Während dieses Gespräches waren wir in dem Gange der Gastzimmer zu der Thür gekommen, die in Gustavs Wohnung führte. Mein Gastfreund fragte, ob ich diese Wohnung nicht jezt besehen wollte, und wir traten ein.
Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern, einem Arbeitszimmer und einem Schlafzimmer. Beide wa¬ ren, wie es bei solchen Zimmern selten der Fall ist, sehr in Ordnung. Sonst war ihr Geräthe sehr ein¬ fach. Bücherkästen Schreib- und Zeichnungsgeräthe ein Tisch Schreine für die Kleider Stühle und das Bett. Der Jüngling stand fast erröthend da, da ein Fremder in seiner Wohnung war. Wir entfernten uns bald, und der Bewohner machte uns die leichte feine Verbeugung, die ich gestern schon an ihm bemerkt hatte, weil er uns nicht mehr begleiten sondern in den Zimmern zurückbleiben wollte, in welchen er noch Ar¬ beit zu verrichten hatte.
"Ihr könnet nun auch die Gastzimmer besuchen," sagte mein Begleiter, "dann habt ihr alle Räume un¬ seres Hauses gesehen."
Ich willigte ein. Er nahm ein kleines silbernes Glöcklein aus seiner Tasche, und läutete.
Es erschien in Kurzem eine Magd, von welcher er
Während dieſes Geſpräches waren wir in dem Gange der Gaſtzimmer zu der Thür gekommen, die in Guſtavs Wohnung führte. Mein Gaſtfreund fragte, ob ich dieſe Wohnung nicht jezt beſehen wollte, und wir traten ein.
Die Wohnung beſtand aus zwei Zimmern, einem Arbeitszimmer und einem Schlafzimmer. Beide wa¬ ren, wie es bei ſolchen Zimmern ſelten der Fall iſt, ſehr in Ordnung. Sonſt war ihr Geräthe ſehr ein¬ fach. Bücherkäſten Schreib- und Zeichnungsgeräthe ein Tiſch Schreine für die Kleider Stühle und das Bett. Der Jüngling ſtand faſt erröthend da, da ein Fremder in ſeiner Wohnung war. Wir entfernten uns bald, und der Bewohner machte uns die leichte feine Verbeugung, die ich geſtern ſchon an ihm bemerkt hatte, weil er uns nicht mehr begleiten ſondern in den Zimmern zurückbleiben wollte, in welchen er noch Ar¬ beit zu verrichten hatte.
„Ihr könnet nun auch die Gaſtzimmer beſuchen,“ ſagte mein Begleiter, „dann habt ihr alle Räume un¬ ſeres Hauſes geſehen.“
Ich willigte ein. Er nahm ein kleines ſilbernes Glöcklein aus ſeiner Taſche, und läutete.
Es erſchien in Kurzem eine Magd, von welcher er
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0274"n="260"/>
Während dieſes Geſpräches waren wir in dem<lb/>
Gange der Gaſtzimmer zu der Thür gekommen,<lb/>
die in Guſtavs Wohnung führte. Mein Gaſtfreund<lb/>
fragte, ob ich dieſe Wohnung nicht jezt beſehen wollte,<lb/>
und wir traten ein.</p><lb/><p>Die Wohnung beſtand aus zwei Zimmern, einem<lb/>
Arbeitszimmer und einem Schlafzimmer. Beide wa¬<lb/>
ren, wie es bei ſolchen Zimmern ſelten der Fall iſt,<lb/>ſehr in Ordnung. Sonſt war ihr Geräthe ſehr ein¬<lb/>
fach. Bücherkäſten Schreib- und Zeichnungsgeräthe<lb/>
ein Tiſch Schreine für die Kleider Stühle und das<lb/>
Bett. Der Jüngling ſtand faſt erröthend da, da ein<lb/>
Fremder in ſeiner Wohnung war. Wir entfernten uns<lb/>
bald, und der Bewohner machte uns die leichte feine<lb/>
Verbeugung, die ich geſtern ſchon an ihm bemerkt<lb/>
hatte, weil er uns nicht mehr begleiten ſondern in den<lb/>
Zimmern zurückbleiben wollte, in welchen er noch Ar¬<lb/>
beit zu verrichten hatte.</p><lb/><p>„Ihr könnet nun auch die Gaſtzimmer beſuchen,“<lb/>ſagte mein Begleiter, „dann habt ihr alle Räume un¬<lb/>ſeres Hauſes geſehen.“</p><lb/><p>Ich willigte ein. Er nahm ein kleines ſilbernes<lb/>
Glöcklein aus ſeiner Taſche, und läutete.</p><lb/><p>Es erſchien in Kurzem eine Magd, von welcher er<lb/></p></div></body></text></TEI>
[260/0274]
Während dieſes Geſpräches waren wir in dem
Gange der Gaſtzimmer zu der Thür gekommen,
die in Guſtavs Wohnung führte. Mein Gaſtfreund
fragte, ob ich dieſe Wohnung nicht jezt beſehen wollte,
und wir traten ein.
Die Wohnung beſtand aus zwei Zimmern, einem
Arbeitszimmer und einem Schlafzimmer. Beide wa¬
ren, wie es bei ſolchen Zimmern ſelten der Fall iſt,
ſehr in Ordnung. Sonſt war ihr Geräthe ſehr ein¬
fach. Bücherkäſten Schreib- und Zeichnungsgeräthe
ein Tiſch Schreine für die Kleider Stühle und das
Bett. Der Jüngling ſtand faſt erröthend da, da ein
Fremder in ſeiner Wohnung war. Wir entfernten uns
bald, und der Bewohner machte uns die leichte feine
Verbeugung, die ich geſtern ſchon an ihm bemerkt
hatte, weil er uns nicht mehr begleiten ſondern in den
Zimmern zurückbleiben wollte, in welchen er noch Ar¬
beit zu verrichten hatte.
„Ihr könnet nun auch die Gaſtzimmer beſuchen,“
ſagte mein Begleiter, „dann habt ihr alle Räume un¬
ſeres Hauſes geſehen.“
Ich willigte ein. Er nahm ein kleines ſilbernes
Glöcklein aus ſeiner Taſche, und läutete.
Es erſchien in Kurzem eine Magd, von welcher er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/274>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.