Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es sah ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen meiner Mutter wohnten. Es standen große Kleider¬ kästen da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten zwar nicht solche Dinge, im Gegentheile sie waren in der musterhaftesten Ordnung; aber sie wiesen doch eine solche Gestalt, daß man schließen mußte, daß sie zu Wohnungen für Frauen bestimmt sind. Die Ge¬ räthe des ersten waren von Mahagoniholz die des zweiten von Cedern. Überall standen weichgepolsterte Size und schöne Tische herum. Auf dem Fußboden la¬ gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel, außerdem stand in jedem Zimmer noch ein beweglicher Ankleidespiegel, an den Fenstern waren Arbeitstisch¬ chen, und in der Ecke jedes Zimmers stand von wei¬ ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentischchen, und an den Wänden hingen einige Gemälde.
Als ich diese Zimmer eine Weile betrachtet hatte, öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelst eines Drückers eine Tapetenthür, die sich den Blicken nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬
Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es ſah ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen meiner Mutter wohnten. Es ſtanden große Kleider¬ käſten da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten zwar nicht ſolche Dinge, im Gegentheile ſie waren in der muſterhafteſten Ordnung; aber ſie wieſen doch eine ſolche Geſtalt, daß man ſchließen mußte, daß ſie zu Wohnungen für Frauen beſtimmt ſind. Die Ge¬ räthe des erſten waren von Mahagoniholz die des zweiten von Cedern. Überall ſtanden weichgepolſterte Size und ſchöne Tiſche herum. Auf dem Fußboden la¬ gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel, außerdem ſtand in jedem Zimmer noch ein beweglicher Ankleideſpiegel, an den Fenſtern waren Arbeitstiſch¬ chen, und in der Ecke jedes Zimmers ſtand von wei¬ ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentiſchchen, und an den Wänden hingen einige Gemälde.
Als ich dieſe Zimmer eine Weile betrachtet hatte, öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelſt eines Drückers eine Tapetenthür, die ſich den Blicken nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0276"n="262"/>
Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es ſah<lb/>
ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen<lb/>
meiner Mutter wohnten. Es ſtanden große Kleider¬<lb/>
käſten da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es<lb/>
lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer<lb/>
meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten<lb/>
zwar nicht ſolche Dinge, im Gegentheile ſie waren in<lb/>
der muſterhafteſten Ordnung; aber ſie wieſen doch<lb/>
eine ſolche Geſtalt, daß man ſchließen mußte, daß ſie<lb/>
zu Wohnungen für Frauen beſtimmt ſind. Die Ge¬<lb/>
räthe des erſten waren von Mahagoniholz die des<lb/>
zweiten von Cedern. Überall ſtanden weichgepolſterte<lb/>
Size und ſchöne Tiſche herum. Auf dem Fußboden la¬<lb/>
gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel,<lb/>
außerdem ſtand in jedem Zimmer noch ein beweglicher<lb/>
Ankleideſpiegel, an den Fenſtern waren Arbeitstiſch¬<lb/>
chen, und in der Ecke jedes Zimmers ſtand von wei¬<lb/>
ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben<lb/>
ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentiſchchen,<lb/>
und an den Wänden hingen einige Gemälde.</p><lb/><p>Als ich dieſe Zimmer eine Weile betrachtet hatte,<lb/>
öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelſt<lb/>
eines Drückers eine Tapetenthür, die ſich den Blicken<lb/>
nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[262/0276]
Diener oder eigentlich eine Dienerin; denn es ſah
ganz aus wie das Zimmer, in welchem die Mädchen
meiner Mutter wohnten. Es ſtanden große Kleider¬
käſten da, mit grünem Ziz verhängte Betten, und es
lagen Dinge herum, wie in dem Mädchenzimmer
meiner Mutter. Die zwei anderen Gemächer zeigten
zwar nicht ſolche Dinge, im Gegentheile ſie waren in
der muſterhafteſten Ordnung; aber ſie wieſen doch
eine ſolche Geſtalt, daß man ſchließen mußte, daß ſie
zu Wohnungen für Frauen beſtimmt ſind. Die Ge¬
räthe des erſten waren von Mahagoniholz die des
zweiten von Cedern. Überall ſtanden weichgepolſterte
Size und ſchöne Tiſche herum. Auf dem Fußboden la¬
gen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel,
außerdem ſtand in jedem Zimmer noch ein beweglicher
Ankleideſpiegel, an den Fenſtern waren Arbeitstiſch¬
chen, und in der Ecke jedes Zimmers ſtand von wei¬
ßen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben
ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentiſchchen,
und an den Wänden hingen einige Gemälde.
Als ich dieſe Zimmer eine Weile betrachtet hatte,
öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelſt
eines Drückers eine Tapetenthür, die ſich den Blicken
nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein vier¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/276>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.