kung des Weges nicht mehr hinunter, weil ich nicht thalwärts kommen wollte, wo die Blicke beengt sind.
Ich wendete mich um, und hatte den Anblick des Schlosses vor mir, welches jezt von solcher Bedeu¬ tung für mich geworden war. Die Fenster schimmer¬ ten in dem Glanze der Sonne, das Grau der von der Tünche befreiten südlichen Mauer schaute sanft zu mir herüber, das dunkle Dach hob sich von der Bläue der nördlichen Luft ab, und ein leichter Rauch stieg von einigen seiner Schornsteine auf.
Ich ging langsam auf dem Rücken des Feldes an den Obstbäumen vorüber meines Weges zurück, bis er sachte gegen das Schloß abwärts zu gehen begann.
An dieser Stelle sah ich jezt, daß mir eine Gestalt, welche mir früher durch Baumkronen verdeckt gewesen sein mochte, entgegen kam, welche die Gestalt Nata¬ liens war. Wir gingen beide schneller, als wir uns erblickten, um uns früher zu erreichen. Da wir nun zusammen trafen, blickte mich Natalie mit ihren gro¬ ßen dunkeln Augen freundlich an, und reichte mir die Hand. Ich empfing sie, drückte sie herzlich, und sagte einen innigen Gruß.
"Es ist recht schön," sprach sie, "daß wir gleich¬
kung des Weges nicht mehr hinunter, weil ich nicht thalwärts kommen wollte, wo die Blicke beengt ſind.
Ich wendete mich um, und hatte den Anblick des Schloſſes vor mir, welches jezt von ſolcher Bedeu¬ tung für mich geworden war. Die Fenſter ſchimmer¬ ten in dem Glanze der Sonne, das Grau der von der Tünche befreiten ſüdlichen Mauer ſchaute ſanft zu mir herüber, das dunkle Dach hob ſich von der Bläue der nördlichen Luft ab, und ein leichter Rauch ſtieg von einigen ſeiner Schornſteine auf.
Ich ging langſam auf dem Rücken des Feldes an den Obſtbäumen vorüber meines Weges zurück, bis er ſachte gegen das Schloß abwärts zu gehen begann.
An dieſer Stelle ſah ich jezt, daß mir eine Geſtalt, welche mir früher durch Baumkronen verdeckt geweſen ſein mochte, entgegen kam, welche die Geſtalt Nata¬ liens war. Wir gingen beide ſchneller, als wir uns erblickten, um uns früher zu erreichen. Da wir nun zuſammen trafen, blickte mich Natalie mit ihren gro¬ ßen dunkeln Augen freundlich an, und reichte mir die Hand. Ich empfing ſie, drückte ſie herzlich, und ſagte einen innigen Gruß.
„Es iſt recht ſchön,“ ſprach ſie, „daß wir gleich¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="15"/>
kung des Weges nicht mehr hinunter, weil ich nicht<lb/>
thalwärts kommen wollte, wo die Blicke beengt ſind.</p><lb/><p>Ich wendete mich um, und hatte den Anblick des<lb/>
Schloſſes vor mir, welches jezt von ſolcher Bedeu¬<lb/>
tung für mich geworden war. Die Fenſter ſchimmer¬<lb/>
ten in dem Glanze der Sonne, das Grau der von<lb/>
der Tünche befreiten ſüdlichen Mauer ſchaute ſanft<lb/>
zu mir herüber, das dunkle Dach hob ſich von der<lb/>
Bläue der nördlichen Luft ab, und ein leichter Rauch<lb/>ſtieg von einigen ſeiner Schornſteine auf.</p><lb/><p>Ich ging langſam auf dem Rücken des Feldes<lb/>
an den Obſtbäumen vorüber meines Weges zurück,<lb/>
bis er ſachte gegen das Schloß abwärts zu gehen<lb/>
begann.</p><lb/><p>An dieſer Stelle ſah ich jezt, daß mir eine Geſtalt,<lb/>
welche mir früher durch Baumkronen verdeckt geweſen<lb/>ſein mochte, entgegen kam, welche die Geſtalt Nata¬<lb/>
liens war. Wir gingen beide ſchneller, als wir uns<lb/>
erblickten, um uns früher zu erreichen. Da wir nun<lb/>
zuſammen trafen, blickte mich Natalie mit ihren gro¬<lb/>
ßen dunkeln Augen freundlich an, und reichte mir die<lb/>
Hand. Ich empfing ſie, drückte ſie herzlich, und ſagte<lb/>
einen innigen Gruß.</p><lb/><p>„Es iſt recht ſchön,“ſprach ſie, „daß wir gleich¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[15/0029]
kung des Weges nicht mehr hinunter, weil ich nicht
thalwärts kommen wollte, wo die Blicke beengt ſind.
Ich wendete mich um, und hatte den Anblick des
Schloſſes vor mir, welches jezt von ſolcher Bedeu¬
tung für mich geworden war. Die Fenſter ſchimmer¬
ten in dem Glanze der Sonne, das Grau der von
der Tünche befreiten ſüdlichen Mauer ſchaute ſanft
zu mir herüber, das dunkle Dach hob ſich von der
Bläue der nördlichen Luft ab, und ein leichter Rauch
ſtieg von einigen ſeiner Schornſteine auf.
Ich ging langſam auf dem Rücken des Feldes
an den Obſtbäumen vorüber meines Weges zurück,
bis er ſachte gegen das Schloß abwärts zu gehen
begann.
An dieſer Stelle ſah ich jezt, daß mir eine Geſtalt,
welche mir früher durch Baumkronen verdeckt geweſen
ſein mochte, entgegen kam, welche die Geſtalt Nata¬
liens war. Wir gingen beide ſchneller, als wir uns
erblickten, um uns früher zu erreichen. Da wir nun
zuſammen trafen, blickte mich Natalie mit ihren gro¬
ßen dunkeln Augen freundlich an, und reichte mir die
Hand. Ich empfing ſie, drückte ſie herzlich, und ſagte
einen innigen Gruß.
„Es iſt recht ſchön,“ ſprach ſie, „daß wir gleich¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/29>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.