Als ich in dem Rosenhause ankam, traf ich mei¬ nen Gastfreund und seine Gesellschaft von der Reise schon zurückgekehrt an. Ich blieb noch mehrere Tage bei ihnen, nahm dann Abschied, und begab mich in das Ahornhaus zu meinen Arbeiten zurück.
Ich suchte diese Arbeiten rasch zu betreiben; aber alles war jezt anders, und nahm eine andere Färbung in meinem Herzen an.
Als ich in dem Frühling die Hauptstadt verlassen hatte, und dem langsam über einen Berg empor fah¬ renden Wagen folgte, war ich einmal bei einem Hau¬ fen von Geschiebe stehen geblieben, das man aus einem Flußbette genommen, und an der Straße auf¬ geschüttet hatte, und hatte das Ding gleichsam mit Ehrfurcht betrachtet. Ich erkannte in den rothen weißen grauen schwarzgelben und gesprenkelten Stei¬ nen, welche lauter plattgerundete Gestalten hatten, die Bothen von unserem Gebirge, ich erkannte jeden aus seiner Felsenstadt, von der er sich losgetrennt hatte, und von der er ausgesendet worden war. Hier lag er unter Kameraden, deren Geburtsstätte oft viele Meilen von der seinigen entfernt ist, alle waren sie an Gestalt gleich geworden, und alle harrten, daß sie zerschlagen und zu der Straße verwendet würden.
Als ich in dem Roſenhauſe ankam, traf ich mei¬ nen Gaſtfreund und ſeine Geſellſchaft von der Reiſe ſchon zurückgekehrt an. Ich blieb noch mehrere Tage bei ihnen, nahm dann Abſchied, und begab mich in das Ahornhaus zu meinen Arbeiten zurück.
Ich ſuchte dieſe Arbeiten raſch zu betreiben; aber alles war jezt anders, und nahm eine andere Färbung in meinem Herzen an.
Als ich in dem Frühling die Hauptſtadt verlaſſen hatte, und dem langſam über einen Berg empor fah¬ renden Wagen folgte, war ich einmal bei einem Hau¬ fen von Geſchiebe ſtehen geblieben, das man aus einem Flußbette genommen, und an der Straße auf¬ geſchüttet hatte, und hatte das Ding gleichſam mit Ehrfurcht betrachtet. Ich erkannte in den rothen weißen grauen ſchwarzgelben und geſprenkelten Stei¬ nen, welche lauter plattgerundete Geſtalten hatten, die Bothen von unſerem Gebirge, ich erkannte jeden aus ſeiner Felſenſtadt, von der er ſich losgetrennt hatte, und von der er ausgeſendet worden war. Hier lag er unter Kameraden, deren Geburtsſtätte oft viele Meilen von der ſeinigen entfernt iſt, alle waren ſie an Geſtalt gleich geworden, und alle harrten, daß ſie zerſchlagen und zu der Straße verwendet würden.
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Als ich in dem Roſenhauſe ankam, traf ich mei¬
nen Gaſtfreund und ſeine Geſellſchaft von der Reiſe
ſchon zurückgekehrt an. Ich blieb noch mehrere Tage
bei ihnen, nahm dann Abſchied, und begab mich in
das Ahornhaus zu meinen Arbeiten zurück.
Ich ſuchte dieſe Arbeiten raſch zu betreiben; aber
alles war jezt anders, und nahm eine andere Färbung
in meinem Herzen an.
Als ich in dem Frühling die Hauptſtadt verlaſſen
hatte, und dem langſam über einen Berg empor fah¬
renden Wagen folgte, war ich einmal bei einem Hau¬
fen von Geſchiebe ſtehen geblieben, das man aus
einem Flußbette genommen, und an der Straße auf¬
geſchüttet hatte, und hatte das Ding gleichſam mit
Ehrfurcht betrachtet. Ich erkannte in den rothen
weißen grauen ſchwarzgelben und geſprenkelten Stei¬
nen, welche lauter plattgerundete Geſtalten hatten,
die Bothen von unſerem Gebirge, ich erkannte jeden
aus ſeiner Felſenſtadt, von der er ſich losgetrennt
hatte, und von der er ausgeſendet worden war. Hier
lag er unter Kameraden, deren Geburtsſtätte oft viele
Meilen von der ſeinigen entfernt iſt, alle waren ſie an
Geſtalt gleich geworden, und alle harrten, daß ſie
zerſchlagen und zu der Straße verwendet würden.
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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