eine Tochter, welche zwei Jahre jünger war als ich. Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen, in welchem wir uns unseren Geschäften, die uns schon in der Kindheit regelmäßig aufgelegt wurden, widmen mußten, und in welchem wir schliefen. Die Mutter sah da nach, und erlaubte uns zuweilen, daß wir in ihrem Wohnzimmer sein und uns mit Spielen er¬ gözen durften.
Der Vater war die meiste Zeit in dem Verkaufs¬ gewölbe und in der Schreibstube. Um zwölf Uhr kam er herauf, und es wurde in dem Speisezimmer gespeiset. Die Diener des Vaters speisten an unserem Tische mit Vater und Mutter, die zwei Mägde und der Magazinsknecht hatten in dem Gesindezimmer einen Tisch für sich. Wir Kinder bekamen einfache Speisen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen einen Braten und jedes Mal ein Glas guten Weines. Die Handelsdiener bekamen auch von dem Braten und ein Glas desselben Weines. Anfangs hatte der Vater nur einen Buchführer und zwei Diener, später hatte er viere.
In der Wohnung war ein Zimmer, welches ziem¬ lich groß war. In demselben standen breite flache Kästen von feinem Glanze und eingelegter Arbeit.
eine Tochter, welche zwei Jahre jünger war als ich. Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen, in welchem wir uns unſeren Geſchäften, die uns ſchon in der Kindheit regelmäßig aufgelegt wurden, widmen mußten, und in welchem wir ſchliefen. Die Mutter ſah da nach, und erlaubte uns zuweilen, daß wir in ihrem Wohnzimmer ſein und uns mit Spielen er¬ gözen durften.
Der Vater war die meiſte Zeit in dem Verkaufs¬ gewölbe und in der Schreibſtube. Um zwölf Uhr kam er herauf, und es wurde in dem Speiſezimmer geſpeiſet. Die Diener des Vaters ſpeiſten an unſerem Tiſche mit Vater und Mutter, die zwei Mägde und der Magazinsknecht hatten in dem Geſindezimmer einen Tiſch für ſich. Wir Kinder bekamen einfache Speiſen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen einen Braten und jedes Mal ein Glas guten Weines. Die Handelsdiener bekamen auch von dem Braten und ein Glas desſelben Weines. Anfangs hatte der Vater nur einen Buchführer und zwei Diener, ſpäter hatte er viere.
In der Wohnung war ein Zimmer, welches ziem¬ lich groß war. In demſelben ſtanden breite flache Käſten von feinem Glanze und eingelegter Arbeit.
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eine Tochter, welche zwei Jahre jünger war als ich.
Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen,
in welchem wir uns unſeren Geſchäften, die uns ſchon
in der Kindheit regelmäßig aufgelegt wurden, widmen
mußten, und in welchem wir ſchliefen. Die Mutter
ſah da nach, und erlaubte uns zuweilen, daß wir in
ihrem Wohnzimmer ſein und uns mit Spielen er¬
gözen durften.
Der Vater war die meiſte Zeit in dem Verkaufs¬
gewölbe und in der Schreibſtube. Um zwölf Uhr
kam er herauf, und es wurde in dem Speiſezimmer
geſpeiſet. Die Diener des Vaters ſpeiſten an unſerem
Tiſche mit Vater und Mutter, die zwei Mägde und
der Magazinsknecht hatten in dem Geſindezimmer
einen Tiſch für ſich. Wir Kinder bekamen einfache
Speiſen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen
einen Braten und jedes Mal ein Glas guten Weines.
Die Handelsdiener bekamen auch von dem Braten und
ein Glas desſelben Weines. Anfangs hatte der Vater
nur einen Buchführer und zwei Diener, ſpäter hatte
er viere.
In der Wohnung war ein Zimmer, welches ziem¬
lich groß war. In demſelben ſtanden breite flache
Käſten von feinem Glanze und eingelegter Arbeit.
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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