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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Nachtherberge gegeben hatte, sich aus den Morgen¬
nebeln ringend unsern Augen immer weiter und wei¬
ter zurück trat. Manches Lied mancher Spruch, der
aus der Schaar meiner Begleiter hervortrat, machte
seine Wirkung auf mich, und ich wurde stärker und
entschlossener."

"Als am Abende des zweiten Tages unserer Was¬
serfahrt der hohe schlanke Thurm der Stadt, deren
Miteinwohner ich nun werden sollte, gleichsam luftig
blau unter den Gebüschen der Ufer sichtbar wurde,
als man sich rief, und das Zeichen sich zeigte, das
man nun nach Verlauf von etwas mehr als einer
Stunde erreichen werde, wollte mir das Herz im Bu¬
sen wieder unruhiger pochen. Dieses Merkmal ver¬
gangener Menschenalter, dachte ich, welches so viele
große und gewaltige Schicksale gesehen hatte, wird
nun auch auf dein kleines Geschick herabsehen, es
mag sich nun gut oder übel abspinnen, und wird,
wenn es längstens abgelaufen ist, wieder auf andere
schauen. Wir fuhren rascher zu, weil alles hoffnungs¬
voll die Ruder führte, die Entschlossneren sangen ein
Lied, und ehe noch die Stunde um war, legte unser
Schif an der steinernen Einfassung des Flusses im
Angesichte sehr großer Häuser an. Ein älterer Schü¬

Nachtherberge gegeben hatte, ſich aus den Morgen¬
nebeln ringend unſern Augen immer weiter und wei¬
ter zurück trat. Manches Lied mancher Spruch, der
aus der Schaar meiner Begleiter hervortrat, machte
ſeine Wirkung auf mich, und ich wurde ſtärker und
entſchloſſener.“

„Als am Abende des zweiten Tages unſerer Waſ¬
ſerfahrt der hohe ſchlanke Thurm der Stadt, deren
Miteinwohner ich nun werden ſollte, gleichſam luftig
blau unter den Gebüſchen der Ufer ſichtbar wurde,
als man ſich rief, und das Zeichen ſich zeigte, das
man nun nach Verlauf von etwas mehr als einer
Stunde erreichen werde, wollte mir das Herz im Bu¬
ſen wieder unruhiger pochen. Dieſes Merkmal ver¬
gangener Menſchenalter, dachte ich, welches ſo viele
große und gewaltige Schickſale geſehen hatte, wird
nun auch auf dein kleines Geſchick herabſehen, es
mag ſich nun gut oder übel abſpinnen, und wird,
wenn es längſtens abgelaufen iſt, wieder auf andere
ſchauen. Wir fuhren raſcher zu, weil alles hoffnungs¬
voll die Ruder führte, die Entſchloſſneren ſangen ein
Lied, und ehe noch die Stunde um war, legte unſer
Schif an der ſteinernen Einfaſſung des Fluſſes im
Angeſichte ſehr großer Häuſer an. Ein älterer Schü¬

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[237/0251] Nachtherberge gegeben hatte, ſich aus den Morgen¬ nebeln ringend unſern Augen immer weiter und wei¬ ter zurück trat. Manches Lied mancher Spruch, der aus der Schaar meiner Begleiter hervortrat, machte ſeine Wirkung auf mich, und ich wurde ſtärker und entſchloſſener.“ „Als am Abende des zweiten Tages unſerer Waſ¬ ſerfahrt der hohe ſchlanke Thurm der Stadt, deren Miteinwohner ich nun werden ſollte, gleichſam luftig blau unter den Gebüſchen der Ufer ſichtbar wurde, als man ſich rief, und das Zeichen ſich zeigte, das man nun nach Verlauf von etwas mehr als einer Stunde erreichen werde, wollte mir das Herz im Bu¬ ſen wieder unruhiger pochen. Dieſes Merkmal ver¬ gangener Menſchenalter, dachte ich, welches ſo viele große und gewaltige Schickſale geſehen hatte, wird nun auch auf dein kleines Geſchick herabſehen, es mag ſich nun gut oder übel abſpinnen, und wird, wenn es längſtens abgelaufen iſt, wieder auf andere ſchauen. Wir fuhren raſcher zu, weil alles hoffnungs¬ voll die Ruder führte, die Entſchloſſneren ſangen ein Lied, und ehe noch die Stunde um war, legte unſer Schif an der ſteinernen Einfaſſung des Fluſſes im Angeſichte ſehr großer Häuſer an. Ein älterer Schü¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/251>, abgerufen am 24.11.2024.