Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir begriffen das alles und versprachen, nichts
in's Übermaß gehen lassen zu wollen.

Es wurden alle Erforderniße angeschafft, und wir
begannen in gegönnten Zeiten die Arbeit.

Auch spanisch wollte die Schwester von mir ler¬
nen. Ich betrieb es fort, und da ich ihr voraus war,
wurde ich auch hierin ihr Lehrer, was die Mutter mit
derselben Einschränkung wie das Landschaftsmalen
gelten ließ. Es waren also in unserem Hause für die¬
ses Jahr mehr Beschäftigungen für mich vorhanden,
als in anderen Zeiten.

Es war mir in jenem Herbste besonders wunder¬
bar, daß weder Vater noch Mutter genauer nach mei¬
nem Gastfreunde fragten. Sie mußten entweder nach
meinen Erzählungen ein entschiedenes Vertrauen in
ihn sezen, oder sie wollten durch zu vieles Einmischen
die Unbefangenheit meiner Handlungen nicht stören.

Bei allen häuslichen Bestrebungen fing ich bei
dem herannahenden Winter doch ein etwas anderes
Leben an, als ich es bisher geführt hatte, und zwar
ein etwas manigfaltigeres. Ich hatte in vergangener
Zeit nur solche Stadtkreise besucht, in welche meine
Eltern geladen worden waren, oder in welche ich
durch Freunde, die ich gewann, gezogen wurde. Diese

Wir begriffen das alles und verſprachen, nichts
in's Übermaß gehen laſſen zu wollen.

Es wurden alle Erforderniße angeſchafft, und wir
begannen in gegönnten Zeiten die Arbeit.

Auch ſpaniſch wollte die Schweſter von mir ler¬
nen. Ich betrieb es fort, und da ich ihr voraus war,
wurde ich auch hierin ihr Lehrer, was die Mutter mit
derſelben Einſchränkung wie das Landſchaftsmalen
gelten ließ. Es waren alſo in unſerem Hauſe für die¬
ſes Jahr mehr Beſchäftigungen für mich vorhanden,
als in anderen Zeiten.

Es war mir in jenem Herbſte beſonders wunder¬
bar, daß weder Vater noch Mutter genauer nach mei¬
nem Gaſtfreunde fragten. Sie mußten entweder nach
meinen Erzählungen ein entſchiedenes Vertrauen in
ihn ſezen, oder ſie wollten durch zu vieles Einmiſchen
die Unbefangenheit meiner Handlungen nicht ſtören.

Bei allen häuslichen Beſtrebungen fing ich bei
dem herannahenden Winter doch ein etwas anderes
Leben an, als ich es bisher geführt hatte, und zwar
ein etwas manigfaltigeres. Ich hatte in vergangener
Zeit nur ſolche Stadtkreiſe beſucht, in welche meine
Eltern geladen worden waren, oder in welche ich
durch Freunde, die ich gewann, gezogen wurde. Dieſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0088" n="74"/>
        <p>Wir begriffen das alles und ver&#x017F;prachen, nichts<lb/>
in's Übermaß gehen la&#x017F;&#x017F;en zu wollen.</p><lb/>
        <p>Es wurden alle Erforderniße ange&#x017F;chafft, und wir<lb/>
begannen in gegönnten Zeiten die Arbeit.</p><lb/>
        <p>Auch &#x017F;pani&#x017F;ch wollte die Schwe&#x017F;ter von mir ler¬<lb/>
nen. Ich betrieb es fort, und da ich ihr voraus war,<lb/>
wurde ich auch hierin ihr Lehrer, was die Mutter mit<lb/>
der&#x017F;elben Ein&#x017F;chränkung wie das Land&#x017F;chaftsmalen<lb/>
gelten ließ. Es waren al&#x017F;o in un&#x017F;erem Hau&#x017F;e für die¬<lb/>
&#x017F;es Jahr mehr Be&#x017F;chäftigungen für mich vorhanden,<lb/>
als in anderen Zeiten.</p><lb/>
        <p>Es war mir in jenem Herb&#x017F;te be&#x017F;onders wunder¬<lb/>
bar, daß weder Vater noch Mutter genauer nach mei¬<lb/>
nem Ga&#x017F;tfreunde fragten. Sie mußten entweder nach<lb/>
meinen Erzählungen ein ent&#x017F;chiedenes Vertrauen in<lb/>
ihn &#x017F;ezen, oder &#x017F;ie wollten durch zu vieles Einmi&#x017F;chen<lb/>
die Unbefangenheit meiner Handlungen nicht &#x017F;tören.</p><lb/>
        <p>Bei allen häuslichen Be&#x017F;trebungen fing ich bei<lb/>
dem herannahenden Winter doch ein etwas anderes<lb/>
Leben an, als ich es bisher geführt hatte, und zwar<lb/>
ein etwas manigfaltigeres. Ich hatte in vergangener<lb/>
Zeit nur &#x017F;olche Stadtkrei&#x017F;e be&#x017F;ucht, in welche meine<lb/>
Eltern geladen worden waren, oder in welche ich<lb/>
durch Freunde, die ich gewann, gezogen wurde. Die&#x017F;e<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0088] Wir begriffen das alles und verſprachen, nichts in's Übermaß gehen laſſen zu wollen. Es wurden alle Erforderniße angeſchafft, und wir begannen in gegönnten Zeiten die Arbeit. Auch ſpaniſch wollte die Schweſter von mir ler¬ nen. Ich betrieb es fort, und da ich ihr voraus war, wurde ich auch hierin ihr Lehrer, was die Mutter mit derſelben Einſchränkung wie das Landſchaftsmalen gelten ließ. Es waren alſo in unſerem Hauſe für die¬ ſes Jahr mehr Beſchäftigungen für mich vorhanden, als in anderen Zeiten. Es war mir in jenem Herbſte beſonders wunder¬ bar, daß weder Vater noch Mutter genauer nach mei¬ nem Gaſtfreunde fragten. Sie mußten entweder nach meinen Erzählungen ein entſchiedenes Vertrauen in ihn ſezen, oder ſie wollten durch zu vieles Einmiſchen die Unbefangenheit meiner Handlungen nicht ſtören. Bei allen häuslichen Beſtrebungen fing ich bei dem herannahenden Winter doch ein etwas anderes Leben an, als ich es bisher geführt hatte, und zwar ein etwas manigfaltigeres. Ich hatte in vergangener Zeit nur ſolche Stadtkreiſe beſucht, in welche meine Eltern geladen worden waren, oder in welche ich durch Freunde, die ich gewann, gezogen wurde. Dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/88
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/88>, abgerufen am 17.05.2024.