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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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men gethan, und so stehen nun die Werke um mich
wie alte hochverehrungswürdige Freunde, die es täg¬
lich mehr werden, und die eine Annehmlichkeit und
eine Wonne für meine noch übrigen Tage sind."

Daß ich durch die Erzählung meines Gastfreun¬
des der Sammlung seiner Bilder noch mehr zugewen¬
det wurde, begreift sich.

Ich lenkte meine Aufmerksamkeit nun auch auf
die Kupferstiche meines Gastfreundes. Da dieselben
nicht unter Glas und Rahmen waren, sondern sich
in großen Laden des Tisches im Lesezimmer befanden,
so konnte man sie weit bequemer betrachten als die
Gemälde. Ich nahm mir zuerst die Mappen nach
einander heraus, und sah alle Kupferstiche der Reihe
nach an. Dann aber ging ich an eine mehr geordnete
Betrachtung. So wie mein Gastfreund nicht Bücher
aus dem Hause gab, wohl aber einem Gaste in sein
Zimmer die verlangten bringen ließ, so that er es
auch mit den Kupferstichen, nur gab er immer gleich
eine ganze Mappe in ein Zimmer nicht aber leicht
einzelne Blätter. Er that dies der Erhaltung und
Schonung willen. Weil ich nun nicht viele Stun¬
den im Lesezimmer ununterbrochen mit Ansehen von
Kupferstichen zubringen mochte, so ließ mir mein

men gethan, und ſo ſtehen nun die Werke um mich
wie alte hochverehrungswürdige Freunde, die es täg¬
lich mehr werden, und die eine Annehmlichkeit und
eine Wonne für meine noch übrigen Tage ſind.“

Daß ich durch die Erzählung meines Gaſtfreun¬
des der Sammlung ſeiner Bilder noch mehr zugewen¬
det wurde, begreift ſich.

Ich lenkte meine Aufmerkſamkeit nun auch auf
die Kupferſtiche meines Gaſtfreundes. Da dieſelben
nicht unter Glas und Rahmen waren, ſondern ſich
in großen Laden des Tiſches im Leſezimmer befanden,
ſo konnte man ſie weit bequemer betrachten als die
Gemälde. Ich nahm mir zuerſt die Mappen nach
einander heraus, und ſah alle Kupferſtiche der Reihe
nach an. Dann aber ging ich an eine mehr geordnete
Betrachtung. So wie mein Gaſtfreund nicht Bücher
aus dem Hauſe gab, wohl aber einem Gaſte in ſein
Zimmer die verlangten bringen ließ, ſo that er es
auch mit den Kupferſtichen, nur gab er immer gleich
eine ganze Mappe in ein Zimmer nicht aber leicht
einzelne Blätter. Er that dies der Erhaltung und
Schonung willen. Weil ich nun nicht viele Stun¬
den im Leſezimmer ununterbrochen mit Anſehen von
Kupferſtichen zubringen mochte, ſo ließ mir mein

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[168/0182] men gethan, und ſo ſtehen nun die Werke um mich wie alte hochverehrungswürdige Freunde, die es täg¬ lich mehr werden, und die eine Annehmlichkeit und eine Wonne für meine noch übrigen Tage ſind.“ Daß ich durch die Erzählung meines Gaſtfreun¬ des der Sammlung ſeiner Bilder noch mehr zugewen¬ det wurde, begreift ſich. Ich lenkte meine Aufmerkſamkeit nun auch auf die Kupferſtiche meines Gaſtfreundes. Da dieſelben nicht unter Glas und Rahmen waren, ſondern ſich in großen Laden des Tiſches im Leſezimmer befanden, ſo konnte man ſie weit bequemer betrachten als die Gemälde. Ich nahm mir zuerſt die Mappen nach einander heraus, und ſah alle Kupferſtiche der Reihe nach an. Dann aber ging ich an eine mehr geordnete Betrachtung. So wie mein Gaſtfreund nicht Bücher aus dem Hauſe gab, wohl aber einem Gaſte in ſein Zimmer die verlangten bringen ließ, ſo that er es auch mit den Kupferſtichen, nur gab er immer gleich eine ganze Mappe in ein Zimmer nicht aber leicht einzelne Blätter. Er that dies der Erhaltung und Schonung willen. Weil ich nun nicht viele Stun¬ den im Leſezimmer ununterbrochen mit Anſehen von Kupferſtichen zubringen mochte, ſo ließ mir mein

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/182>, abgerufen am 21.11.2024.