurg ſchlugen, und er genoͤthiget
war, ihnen einen jaͤhrlichen Tribut zuerlegen,
digniores als die Deutſchen, und ihr Heer-
fuͤhrer dem Roͤm. Kayſer vorzuziehen geweſen.
Ein gleiches muͤſte man von Spaniẽ in regard
der Mauren, welchen letztern jene ſo gar Jung-
frauen zum Tribut erlegen muſten, und vie-
len andern Koͤnigen und Koͤnigreichen ſagen:
denn ſo wenig ein vornehmer Herr, der mit ei-
nem Geringeren Proceß fuͤhret, dadurch von
ſeiner Præcedentz etwas verlieret, ob er gleich
pro redimenda vexa, oder des Litigirens
entuͤbriget zu ſeyn, dem Geringeren etwas
Geld giebet; alſo wenig iſt auch derſelbe Po-
tentat, der einem andern, von allen Anfall be-
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