seine Stimmung einen entschieden künstlerischen Ein¬ druck machen müsse. Ich hatte während der Arbeit viele Mühe darauf verwendet, die ganze Geschichte und die Herkunft des Bildes zu erforschen; allein ich kam zu keinem Ergebnisse. Der Soldat, der die Lein¬ wand aus Italien geschickt hatte, war längst gestor¬ ben, und es lebte überhaupt niemand mehr, der in näherer Beziehung zu dem Ereignisse gestanden wäre; denn dasselbe hatte sich weit früher zugetragen, als ich gedacht hatte. Der Großvater des lezten Besizers des Bildes hatte öfter erzählt, daß er sagen gehört habe, daß ein aus dem Hause gebürtiger Soldat ein¬ mal seine Strümpfe und Hemden in ein Muttergot¬ tesbild eingewickelt aus Welschland nach Hause ge¬ schickt habe. Die Wahrheit der Erzählung bestättigte sich dadurch, daß man noch das alte zerstörte Ma¬ rienbild auf dem Dachboden des Hauses fand. Ich konnte auch nicht ergründen, welche Gelegenheit es gewesen sei, die jenen deutschen Soldaten nach Welsch¬ land geführt hatte. Von dem, herauszufinden, aus welcher Gegend Italiens das Bild gekommen sei, konnte nun vollends gar keine Rede mehr sein. Als nach langer Zeit nach vieler Mühe und mancher Un¬ terbrechung das Gemälde in einem schönen alterthüm¬
ſeine Stimmung einen entſchieden künſtleriſchen Ein¬ druck machen müſſe. Ich hatte während der Arbeit viele Mühe darauf verwendet, die ganze Geſchichte und die Herkunft des Bildes zu erforſchen; allein ich kam zu keinem Ergebniſſe. Der Soldat, der die Lein¬ wand aus Italien geſchickt hatte, war längſt geſtor¬ ben, und es lebte überhaupt niemand mehr, der in näherer Beziehung zu dem Ereigniſſe geſtanden wäre; denn daſſelbe hatte ſich weit früher zugetragen, als ich gedacht hatte. Der Großvater des lezten Beſizers des Bildes hatte öfter erzählt, daß er ſagen gehört habe, daß ein aus dem Hauſe gebürtiger Soldat ein¬ mal ſeine Strümpfe und Hemden in ein Muttergot¬ tesbild eingewickelt aus Welſchland nach Hauſe ge¬ ſchickt habe. Die Wahrheit der Erzählung beſtättigte ſich dadurch, daß man noch das alte zerſtörte Ma¬ rienbild auf dem Dachboden des Hauſes fand. Ich konnte auch nicht ergründen, welche Gelegenheit es geweſen ſei, die jenen deutſchen Soldaten nach Welſch¬ land geführt hatte. Von dem, herauszufinden, aus welcher Gegend Italiens das Bild gekommen ſei, konnte nun vollends gar keine Rede mehr ſein. Als nach langer Zeit nach vieler Mühe und mancher Un¬ terbrechung das Gemälde in einem ſchönen alterthüm¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="160"/>ſeine Stimmung einen entſchieden künſtleriſchen Ein¬<lb/>
druck machen müſſe. Ich hatte während der Arbeit<lb/>
viele Mühe darauf verwendet, die ganze Geſchichte<lb/>
und die Herkunft des Bildes zu erforſchen; allein ich<lb/>
kam zu keinem Ergebniſſe. Der Soldat, der die Lein¬<lb/>
wand aus Italien geſchickt hatte, war längſt geſtor¬<lb/>
ben, und es lebte überhaupt niemand mehr, der in<lb/>
näherer Beziehung zu dem Ereigniſſe geſtanden wäre;<lb/>
denn daſſelbe hatte ſich weit früher zugetragen, als<lb/>
ich gedacht hatte. Der Großvater des lezten Beſizers<lb/>
des Bildes hatte öfter erzählt, daß er ſagen gehört<lb/>
habe, daß ein aus dem Hauſe gebürtiger Soldat ein¬<lb/>
mal ſeine Strümpfe und Hemden in ein Muttergot¬<lb/>
tesbild eingewickelt aus Welſchland nach Hauſe ge¬<lb/>ſchickt habe. Die Wahrheit der Erzählung beſtättigte<lb/>ſich dadurch, daß man noch das alte zerſtörte Ma¬<lb/>
rienbild auf dem Dachboden des Hauſes fand. Ich<lb/>
konnte auch nicht ergründen, welche Gelegenheit es<lb/>
geweſen ſei, die jenen deutſchen Soldaten nach Welſch¬<lb/>
land geführt hatte. Von dem, herauszufinden, aus<lb/>
welcher Gegend Italiens das Bild gekommen ſei,<lb/>
konnte nun vollends gar keine Rede mehr ſein. Als<lb/>
nach langer Zeit nach vieler Mühe und mancher Un¬<lb/>
terbrechung das Gemälde in einem ſchönen alterthüm¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[160/0174]
ſeine Stimmung einen entſchieden künſtleriſchen Ein¬
druck machen müſſe. Ich hatte während der Arbeit
viele Mühe darauf verwendet, die ganze Geſchichte
und die Herkunft des Bildes zu erforſchen; allein ich
kam zu keinem Ergebniſſe. Der Soldat, der die Lein¬
wand aus Italien geſchickt hatte, war längſt geſtor¬
ben, und es lebte überhaupt niemand mehr, der in
näherer Beziehung zu dem Ereigniſſe geſtanden wäre;
denn daſſelbe hatte ſich weit früher zugetragen, als
ich gedacht hatte. Der Großvater des lezten Beſizers
des Bildes hatte öfter erzählt, daß er ſagen gehört
habe, daß ein aus dem Hauſe gebürtiger Soldat ein¬
mal ſeine Strümpfe und Hemden in ein Muttergot¬
tesbild eingewickelt aus Welſchland nach Hauſe ge¬
ſchickt habe. Die Wahrheit der Erzählung beſtättigte
ſich dadurch, daß man noch das alte zerſtörte Ma¬
rienbild auf dem Dachboden des Hauſes fand. Ich
konnte auch nicht ergründen, welche Gelegenheit es
geweſen ſei, die jenen deutſchen Soldaten nach Welſch¬
land geführt hatte. Von dem, herauszufinden, aus
welcher Gegend Italiens das Bild gekommen ſei,
konnte nun vollends gar keine Rede mehr ſein. Als
nach langer Zeit nach vieler Mühe und mancher Un¬
terbrechung das Gemälde in einem ſchönen alterthüm¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/174>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.