Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

beinahe in das der Liebhabereien schlagen, und er suche
endlich sein Dasein mit jener Ruhe der Anbethung der
höchsten Macht zu erfüllen, die alles Bestehende ord¬
net. Was zulezt auch noch zum Glücke gehört, daß
Wohlwollen der Menschen komme ihm von selber ent¬
gegen. Eustach und der ziemlich selbstständige Roland
haben sich zum Theile an dieses Gewebe von Thätig¬
keiten angeschlossen, zum Theile folgen sie eigenen An¬
trieben und Verhältnissen. Gustav strebe erst auf der
Leiter seiner Jugend empor, und sie glaube, er strebe
nicht unrichtig. Wenn dieses sei, so werde dann die
lezte Sprosse an jede Höhe dieses Lebens anzulegen
sein, auf der ihm einmal zu wandeln bestimmt sein
dürfte. Was endlich sie selber und Natalie betreffe,
so sei das Leben der Frauen immer ein abhängiges
und ergänzendes, und darin fühle es sich beruhigt
und befestigt. Sie beide hätten den Halt von Ver¬
wandten und nahen Angehörigen, dem sie zur Festi¬
gung von Natur aus zugewiesen wären, verloren,
sie leben unsicher auf ihrem Besizthume, sie müßten
Manches aus sich schöpfen wie ein Mann, und ge¬
nießen der weiblichen Rechte nur in dem Widerscheine
des Lebens ihrer Freunde, mit dem der Lauf der Jahre
sie verbunden habe. Das sei die Lage, sie daure ihrer

beinahe in das der Liebhabereien ſchlagen, und er ſuche
endlich ſein Daſein mit jener Ruhe der Anbethung der
höchſten Macht zu erfüllen, die alles Beſtehende ord¬
net. Was zulezt auch noch zum Glücke gehört, daß
Wohlwollen der Menſchen komme ihm von ſelber ent¬
gegen. Euſtach und der ziemlich ſelbſtſtändige Roland
haben ſich zum Theile an dieſes Gewebe von Thätig¬
keiten angeſchloſſen, zum Theile folgen ſie eigenen An¬
trieben und Verhältniſſen. Guſtav ſtrebe erſt auf der
Leiter ſeiner Jugend empor, und ſie glaube, er ſtrebe
nicht unrichtig. Wenn dieſes ſei, ſo werde dann die
lezte Sproſſe an jede Höhe dieſes Lebens anzulegen
ſein, auf der ihm einmal zu wandeln beſtimmt ſein
dürfte. Was endlich ſie ſelber und Natalie betreffe,
ſo ſei das Leben der Frauen immer ein abhängiges
und ergänzendes, und darin fühle es ſich beruhigt
und befeſtigt. Sie beide hätten den Halt von Ver¬
wandten und nahen Angehörigen, dem ſie zur Feſti¬
gung von Natur aus zugewieſen wären, verloren,
ſie leben unſicher auf ihrem Beſizthume, ſie müßten
Manches aus ſich ſchöpfen wie ein Mann, und ge¬
nießen der weiblichen Rechte nur in dem Widerſcheine
des Lebens ihrer Freunde, mit dem der Lauf der Jahre
ſie verbunden habe. Das ſei die Lage, ſie daure ihrer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0402" n="388"/>
beinahe in das der Liebhabereien &#x017F;chlagen, und er &#x017F;uche<lb/>
endlich &#x017F;ein Da&#x017F;ein mit jener Ruhe der Anbethung der<lb/>
höch&#x017F;ten Macht zu erfüllen, die alles Be&#x017F;tehende ord¬<lb/>
net. Was zulezt auch noch zum Glücke gehört, daß<lb/>
Wohlwollen der Men&#x017F;chen komme ihm von &#x017F;elber ent¬<lb/>
gegen. Eu&#x017F;tach und der ziemlich &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändige Roland<lb/>
haben &#x017F;ich zum Theile an die&#x017F;es Gewebe von Thätig¬<lb/>
keiten ange&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, zum Theile folgen &#x017F;ie eigenen An¬<lb/>
trieben und Verhältni&#x017F;&#x017F;en. Gu&#x017F;tav &#x017F;trebe er&#x017F;t auf der<lb/>
Leiter &#x017F;einer Jugend empor, und &#x017F;ie glaube, er &#x017F;trebe<lb/>
nicht unrichtig. Wenn die&#x017F;es &#x017F;ei, &#x017F;o werde dann die<lb/>
lezte Spro&#x017F;&#x017F;e an jede Höhe die&#x017F;es Lebens anzulegen<lb/>
&#x017F;ein, auf der ihm einmal zu wandeln be&#x017F;timmt &#x017F;ein<lb/>
dürfte. Was endlich &#x017F;ie &#x017F;elber und Natalie betreffe,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ei das Leben der Frauen immer ein abhängiges<lb/>
und ergänzendes, und darin fühle es &#x017F;ich beruhigt<lb/>
und befe&#x017F;tigt. Sie beide hätten den Halt von Ver¬<lb/>
wandten und nahen Angehörigen, dem &#x017F;ie zur Fe&#x017F;ti¬<lb/>
gung von Natur aus zugewie&#x017F;en wären, verloren,<lb/>
&#x017F;ie leben un&#x017F;icher auf ihrem Be&#x017F;izthume, &#x017F;ie müßten<lb/>
Manches aus &#x017F;ich &#x017F;chöpfen wie ein Mann, und ge¬<lb/>
nießen der weiblichen Rechte nur in dem Wider&#x017F;cheine<lb/>
des Lebens ihrer Freunde, mit dem der Lauf der Jahre<lb/>
&#x017F;ie verbunden habe. Das &#x017F;ei die Lage, &#x017F;ie daure ihrer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0402] beinahe in das der Liebhabereien ſchlagen, und er ſuche endlich ſein Daſein mit jener Ruhe der Anbethung der höchſten Macht zu erfüllen, die alles Beſtehende ord¬ net. Was zulezt auch noch zum Glücke gehört, daß Wohlwollen der Menſchen komme ihm von ſelber ent¬ gegen. Euſtach und der ziemlich ſelbſtſtändige Roland haben ſich zum Theile an dieſes Gewebe von Thätig¬ keiten angeſchloſſen, zum Theile folgen ſie eigenen An¬ trieben und Verhältniſſen. Guſtav ſtrebe erſt auf der Leiter ſeiner Jugend empor, und ſie glaube, er ſtrebe nicht unrichtig. Wenn dieſes ſei, ſo werde dann die lezte Sproſſe an jede Höhe dieſes Lebens anzulegen ſein, auf der ihm einmal zu wandeln beſtimmt ſein dürfte. Was endlich ſie ſelber und Natalie betreffe, ſo ſei das Leben der Frauen immer ein abhängiges und ergänzendes, und darin fühle es ſich beruhigt und befeſtigt. Sie beide hätten den Halt von Ver¬ wandten und nahen Angehörigen, dem ſie zur Feſti¬ gung von Natur aus zugewieſen wären, verloren, ſie leben unſicher auf ihrem Beſizthume, ſie müßten Manches aus ſich ſchöpfen wie ein Mann, und ge¬ nießen der weiblichen Rechte nur in dem Widerſcheine des Lebens ihrer Freunde, mit dem der Lauf der Jahre ſie verbunden habe. Das ſei die Lage, ſie daure ihrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/402
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/402>, abgerufen am 21.11.2024.