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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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wir verneigten uns gegen einander, Mathilde ging
wieder zu ihrem Size, und ich nahm auch den meini¬
gen wieder ein. Die Frau hatte wohl diese Begrü¬
ßung eingeleitet, um mein Erröthen vorüber gehen zu
machen. Es war auch zum großen Theile vorüber
gegangen. Sie hatte eine Antwort auf ihre an mich
gerichtete Rede auch wahrscheinlich nicht erwartet.
Sie fragte mich jezt um mehrere gleichgültige Dinge,
die ich beantwortete. In meine näheren Verhältnisse
oder etwa gar in die meiner Familie ging sie nicht ein.
Nachdem die Unterredung eine Weile gedauert hatte,
verabschiedete sie mich, sagte, ich möchte von der Reise
etwas ausruhen, bei dem Abendessen würden wir uns
wieder sehen. Der Knabe hatte während der ganzen
Zeit meine Hand gehalten, war neben mir stehen ge¬
blieben, und hatte öfter zu meinem Angesichte herauf¬
geschaut. Ich löste jezt meine Hand aus der seinen,
grüßte ihn noch, verneigte mich vor der Mutter, und
verließ das Zimmer."

"Als ich in meiner Wohnung angekommen war,
sezte ich mich auf einen der schönen Stühle nieder.
Jezt wußte ich, weßhalb man mir so gute Bedingun¬
gen gestellt hatte, und wie schwer meine Aufgabe war.
Ich zagte. Das Benehmen der Frau hatte mir sehr

wir verneigten uns gegen einander, Mathilde ging
wieder zu ihrem Size, und ich nahm auch den meini¬
gen wieder ein. Die Frau hatte wohl dieſe Begrü¬
ßung eingeleitet, um mein Erröthen vorüber gehen zu
machen. Es war auch zum großen Theile vorüber
gegangen. Sie hatte eine Antwort auf ihre an mich
gerichtete Rede auch wahrſcheinlich nicht erwartet.
Sie fragte mich jezt um mehrere gleichgültige Dinge,
die ich beantwortete. In meine näheren Verhältniſſe
oder etwa gar in die meiner Familie ging ſie nicht ein.
Nachdem die Unterredung eine Weile gedauert hatte,
verabſchiedete ſie mich, ſagte, ich möchte von der Reiſe
etwas ausruhen, bei dem Abendeſſen würden wir uns
wieder ſehen. Der Knabe hatte während der ganzen
Zeit meine Hand gehalten, war neben mir ſtehen ge¬
blieben, und hatte öfter zu meinem Angeſichte herauf¬
geſchaut. Ich löſte jezt meine Hand aus der ſeinen,
grüßte ihn noch, verneigte mich vor der Mutter, und
verließ das Zimmer.“

„Als ich in meiner Wohnung angekommen war,
ſezte ich mich auf einen der ſchönen Stühle nieder.
Jezt wußte ich, weßhalb man mir ſo gute Bedingun¬
gen geſtellt hatte, und wie ſchwer meine Aufgabe war.
Ich zagte. Das Benehmen der Frau hatte mir ſehr

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[258/0272] wir verneigten uns gegen einander, Mathilde ging wieder zu ihrem Size, und ich nahm auch den meini¬ gen wieder ein. Die Frau hatte wohl dieſe Begrü¬ ßung eingeleitet, um mein Erröthen vorüber gehen zu machen. Es war auch zum großen Theile vorüber gegangen. Sie hatte eine Antwort auf ihre an mich gerichtete Rede auch wahrſcheinlich nicht erwartet. Sie fragte mich jezt um mehrere gleichgültige Dinge, die ich beantwortete. In meine näheren Verhältniſſe oder etwa gar in die meiner Familie ging ſie nicht ein. Nachdem die Unterredung eine Weile gedauert hatte, verabſchiedete ſie mich, ſagte, ich möchte von der Reiſe etwas ausruhen, bei dem Abendeſſen würden wir uns wieder ſehen. Der Knabe hatte während der ganzen Zeit meine Hand gehalten, war neben mir ſtehen ge¬ blieben, und hatte öfter zu meinem Angeſichte herauf¬ geſchaut. Ich löſte jezt meine Hand aus der ſeinen, grüßte ihn noch, verneigte mich vor der Mutter, und verließ das Zimmer.“ „Als ich in meiner Wohnung angekommen war, ſezte ich mich auf einen der ſchönen Stühle nieder. Jezt wußte ich, weßhalb man mir ſo gute Bedingun¬ gen geſtellt hatte, und wie ſchwer meine Aufgabe war. Ich zagte. Das Benehmen der Frau hatte mir ſehr

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/272>, abgerufen am 24.11.2024.