waren. Er führte mich neuerdings zu dem Musik¬ geräthtische, zeigte mir noch einmal, warum er ihn gerade an diesen Plaz gestellt habe, und fragte mich wieder, ob ich mit der Wahl des Ortes einverstanden sei. Mich wunderte Anfangs die Frage, da er sonst nicht gewohnt war, mich in solchen Dingen zu Rathe zu ziehen. Nach meiner Ansicht war der Tisch in dem Alterthumszimmer an dem Fensterpfeiler in passender Umgebung sehr gut gestellt, und zeigte seine Eigen¬ schaften in dem besten Lichte. Ich wiederholte daher meine vollkommene Billigung des Plazes, die ich schon vor meiner Abreise ausgesprochen hatte. Später aber sah ich wohl recht deutlich, daß es nur die Freude an diesem Stücke war, was den Vater zur Wieder¬ holung der Frage über die Zweckmäßigkeit des Plazes und zum wiederholten Zurückkommen zu dem Tische veranlaßt hatte. Das freudige Wesen, welches ich bei meiner ersten Ankunft in seiner ganzen Gestalt ausgedrückt gesehen zu haben glaubte, erschien mir jezt auch noch über ihn verbreitet. Selbst die Mutter und die Schwester schienen mir vergnügter zu sein als in andern Zeiten -- ja mir war es, als liebten mich alle mehr als sonst, so gut so freundlich so hin¬ gebend waren sie. Wie sehr dieses Gefühl, von den
waren. Er führte mich neuerdings zu dem Muſik¬ geräthtiſche, zeigte mir noch einmal, warum er ihn gerade an dieſen Plaz geſtellt habe, und fragte mich wieder, ob ich mit der Wahl des Ortes einverſtanden ſei. Mich wunderte Anfangs die Frage, da er ſonſt nicht gewohnt war, mich in ſolchen Dingen zu Rathe zu ziehen. Nach meiner Anſicht war der Tiſch in dem Alterthumszimmer an dem Fenſterpfeiler in paſſender Umgebung ſehr gut geſtellt, und zeigte ſeine Eigen¬ ſchaften in dem beſten Lichte. Ich wiederholte daher meine vollkommene Billigung des Plazes, die ich ſchon vor meiner Abreiſe ausgeſprochen hatte. Später aber ſah ich wohl recht deutlich, daß es nur die Freude an dieſem Stücke war, was den Vater zur Wieder¬ holung der Frage über die Zweckmäßigkeit des Plazes und zum wiederholten Zurückkommen zu dem Tiſche veranlaßt hatte. Das freudige Weſen, welches ich bei meiner erſten Ankunft in ſeiner ganzen Geſtalt ausgedrückt geſehen zu haben glaubte, erſchien mir jezt auch noch über ihn verbreitet. Selbſt die Mutter und die Schweſter ſchienen mir vergnügter zu ſein als in andern Zeiten — ja mir war es, als liebten mich alle mehr als ſonſt, ſo gut ſo freundlich ſo hin¬ gebend waren ſie. Wie ſehr dieſes Gefühl, von den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0243"n="229"/>
waren. Er führte mich neuerdings zu dem Muſik¬<lb/>
geräthtiſche, zeigte mir noch einmal, warum er ihn<lb/>
gerade an dieſen Plaz geſtellt habe, und fragte mich<lb/>
wieder, ob ich mit der Wahl des Ortes einverſtanden<lb/>ſei. Mich wunderte Anfangs die Frage, da er ſonſt<lb/>
nicht gewohnt war, mich in ſolchen Dingen zu Rathe<lb/>
zu ziehen. Nach meiner Anſicht war der Tiſch in dem<lb/>
Alterthumszimmer an dem Fenſterpfeiler in paſſender<lb/>
Umgebung ſehr gut geſtellt, und zeigte ſeine Eigen¬<lb/>ſchaften in dem beſten Lichte. Ich wiederholte daher<lb/>
meine vollkommene Billigung des Plazes, die ich<lb/>ſchon vor meiner Abreiſe ausgeſprochen hatte. Später<lb/>
aber ſah ich wohl recht deutlich, daß es nur die Freude<lb/>
an dieſem Stücke war, was den Vater zur Wieder¬<lb/>
holung der Frage über die Zweckmäßigkeit des Plazes<lb/>
und zum wiederholten Zurückkommen zu dem Tiſche<lb/>
veranlaßt hatte. Das freudige Weſen, welches ich<lb/>
bei meiner erſten Ankunft in ſeiner ganzen Geſtalt<lb/>
ausgedrückt geſehen zu haben glaubte, erſchien mir<lb/>
jezt auch noch über ihn verbreitet. Selbſt die Mutter<lb/>
und die Schweſter ſchienen mir vergnügter zu ſein<lb/>
als in andern Zeiten — ja mir war es, als liebten<lb/>
mich alle mehr als ſonſt, ſo gut ſo freundlich ſo hin¬<lb/>
gebend waren ſie. Wie ſehr dieſes Gefühl, von den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[229/0243]
waren. Er führte mich neuerdings zu dem Muſik¬
geräthtiſche, zeigte mir noch einmal, warum er ihn
gerade an dieſen Plaz geſtellt habe, und fragte mich
wieder, ob ich mit der Wahl des Ortes einverſtanden
ſei. Mich wunderte Anfangs die Frage, da er ſonſt
nicht gewohnt war, mich in ſolchen Dingen zu Rathe
zu ziehen. Nach meiner Anſicht war der Tiſch in dem
Alterthumszimmer an dem Fenſterpfeiler in paſſender
Umgebung ſehr gut geſtellt, und zeigte ſeine Eigen¬
ſchaften in dem beſten Lichte. Ich wiederholte daher
meine vollkommene Billigung des Plazes, die ich
ſchon vor meiner Abreiſe ausgeſprochen hatte. Später
aber ſah ich wohl recht deutlich, daß es nur die Freude
an dieſem Stücke war, was den Vater zur Wieder¬
holung der Frage über die Zweckmäßigkeit des Plazes
und zum wiederholten Zurückkommen zu dem Tiſche
veranlaßt hatte. Das freudige Weſen, welches ich
bei meiner erſten Ankunft in ſeiner ganzen Geſtalt
ausgedrückt geſehen zu haben glaubte, erſchien mir
jezt auch noch über ihn verbreitet. Selbſt die Mutter
und die Schweſter ſchienen mir vergnügter zu ſein
als in andern Zeiten — ja mir war es, als liebten
mich alle mehr als ſonſt, ſo gut ſo freundlich ſo hin¬
gebend waren ſie. Wie ſehr dieſes Gefühl, von den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/243>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.