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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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um, und ging auf einem anderen Wege wieder in
das Haus zurück.

An demselben Tage erfuhr ich auch, daß Roland
anwesend sei. Mein Gastfreund holte mich ab, mich
zu ihm zu begleiten. Man hatte ihm in dem Wohn¬
hause ein großes Zimmer zurecht gerichtet. In dem¬
selben malte er eben eine Landschaft in Öhlfarben.
Als wir eintraten, sahen wir ihn vor seiner Staffelei
stehen, die zwar nicht mitten in dem Zimmer, doch
weiter von dem Fenster entfernt war, als dies sonst
gewöhnlich der Fall zu sein pflegt. Das zweite der
Fenster war mit einem Vorhange bedeckt. Er hatte ein
leinenes Überkleid an seinem Oberkörper an, und hielt
gerade das Malerbrett und den Stab in der Hand.
Er legte beides auf den nahestehenden Tisch, da er
uns kommen sah, und ging uns entgegen. Mein
Gastfreund sagte, daß er mich zu dem Besuche bei ihm
aufgefordert habe, und daß Roland wohl nichts da¬
gegen haben werde.

"Der Besuch ist mir sehr erfreulich," sagte er,
"aber gegen mein Bild wird wohl viel einzuwen¬
den sein."

"Wer weiß das?" sagte mein Gastfreund.

"Ich wende viel ein," antwortete Roland, "und

um, und ging auf einem anderen Wege wieder in
das Haus zurück.

An demſelben Tage erfuhr ich auch, daß Roland
anweſend ſei. Mein Gaſtfreund holte mich ab, mich
zu ihm zu begleiten. Man hatte ihm in dem Wohn¬
hauſe ein großes Zimmer zurecht gerichtet. In dem¬
ſelben malte er eben eine Landſchaft in Öhlfarben.
Als wir eintraten, ſahen wir ihn vor ſeiner Staffelei
ſtehen, die zwar nicht mitten in dem Zimmer, doch
weiter von dem Fenſter entfernt war, als dies ſonſt
gewöhnlich der Fall zu ſein pflegt. Das zweite der
Fenſter war mit einem Vorhange bedeckt. Er hatte ein
leinenes Überkleid an ſeinem Oberkörper an, und hielt
gerade das Malerbrett und den Stab in der Hand.
Er legte beides auf den naheſtehenden Tiſch, da er
uns kommen ſah, und ging uns entgegen. Mein
Gaſtfreund ſagte, daß er mich zu dem Beſuche bei ihm
aufgefordert habe, und daß Roland wohl nichts da¬
gegen haben werde.

„Der Beſuch iſt mir ſehr erfreulich,“ ſagte er,
„aber gegen mein Bild wird wohl viel einzuwen¬
den ſein.“

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[176/0190] um, und ging auf einem anderen Wege wieder in das Haus zurück. An demſelben Tage erfuhr ich auch, daß Roland anweſend ſei. Mein Gaſtfreund holte mich ab, mich zu ihm zu begleiten. Man hatte ihm in dem Wohn¬ hauſe ein großes Zimmer zurecht gerichtet. In dem¬ ſelben malte er eben eine Landſchaft in Öhlfarben. Als wir eintraten, ſahen wir ihn vor ſeiner Staffelei ſtehen, die zwar nicht mitten in dem Zimmer, doch weiter von dem Fenſter entfernt war, als dies ſonſt gewöhnlich der Fall zu ſein pflegt. Das zweite der Fenſter war mit einem Vorhange bedeckt. Er hatte ein leinenes Überkleid an ſeinem Oberkörper an, und hielt gerade das Malerbrett und den Stab in der Hand. Er legte beides auf den naheſtehenden Tiſch, da er uns kommen ſah, und ging uns entgegen. Mein Gaſtfreund ſagte, daß er mich zu dem Beſuche bei ihm aufgefordert habe, und daß Roland wohl nichts da¬ gegen haben werde. „Der Beſuch iſt mir ſehr erfreulich,“ ſagte er, „aber gegen mein Bild wird wohl viel einzuwen¬ den ſein.“ „Wer weiß das?“ ſagte mein Gaſtfreund. „Ich wende viel ein,“ antwortete Roland, „und

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/190>, abgerufen am 21.11.2024.