ich wohlverpackt, daß der Gips nicht leide, an meinen damaligen Aufenthaltsort; ich kann euch den Namen jezt nicht nennen, es war ein kleines Städtchen an dem Gebirge. Mir fiel schon damals auf, daß das Fahrgeld für die Gestalt sehr hoch sei, und daß man sich über ihr Gewicht beklagt habe; allein ich hielt es für italienische List, um von mir dem Fremden etwas mehr heraus zu pressen. Als ich aber nach Deutsch¬ land zurückgekehrt war, und als eines Tages die Gipsgestalt, für deren gute Verpackung und Über¬ bringung ich durch mir wohlbekannte Versendungs¬ vermittler gesorgt hatte, in dem Asperhofe ankam, überzeugte ich mich selber von dem ungemeinen Ge¬ wichte der Last. Da der Bretterverschlag, in welchem sich die Gestalt befand, nicht so schwer sein konnte, so entstand in mir und Eustach, der damals schon in dem Asperhofe war, der Gedanke, die Gestalt möchte etwa naß geworden sein, und durch die Nässe gelitten haben. Wir ließen das Standbild in die hölzerne Hütte schaffen, welche ich theils zu seinem Empfange theils zur Reinigung von den vielen Schmuzflecken, die es an seinem früheren Standorte erhalten hatte, vor dem Eingange in den Garten hatte aufbauen lassen. Da es dort von den Brettern und von allen seinen andern
Stifter, Nachsommer. II. 8
ich wohlverpackt, daß der Gips nicht leide, an meinen damaligen Aufenthaltſort; ich kann euch den Namen jezt nicht nennen, es war ein kleines Städtchen an dem Gebirge. Mir fiel ſchon damals auf, daß das Fahrgeld für die Geſtalt ſehr hoch ſei, und daß man ſich über ihr Gewicht beklagt habe; allein ich hielt es für italieniſche Liſt, um von mir dem Fremden etwas mehr heraus zu preſſen. Als ich aber nach Deutſch¬ land zurückgekehrt war, und als eines Tages die Gipsgeſtalt, für deren gute Verpackung und Über¬ bringung ich durch mir wohlbekannte Verſendungs¬ vermittler geſorgt hatte, in dem Asperhofe ankam, überzeugte ich mich ſelber von dem ungemeinen Ge¬ wichte der Laſt. Da der Bretterverſchlag, in welchem ſich die Geſtalt befand, nicht ſo ſchwer ſein konnte, ſo entſtand in mir und Euſtach, der damals ſchon in dem Asperhofe war, der Gedanke, die Geſtalt möchte etwa naß geworden ſein, und durch die Näſſe gelitten haben. Wir ließen das Standbild in die hölzerne Hütte ſchaffen, welche ich theils zu ſeinem Empfange theils zur Reinigung von den vielen Schmuzflecken, die es an ſeinem früheren Standorte erhalten hatte, vor dem Eingange in den Garten hatte aufbauen laſſen. Da es dort von den Brettern und von allen ſeinen andern
Stifter, Nachſommer. II. 8
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0127"n="113"/>
ich wohlverpackt, daß der Gips nicht leide, an meinen<lb/>
damaligen Aufenthaltſort; ich kann euch den Namen<lb/>
jezt nicht nennen, es war ein kleines Städtchen an<lb/>
dem Gebirge. Mir fiel ſchon damals auf, daß das<lb/>
Fahrgeld für die Geſtalt ſehr hoch ſei, und daß man<lb/>ſich über ihr Gewicht beklagt habe; allein ich hielt es<lb/>
für italieniſche Liſt, um von mir dem Fremden etwas<lb/>
mehr heraus zu preſſen. Als ich aber nach Deutſch¬<lb/>
land zurückgekehrt war, und als eines Tages die<lb/>
Gipsgeſtalt, für deren gute Verpackung und Über¬<lb/>
bringung ich durch mir wohlbekannte Verſendungs¬<lb/>
vermittler geſorgt hatte, in dem Asperhofe ankam,<lb/>
überzeugte ich mich ſelber von dem ungemeinen Ge¬<lb/>
wichte der Laſt. Da der Bretterverſchlag, in welchem<lb/>ſich die Geſtalt befand, nicht ſo ſchwer ſein konnte, ſo<lb/>
entſtand in mir und Euſtach, der damals ſchon in<lb/>
dem Asperhofe war, der Gedanke, die Geſtalt möchte<lb/>
etwa naß geworden ſein, und durch die Näſſe gelitten<lb/>
haben. Wir ließen das Standbild in die hölzerne Hütte<lb/>ſchaffen, welche ich theils zu ſeinem Empfange theils<lb/>
zur Reinigung von den vielen Schmuzflecken, die es<lb/>
an ſeinem früheren Standorte erhalten hatte, vor dem<lb/>
Eingange in den Garten hatte aufbauen laſſen. Da<lb/>
es dort von den Brettern und von allen ſeinen andern<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Stifter</hi>, Nachſommer. <hirendition="#aq">II</hi>. 8<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[113/0127]
ich wohlverpackt, daß der Gips nicht leide, an meinen
damaligen Aufenthaltſort; ich kann euch den Namen
jezt nicht nennen, es war ein kleines Städtchen an
dem Gebirge. Mir fiel ſchon damals auf, daß das
Fahrgeld für die Geſtalt ſehr hoch ſei, und daß man
ſich über ihr Gewicht beklagt habe; allein ich hielt es
für italieniſche Liſt, um von mir dem Fremden etwas
mehr heraus zu preſſen. Als ich aber nach Deutſch¬
land zurückgekehrt war, und als eines Tages die
Gipsgeſtalt, für deren gute Verpackung und Über¬
bringung ich durch mir wohlbekannte Verſendungs¬
vermittler geſorgt hatte, in dem Asperhofe ankam,
überzeugte ich mich ſelber von dem ungemeinen Ge¬
wichte der Laſt. Da der Bretterverſchlag, in welchem
ſich die Geſtalt befand, nicht ſo ſchwer ſein konnte, ſo
entſtand in mir und Euſtach, der damals ſchon in
dem Asperhofe war, der Gedanke, die Geſtalt möchte
etwa naß geworden ſein, und durch die Näſſe gelitten
haben. Wir ließen das Standbild in die hölzerne Hütte
ſchaffen, welche ich theils zu ſeinem Empfange theils
zur Reinigung von den vielen Schmuzflecken, die es
an ſeinem früheren Standorte erhalten hatte, vor dem
Eingange in den Garten hatte aufbauen laſſen. Da
es dort von den Brettern und von allen ſeinen andern
Stifter, Nachſommer. II. 8
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/127>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.