Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Flecke der Haide weg zu kommen vermöge. Dann schlief ich fest ein, erwachte des andern Tages frisch und gestärkt, die Pferde wurden vorgeführt, und ich freute mich, nun Die auch von Angesicht zu Angesicht zu sehen, die heute so vielfach im Traume bei mir gewesen war.

3. Steppenvergangenheit.

Ehe ich entwickle, wie wir nach Maroshely geritten sind, wie ich Brigitta kennen gelernt habe und wie ich noch recht oft auf ihrem Gute gewesen bin, ist es nöthig, daß ich einen Theil ihres früheren Lebens erzähle, ohne den das Folgende nicht verständlich wäre. Wie ich zu so tief gehender Kenntniß der Zustände, die hier geschildert werden, gelangen konnte, wird sich aus meinen Verhältnissen zu dem Major und zu Brigitta ergeben und am Ende dieser Geschichte von selbst klar werden, ohne daß ich nöthig hätte, vor der Zeit zu enthüllen, was ich auch nicht vor der Zeit, sondern durch die natürliche Entwicklung der Dinge erfuhr.

Es liegt im menschlichen Geschlechte das wundervolle Ding der Schönheit. Wir Alle sind gezogen von der Süßigkeit der Erscheinung und können nicht immer sagen, wo das Holde liegt. Es ist im Weltall, es ist in einem Auge, dann ist es wieder nicht in Zügen,

von dem Flecke der Haide weg zu kommen vermöge. Dann schlief ich fest ein, erwachte des andern Tages frisch und gestärkt, die Pferde wurden vorgeführt, und ich freute mich, nun Die auch von Angesicht zu Angesicht zu sehen, die heute so vielfach im Traume bei mir gewesen war.

3. Steppenvergangenheit.

Ehe ich entwickle, wie wir nach Maroshely geritten sind, wie ich Brigitta kennen gelernt habe und wie ich noch recht oft auf ihrem Gute gewesen bin, ist es nöthig, daß ich einen Theil ihres früheren Lebens erzähle, ohne den das Folgende nicht verständlich wäre. Wie ich zu so tief gehender Kenntniß der Zustände, die hier geschildert werden, gelangen konnte, wird sich aus meinen Verhältnissen zu dem Major und zu Brigitta ergeben und am Ende dieser Geschichte von selbst klar werden, ohne daß ich nöthig hätte, vor der Zeit zu enthüllen, was ich auch nicht vor der Zeit, sondern durch die natürliche Entwicklung der Dinge erfuhr.

Es liegt im menschlichen Geschlechte das wundervolle Ding der Schönheit. Wir Alle sind gezogen von der Süßigkeit der Erscheinung und können nicht immer sagen, wo das Holde liegt. Es ist im Weltall, es ist in einem Auge, dann ist es wieder nicht in Zügen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0054"/>
von dem Flecke                der Haide weg zu kommen vermöge. Dann schlief ich fest ein, erwachte des andern Tages                frisch und gestärkt, die Pferde wurden vorgeführt, und ich freute mich, nun Die auch                von Angesicht zu Angesicht zu sehen, die heute so vielfach im Traume bei mir gewesen                war.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="3">
        <head>3. Steppenvergangenheit.</head>
        <p>Ehe ich entwickle, wie wir nach Maroshely geritten sind, wie ich Brigitta kennen                gelernt habe und wie ich noch recht oft auf ihrem Gute gewesen bin, ist es nöthig,                daß ich einen Theil ihres früheren Lebens erzähle, ohne den das Folgende nicht                verständlich wäre. Wie ich zu so tief gehender Kenntniß der Zustände, die hier                geschildert werden, gelangen konnte, wird sich aus meinen Verhältnissen zu dem Major                und zu Brigitta ergeben und am Ende dieser Geschichte von selbst klar werden, ohne                daß ich nöthig hätte, vor der Zeit zu enthüllen, was ich auch nicht vor der Zeit,                sondern durch die natürliche Entwicklung der Dinge erfuhr.</p><lb/>
        <p>Es liegt im menschlichen Geschlechte das wundervolle Ding der Schönheit. Wir Alle                sind gezogen von der Süßigkeit der Erscheinung und können nicht immer sagen, wo das                Holde liegt. Es ist im Weltall, es ist in einem Auge, dann ist es wieder nicht in                Zügen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0054] von dem Flecke der Haide weg zu kommen vermöge. Dann schlief ich fest ein, erwachte des andern Tages frisch und gestärkt, die Pferde wurden vorgeführt, und ich freute mich, nun Die auch von Angesicht zu Angesicht zu sehen, die heute so vielfach im Traume bei mir gewesen war. 3. Steppenvergangenheit. Ehe ich entwickle, wie wir nach Maroshely geritten sind, wie ich Brigitta kennen gelernt habe und wie ich noch recht oft auf ihrem Gute gewesen bin, ist es nöthig, daß ich einen Theil ihres früheren Lebens erzähle, ohne den das Folgende nicht verständlich wäre. Wie ich zu so tief gehender Kenntniß der Zustände, die hier geschildert werden, gelangen konnte, wird sich aus meinen Verhältnissen zu dem Major und zu Brigitta ergeben und am Ende dieser Geschichte von selbst klar werden, ohne daß ich nöthig hätte, vor der Zeit zu enthüllen, was ich auch nicht vor der Zeit, sondern durch die natürliche Entwicklung der Dinge erfuhr. Es liegt im menschlichen Geschlechte das wundervolle Ding der Schönheit. Wir Alle sind gezogen von der Süßigkeit der Erscheinung und können nicht immer sagen, wo das Holde liegt. Es ist im Weltall, es ist in einem Auge, dann ist es wieder nicht in Zügen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:12:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:12:00Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910/54
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910/54>, abgerufen am 24.11.2024.