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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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sperren: bald wird es aber nicht mehr so sein, sie
wird in den allgemeinen Verkehr gerissen werden.
Dann wird, um der Allberührung genügen zu kön¬
nen, das, was der Geringste wissen und können
muß, um vieles größer sein als jezt. Die Staaten,
die durch Entwicklung des Verstandes und durch Bil¬
dung sich dieses Wissen zuerst erwerben, werden an
Reichthum an Macht und Glanz vorausschreiten, und
die andern sogar in Frage stellen können. Welche
Umgestaltungen wird aber erst auch der Geist in sei¬
nem ganzen Wesen erlangen? Diese Wirkung ist bei
Weitem die wichtigste. Der Kampf in dieser Rich¬
tung wird sich fortkämpfen, er ist entstanden, weil
neue menschliche Verhältnisse eintraten, das Brau¬
sen, von welchem ich sprach, wird noch stärker wer¬
den, wie lange es dauern wird, welche Übel ent¬
stehen werden, vermag ich nicht zu sagen; aber es
wird eine Abklärung folgen, die Übermacht des Stof¬
fes wird vor dem Geiste, der endlich doch siegen wird,
eine bloße Macht werden, die er gebraucht, und weil er
einen neuen menschlichen Gewinn gemacht hat, wird
eine Zeit der Größe kommen, die in der Geschichte
noch nicht dagewesen ist. Ich glaube, daß so Stufen
nach Stufen in Jahrtausenden erstiegen werden. Wie

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ſperren: bald wird es aber nicht mehr ſo ſein, ſie
wird in den allgemeinen Verkehr geriſſen werden.
Dann wird, um der Allberührung genügen zu kön¬
nen, das, was der Geringſte wiſſen und können
muß, um vieles größer ſein als jezt. Die Staaten,
die durch Entwicklung des Verſtandes und durch Bil¬
dung ſich dieſes Wiſſen zuerſt erwerben, werden an
Reichthum an Macht und Glanz vorausſchreiten, und
die andern ſogar in Frage ſtellen können. Welche
Umgeſtaltungen wird aber erſt auch der Geiſt in ſei¬
nem ganzen Weſen erlangen? Dieſe Wirkung iſt bei
Weitem die wichtigſte. Der Kampf in dieſer Rich¬
tung wird ſich fortkämpfen, er iſt entſtanden, weil
neue menſchliche Verhältniſſe eintraten, das Brau¬
ſen, von welchem ich ſprach, wird noch ſtärker wer¬
den, wie lange es dauern wird, welche Übel ent¬
ſtehen werden, vermag ich nicht zu ſagen; aber es
wird eine Abklärung folgen, die Übermacht des Stof¬
fes wird vor dem Geiſte, der endlich doch ſiegen wird,
eine bloße Macht werden, die er gebraucht, und weil er
einen neuen menſchlichen Gewinn gemacht hat, wird
eine Zeit der Größe kommen, die in der Geſchichte
noch nicht dageweſen iſt. Ich glaube, daß ſo Stufen
nach Stufen in Jahrtauſenden erſtiegen werden. Wie

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[355/0369] ſperren: bald wird es aber nicht mehr ſo ſein, ſie wird in den allgemeinen Verkehr geriſſen werden. Dann wird, um der Allberührung genügen zu kön¬ nen, das, was der Geringſte wiſſen und können muß, um vieles größer ſein als jezt. Die Staaten, die durch Entwicklung des Verſtandes und durch Bil¬ dung ſich dieſes Wiſſen zuerſt erwerben, werden an Reichthum an Macht und Glanz vorausſchreiten, und die andern ſogar in Frage ſtellen können. Welche Umgeſtaltungen wird aber erſt auch der Geiſt in ſei¬ nem ganzen Weſen erlangen? Dieſe Wirkung iſt bei Weitem die wichtigſte. Der Kampf in dieſer Rich¬ tung wird ſich fortkämpfen, er iſt entſtanden, weil neue menſchliche Verhältniſſe eintraten, das Brau¬ ſen, von welchem ich ſprach, wird noch ſtärker wer¬ den, wie lange es dauern wird, welche Übel ent¬ ſtehen werden, vermag ich nicht zu ſagen; aber es wird eine Abklärung folgen, die Übermacht des Stof¬ fes wird vor dem Geiſte, der endlich doch ſiegen wird, eine bloße Macht werden, die er gebraucht, und weil er einen neuen menſchlichen Gewinn gemacht hat, wird eine Zeit der Größe kommen, die in der Geſchichte noch nicht dageweſen iſt. Ich glaube, daß ſo Stufen nach Stufen in Jahrtauſenden erſtiegen werden. Wie 23 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/369>, abgerufen am 22.11.2024.