Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

nehmen Eigenschaften, der aber zu oft in den Ster¬
nenhof kömmt, als daß es sich durch bloßen Zufall
erklären ließe. Der Freiherr verwaltet seine Besizun¬
gen gut, er hat keine besondere Vorliebe, hält alles
und jedes in der ihm zugehörigen Ordnung, und
wird immer reicher. Da er nur den einzigen Sohn
und keine Tochter hat, so wird die künftige Gattin sei¬
nes Sohnes eine sehr ansehnliche und sehr reiche Frau.
Die Familie lebt im Winter häufig in der Stadt.
Die Güter liegen etwas zerstreut. Thondorf mit den
schönen Wiesen und dem großen Waldgarten müßt
ihr ja kennen."

"Ich kenne es," antwortete ich.

"Auf dem Randek hat er ein zerfallendes Schloß,"
fuhr Roland fort, "in welchem wunderschöne Thüren
sind, die aus dem sechzehnten Jahrhunderte stammen
dürften. Der Verwalter räth ihm, die Thüren nicht
herzugeben, und so zerfallen sie nach und nach. Sie
sind in unsern Zeichnungsbüchern enthalten, und
würden Gemächer im Stile jener Zeit gebaut und
eingerichtet sehr zieren. Sogar zu Tischen oder ande¬
ren Dingen, falls man sie als Thüren nicht verwen¬
den könnte, würden sie sehr brauchbar sein. Ich habe
auch in der sehr zerfallenen Kapelle von Randek außer¬

nehmen Eigenſchaften, der aber zu oft in den Ster¬
nenhof kömmt, als daß es ſich durch bloßen Zufall
erklären ließe. Der Freiherr verwaltet ſeine Beſizun¬
gen gut, er hat keine beſondere Vorliebe, hält alles
und jedes in der ihm zugehörigen Ordnung, und
wird immer reicher. Da er nur den einzigen Sohn
und keine Tochter hat, ſo wird die künftige Gattin ſei¬
nes Sohnes eine ſehr anſehnliche und ſehr reiche Frau.
Die Familie lebt im Winter häufig in der Stadt.
Die Güter liegen etwas zerſtreut. Thondorf mit den
ſchönen Wieſen und dem großen Waldgarten müßt
ihr ja kennen.“

„Ich kenne es,“ antwortete ich.

„Auf dem Randek hat er ein zerfallendes Schloß,“
fuhr Roland fort, „in welchem wunderſchöne Thüren
ſind, die aus dem ſechzehnten Jahrhunderte ſtammen
dürften. Der Verwalter räth ihm, die Thüren nicht
herzugeben, und ſo zerfallen ſie nach und nach. Sie
ſind in unſern Zeichnungsbüchern enthalten, und
würden Gemächer im Stile jener Zeit gebaut und
eingerichtet ſehr zieren. Sogar zu Tiſchen oder ande¬
ren Dingen, falls man ſie als Thüren nicht verwen¬
den könnte, würden ſie ſehr brauchbar ſein. Ich habe
auch in der ſehr zerfallenen Kapelle von Randek außer¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="335"/>
nehmen Eigen&#x017F;chaften, der aber zu oft in den Ster¬<lb/>
nenhof kömmt, als daß es &#x017F;ich durch bloßen Zufall<lb/>
erklären ließe. Der Freiherr verwaltet &#x017F;eine Be&#x017F;izun¬<lb/>
gen gut, er hat keine be&#x017F;ondere Vorliebe, hält alles<lb/>
und jedes in der ihm zugehörigen Ordnung, und<lb/>
wird immer reicher. Da er nur den einzigen Sohn<lb/>
und keine Tochter hat, &#x017F;o wird die künftige Gattin &#x017F;ei¬<lb/>
nes Sohnes eine &#x017F;ehr an&#x017F;ehnliche und &#x017F;ehr reiche Frau.<lb/>
Die Familie lebt im Winter häufig in der Stadt.<lb/>
Die Güter liegen etwas zer&#x017F;treut. Thondorf mit den<lb/>
&#x017F;chönen Wie&#x017F;en und dem großen Waldgarten müßt<lb/>
ihr ja kennen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich kenne es,&#x201C; antwortete ich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auf dem Randek hat er ein zerfallendes Schloß,&#x201C;<lb/>
fuhr Roland fort, &#x201E;in welchem wunder&#x017F;chöne Thüren<lb/>
&#x017F;ind, die aus dem &#x017F;echzehnten Jahrhunderte &#x017F;tammen<lb/>
dürften. Der Verwalter räth ihm, die Thüren nicht<lb/>
herzugeben, und &#x017F;o zerfallen &#x017F;ie nach und nach. Sie<lb/>
&#x017F;ind in un&#x017F;ern Zeichnungsbüchern enthalten, und<lb/>
würden Gemächer im Stile jener Zeit gebaut und<lb/>
eingerichtet &#x017F;ehr zieren. Sogar zu Ti&#x017F;chen oder ande¬<lb/>
ren Dingen, falls man &#x017F;ie als Thüren nicht verwen¬<lb/>
den könnte, würden &#x017F;ie &#x017F;ehr brauchbar &#x017F;ein. Ich habe<lb/>
auch in der &#x017F;ehr zerfallenen Kapelle von Randek außer¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0349] nehmen Eigenſchaften, der aber zu oft in den Ster¬ nenhof kömmt, als daß es ſich durch bloßen Zufall erklären ließe. Der Freiherr verwaltet ſeine Beſizun¬ gen gut, er hat keine beſondere Vorliebe, hält alles und jedes in der ihm zugehörigen Ordnung, und wird immer reicher. Da er nur den einzigen Sohn und keine Tochter hat, ſo wird die künftige Gattin ſei¬ nes Sohnes eine ſehr anſehnliche und ſehr reiche Frau. Die Familie lebt im Winter häufig in der Stadt. Die Güter liegen etwas zerſtreut. Thondorf mit den ſchönen Wieſen und dem großen Waldgarten müßt ihr ja kennen.“ „Ich kenne es,“ antwortete ich. „Auf dem Randek hat er ein zerfallendes Schloß,“ fuhr Roland fort, „in welchem wunderſchöne Thüren ſind, die aus dem ſechzehnten Jahrhunderte ſtammen dürften. Der Verwalter räth ihm, die Thüren nicht herzugeben, und ſo zerfallen ſie nach und nach. Sie ſind in unſern Zeichnungsbüchern enthalten, und würden Gemächer im Stile jener Zeit gebaut und eingerichtet ſehr zieren. Sogar zu Tiſchen oder ande¬ ren Dingen, falls man ſie als Thüren nicht verwen¬ den könnte, würden ſie ſehr brauchbar ſein. Ich habe auch in der ſehr zerfallenen Kapelle von Randek außer¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/349
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/349>, abgerufen am 22.11.2024.