geworden, die Sonne schien schon sehr warm, die Fristen, in denen der Himmel sich klar und wolkenlos zeigte, wurden bereits länger als die, in denen er umwölkt oder neblich war, die Erde sproßte, die Bäume knospten, an den Rosenbäumchen vor dem Hause wurde sehr fleißig gearbeitet, alles war heiter, und der Frühling war in seiner ganzen Fülle einge¬ treten. Diese Zeit war schon lange als diejenige be¬ stimmt gewesen, in welcher ich abreisen würde. Ich sagte dieses noch einmal meinem Gastfreunde, und da ich Anstalten getroffen hatte, meinen Koffer fort zu senden, wurde der Tag der Abreise festgesezt.
Wir hatten früher noch die Verabredung getrof¬ fen, daß ich meine Arbeiten so einrichten wolle, daß ich zur Zeit der Rosenblüthe wiederkommen und wie¬ der längere Zeit in dem Hause verbleiben könne. Da ich sah, daß ich gerne aufgenommen werde, und daß ich in Hinsicht der äußeren Mittel keine Last in dem Hause sei, und da mein Gemüth sich auch diesem Orte zugeneigt fühlte, so war mir diese Verabredung ganz nach meinem Sinne. Nur, meinte mein Gast¬ freund, müßte ich dann in den Gebirgsthälern schon zur Herreise aufbrechen, wenn dort kaum die Rosen völlige Knospen hätten, weil sie hier der bessern Erde
geworden, die Sonne ſchien ſchon ſehr warm, die Friſten, in denen der Himmel ſich klar und wolkenlos zeigte, wurden bereits länger als die, in denen er umwölkt oder neblich war, die Erde ſproßte, die Bäume knoſpten, an den Roſenbäumchen vor dem Hauſe wurde ſehr fleißig gearbeitet, alles war heiter, und der Frühling war in ſeiner ganzen Fülle einge¬ treten. Dieſe Zeit war ſchon lange als diejenige be¬ ſtimmt geweſen, in welcher ich abreiſen würde. Ich ſagte dieſes noch einmal meinem Gaſtfreunde, und da ich Anſtalten getroffen hatte, meinen Koffer fort zu ſenden, wurde der Tag der Abreiſe feſtgeſezt.
Wir hatten früher noch die Verabredung getrof¬ fen, daß ich meine Arbeiten ſo einrichten wolle, daß ich zur Zeit der Roſenblüthe wiederkommen und wie¬ der längere Zeit in dem Hauſe verbleiben könne. Da ich ſah, daß ich gerne aufgenommen werde, und daß ich in Hinſicht der äußeren Mittel keine Laſt in dem Hauſe ſei, und da mein Gemüth ſich auch dieſem Orte zugeneigt fühlte, ſo war mir dieſe Verabredung ganz nach meinem Sinne. Nur, meinte mein Gaſt¬ freund, müßte ich dann in den Gebirgsthälern ſchon zur Herreiſe aufbrechen, wenn dort kaum die Roſen völlige Knoſpen hätten, weil ſie hier der beſſern Erde
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0368"n="354"/>
geworden, die Sonne ſchien ſchon ſehr warm, die<lb/>
Friſten, in denen der Himmel ſich klar und wolkenlos<lb/>
zeigte, wurden bereits länger als die, in denen er<lb/>
umwölkt oder neblich war, die Erde ſproßte, die<lb/>
Bäume knoſpten, an den Roſenbäumchen vor dem<lb/>
Hauſe wurde ſehr fleißig gearbeitet, alles war heiter,<lb/>
und der Frühling war in ſeiner ganzen Fülle einge¬<lb/>
treten. Dieſe Zeit war ſchon lange als diejenige be¬<lb/>ſtimmt geweſen, in welcher ich abreiſen würde. Ich<lb/>ſagte dieſes noch einmal meinem Gaſtfreunde, und<lb/>
da ich Anſtalten getroffen hatte, meinen Koffer fort<lb/>
zu ſenden, wurde der Tag der Abreiſe feſtgeſezt.</p><lb/><p>Wir hatten früher noch die Verabredung getrof¬<lb/>
fen, daß ich meine Arbeiten ſo einrichten wolle, daß<lb/>
ich zur Zeit der Roſenblüthe wiederkommen und wie¬<lb/>
der längere Zeit in dem Hauſe verbleiben könne. Da<lb/>
ich ſah, daß ich gerne aufgenommen werde, und daß<lb/>
ich in Hinſicht der äußeren Mittel keine Laſt in dem<lb/>
Hauſe ſei, und da mein Gemüth ſich auch dieſem<lb/>
Orte zugeneigt fühlte, ſo war mir dieſe Verabredung<lb/>
ganz nach meinem Sinne. Nur, meinte mein Gaſt¬<lb/>
freund, müßte ich dann in den Gebirgsthälern ſchon<lb/>
zur Herreiſe aufbrechen, wenn dort kaum die Roſen<lb/>
völlige Knoſpen hätten, weil ſie hier der beſſern Erde<lb/></p></div></body></text></TEI>
[354/0368]
geworden, die Sonne ſchien ſchon ſehr warm, die
Friſten, in denen der Himmel ſich klar und wolkenlos
zeigte, wurden bereits länger als die, in denen er
umwölkt oder neblich war, die Erde ſproßte, die
Bäume knoſpten, an den Roſenbäumchen vor dem
Hauſe wurde ſehr fleißig gearbeitet, alles war heiter,
und der Frühling war in ſeiner ganzen Fülle einge¬
treten. Dieſe Zeit war ſchon lange als diejenige be¬
ſtimmt geweſen, in welcher ich abreiſen würde. Ich
ſagte dieſes noch einmal meinem Gaſtfreunde, und
da ich Anſtalten getroffen hatte, meinen Koffer fort
zu ſenden, wurde der Tag der Abreiſe feſtgeſezt.
Wir hatten früher noch die Verabredung getrof¬
fen, daß ich meine Arbeiten ſo einrichten wolle, daß
ich zur Zeit der Roſenblüthe wiederkommen und wie¬
der längere Zeit in dem Hauſe verbleiben könne. Da
ich ſah, daß ich gerne aufgenommen werde, und daß
ich in Hinſicht der äußeren Mittel keine Laſt in dem
Hauſe ſei, und da mein Gemüth ſich auch dieſem
Orte zugeneigt fühlte, ſo war mir dieſe Verabredung
ganz nach meinem Sinne. Nur, meinte mein Gaſt¬
freund, müßte ich dann in den Gebirgsthälern ſchon
zur Herreiſe aufbrechen, wenn dort kaum die Roſen
völlige Knoſpen hätten, weil ſie hier der beſſern Erde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/368>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.