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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Theil der Mägde war in den Ställen beschäftigt, ein
Theil richtete auf der Futtertenne das Futter zurecht,
ein Theil spann, und die Frau des Meiers ordnete
in der Milchkammer. Ich sprach mit allen, und sie
zeigten Freude, daß ich sogar in dieser Jahreszeit ein¬
mal gekommen sei.

Von dem Meierhofe ging ich über den mit Obst¬
bäumen bepflanzten Raum gegen den Garten hinüber.
Das Pförtchen an dieser Seite war unter Tags selbst
im Winter nicht gesperrt. Ich ging durch dasselbe
ein, und begab mich in die Wohnung des Gärtners.
Dort legte ich meinen Wachsmantel, durch dessen Fal¬
ten das Wasser rann, ab, und sezte mich auf die reine
weiße Bank vor dem Ofen. Der alte Mann und seine
Frau empfingen mich recht freundlich. In ihrem gan¬
zen Wesen war etwas sehr Aufrichtiges. Seit gerau¬
mer Zeit war bei diesen alten Leuten beinahe etwas
Elternhaftes gegen mich gewesen. Die Gärtnersfrau
Clara sah mich immer wieder gleichsam verstohlen von
der Seite an. Wahrscheinlich dachte sie an Natalien.
Der alte Simon fragte mich, ob ich denn nicht in die
Gewächshäuser gehen, und die Pflanzen auch im
Winter besehen wolle.

Das sei außer dem Besuche, den ich ihm und seiner

Theil der Mägde war in den Ställen beſchäftigt, ein
Theil richtete auf der Futtertenne das Futter zurecht,
ein Theil ſpann, und die Frau des Meiers ordnete
in der Milchkammer. Ich ſprach mit allen, und ſie
zeigten Freude, daß ich ſogar in dieſer Jahreszeit ein¬
mal gekommen ſei.

Von dem Meierhofe ging ich über den mit Obſt¬
bäumen bepflanzten Raum gegen den Garten hinüber.
Das Pförtchen an dieſer Seite war unter Tags ſelbſt
im Winter nicht geſperrt. Ich ging durch dasſelbe
ein, und begab mich in die Wohnung des Gärtners.
Dort legte ich meinen Wachsmantel, durch deſſen Fal¬
ten das Waſſer rann, ab, und ſezte mich auf die reine
weiße Bank vor dem Ofen. Der alte Mann und ſeine
Frau empfingen mich recht freundlich. In ihrem gan¬
zen Weſen war etwas ſehr Aufrichtiges. Seit gerau¬
mer Zeit war bei dieſen alten Leuten beinahe etwas
Elternhaftes gegen mich geweſen. Die Gärtnersfrau
Clara ſah mich immer wieder gleichſam verſtohlen von
der Seite an. Wahrſcheinlich dachte ſie an Natalien.
Der alte Simon fragte mich, ob ich denn nicht in die
Gewächshäuſer gehen, und die Pflanzen auch im
Winter beſehen wolle.

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[187/0201] Theil der Mägde war in den Ställen beſchäftigt, ein Theil richtete auf der Futtertenne das Futter zurecht, ein Theil ſpann, und die Frau des Meiers ordnete in der Milchkammer. Ich ſprach mit allen, und ſie zeigten Freude, daß ich ſogar in dieſer Jahreszeit ein¬ mal gekommen ſei. Von dem Meierhofe ging ich über den mit Obſt¬ bäumen bepflanzten Raum gegen den Garten hinüber. Das Pförtchen an dieſer Seite war unter Tags ſelbſt im Winter nicht geſperrt. Ich ging durch dasſelbe ein, und begab mich in die Wohnung des Gärtners. Dort legte ich meinen Wachsmantel, durch deſſen Fal¬ ten das Waſſer rann, ab, und ſezte mich auf die reine weiße Bank vor dem Ofen. Der alte Mann und ſeine Frau empfingen mich recht freundlich. In ihrem gan¬ zen Weſen war etwas ſehr Aufrichtiges. Seit gerau¬ mer Zeit war bei dieſen alten Leuten beinahe etwas Elternhaftes gegen mich geweſen. Die Gärtnersfrau Clara ſah mich immer wieder gleichſam verſtohlen von der Seite an. Wahrſcheinlich dachte ſie an Natalien. Der alte Simon fragte mich, ob ich denn nicht in die Gewächshäuſer gehen, und die Pflanzen auch im Winter beſehen wolle. Das ſei außer dem Beſuche, den ich ihm und ſeiner

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/201>, abgerufen am 21.11.2024.