Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sie ist eine neue Art," sagte sie, "ich habe aus
England einen Brief bekommen, in welchem eine
Freundin mit Auszeichnung von einer Rose sprach,
die sie in Kew gesehen habe, und deren Namen sie
hinzu fügte. Da ich in dem Verzeichnisse unserer Ro¬
sen den Namen nicht fand, dachte ich, daß dies eine
Art sein dürfte, welche unser Freund nicht hat. Ich
schrieb an die Freundin, ob sie mir eine solche Rosen¬
pflanze verschaffen könne. Mit Hilfe eines Mannes,
der uns beide kennt, erhielt sie die Pflanze, und in
diesem Frühlinge wurde sie mir in einem Topfe sehr
wohl und sinnreich verpackt aus England geschickt.
Ich pflegte sie, und da die Blumen sich entwickeln
wollten, brachte ich sie unserm Freunde. Die Rosen
öffneten sich hier vollends, und wir sahen, -- beson¬
ders er, der alle Merkmale genau kennt -- daß diese
Blume sich in der Sammlung dieses Hauses noch
nicht befindet. Eustach bildete sie ab, daß wir sie
festhalten, und ob die, welche in Zukunft kommen
werden, ihr gleichen. Mein Freund schrieb nach Eng¬
land um Pfropfreiser für den nächsten Frühling, diese
Pflanze bleibt indessen in dem Topfe, und wird hier
besorgt werden."

Während sie so sprach, regten sich die Zweige

„Sie iſt eine neue Art,“ ſagte ſie, „ich habe aus
England einen Brief bekommen, in welchem eine
Freundin mit Auszeichnung von einer Roſe ſprach,
die ſie in Kew geſehen habe, und deren Namen ſie
hinzu fügte. Da ich in dem Verzeichniſſe unſerer Ro¬
ſen den Namen nicht fand, dachte ich, daß dies eine
Art ſein dürfte, welche unſer Freund nicht hat. Ich
ſchrieb an die Freundin, ob ſie mir eine ſolche Roſen¬
pflanze verſchaffen könne. Mit Hilfe eines Mannes,
der uns beide kennt, erhielt ſie die Pflanze, und in
dieſem Frühlinge wurde ſie mir in einem Topfe ſehr
wohl und ſinnreich verpackt aus England geſchickt.
Ich pflegte ſie, und da die Blumen ſich entwickeln
wollten, brachte ich ſie unſerm Freunde. Die Roſen
öffneten ſich hier vollends, und wir ſahen, — beſon¬
ders er, der alle Merkmale genau kennt — daß dieſe
Blume ſich in der Sammlung dieſes Hauſes noch
nicht befindet. Euſtach bildete ſie ab, daß wir ſie
feſthalten, und ob die, welche in Zukunft kommen
werden, ihr gleichen. Mein Freund ſchrieb nach Eng¬
land um Pfropfreiſer für den nächſten Frühling, dieſe
Pflanze bleibt indeſſen in dem Topfe, und wird hier
beſorgt werden.“

Während ſie ſo ſprach, regten ſich die Zweige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0313" n="299"/>
        <p>&#x201E;Sie i&#x017F;t eine neue Art,&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie, &#x201E;ich habe aus<lb/>
England einen Brief bekommen, in welchem eine<lb/>
Freundin mit Auszeichnung von einer Ro&#x017F;e &#x017F;prach,<lb/>
die &#x017F;ie in Kew ge&#x017F;ehen habe, und deren Namen &#x017F;ie<lb/>
hinzu fügte. Da ich in dem Verzeichni&#x017F;&#x017F;e un&#x017F;erer Ro¬<lb/>
&#x017F;en den Namen nicht fand, dachte ich, daß dies eine<lb/>
Art &#x017F;ein dürfte, welche un&#x017F;er Freund nicht hat. Ich<lb/>
&#x017F;chrieb an die Freundin, ob &#x017F;ie mir eine &#x017F;olche Ro&#x017F;en¬<lb/>
pflanze ver&#x017F;chaffen könne. Mit Hilfe eines Mannes,<lb/>
der uns beide kennt, erhielt &#x017F;ie die Pflanze, und in<lb/>
die&#x017F;em Frühlinge wurde &#x017F;ie mir in einem Topfe &#x017F;ehr<lb/>
wohl und &#x017F;innreich verpackt aus England ge&#x017F;chickt.<lb/>
Ich pflegte &#x017F;ie, und da die Blumen &#x017F;ich entwickeln<lb/>
wollten, brachte ich &#x017F;ie un&#x017F;erm Freunde. Die Ro&#x017F;en<lb/>
öffneten &#x017F;ich hier vollends, und wir &#x017F;ahen, &#x2014; be&#x017F;on¬<lb/>
ders er, der alle Merkmale genau kennt &#x2014; daß die&#x017F;e<lb/>
Blume &#x017F;ich in der Sammlung die&#x017F;es Hau&#x017F;es noch<lb/>
nicht befindet. Eu&#x017F;tach bildete &#x017F;ie ab, daß wir &#x017F;ie<lb/>
fe&#x017F;thalten, und ob die, welche in Zukunft kommen<lb/>
werden, ihr gleichen. Mein Freund &#x017F;chrieb nach Eng¬<lb/>
land um Pfropfrei&#x017F;er für den näch&#x017F;ten Frühling, die&#x017F;e<lb/>
Pflanze bleibt inde&#x017F;&#x017F;en in dem Topfe, und wird hier<lb/>
be&#x017F;orgt werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Während &#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;prach, regten &#x017F;ich die Zweige<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0313] „Sie iſt eine neue Art,“ ſagte ſie, „ich habe aus England einen Brief bekommen, in welchem eine Freundin mit Auszeichnung von einer Roſe ſprach, die ſie in Kew geſehen habe, und deren Namen ſie hinzu fügte. Da ich in dem Verzeichniſſe unſerer Ro¬ ſen den Namen nicht fand, dachte ich, daß dies eine Art ſein dürfte, welche unſer Freund nicht hat. Ich ſchrieb an die Freundin, ob ſie mir eine ſolche Roſen¬ pflanze verſchaffen könne. Mit Hilfe eines Mannes, der uns beide kennt, erhielt ſie die Pflanze, und in dieſem Frühlinge wurde ſie mir in einem Topfe ſehr wohl und ſinnreich verpackt aus England geſchickt. Ich pflegte ſie, und da die Blumen ſich entwickeln wollten, brachte ich ſie unſerm Freunde. Die Roſen öffneten ſich hier vollends, und wir ſahen, — beſon¬ ders er, der alle Merkmale genau kennt — daß dieſe Blume ſich in der Sammlung dieſes Hauſes noch nicht befindet. Euſtach bildete ſie ab, daß wir ſie feſthalten, und ob die, welche in Zukunft kommen werden, ihr gleichen. Mein Freund ſchrieb nach Eng¬ land um Pfropfreiſer für den nächſten Frühling, dieſe Pflanze bleibt indeſſen in dem Topfe, und wird hier beſorgt werden.“ Während ſie ſo ſprach, regten ſich die Zweige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/313
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/313>, abgerufen am 22.11.2024.