erwerben, die ihr braucht, damit ihr beides zur Er¬ richtung eines dauernden Familienverhältnisses anwenden könnt. Welche Unsicherheit in euren Be¬ strebungen, wenn ihr eine verfrühte Neigung in die¬ selben hinein nehmt, und welche Gefahren in dieser euch beherrschenden Neigung für euer Wesen und euer Herz! Es wird euch beiden jezt Schmerz machen, das geknüpfte Band zu lösen oder wenigstens aufzuschie¬ ben, wir wissen es, wir fühlen den Schmerz, ihr beide dauert uns, und wir machen uns Vorwürfe, daß wir die entstandene Sachlage nicht zu verhindern gewußt haben; aber ihr werdet beide ruhiger werden, Ma¬ thilde wird ihre Bildung vollenden können, ihr wer¬ det in eurem zukünftigen Stande euch befestiget haben, und dann kann wieder gesprochen werden. Ihr hättet auch ohne diese Neigung nicht lange mehr in eurer gegenwärtigen Stellung bleiben können. Wir verdan¬ ken euch sehr viel. Unser Alfred und auch Mathilde reiften an euch sehr schön empor. Aber eben deßhalb hätten wir es nicht über unser Gewissen bringen kön¬ nen, euch länger zu unserem Vortheile von eurer Zu¬ kunft abzuhalten, und mein Gatte hatte sich vorge¬ nommen, mit euch über diese Sache zu sprechen. Überdenkt, was ich euch sagte. Ich verlange heute
erwerben, die ihr braucht, damit ihr beides zur Er¬ richtung eines dauernden Familienverhältniſſes anwenden könnt. Welche Unſicherheit in euren Be¬ ſtrebungen, wenn ihr eine verfrühte Neigung in die¬ ſelben hinein nehmt, und welche Gefahren in dieſer euch beherrſchenden Neigung für euer Weſen und euer Herz! Es wird euch beiden jezt Schmerz machen, das geknüpfte Band zu löſen oder wenigſtens aufzuſchie¬ ben, wir wiſſen es, wir fühlen den Schmerz, ihr beide dauert uns, und wir machen uns Vorwürfe, daß wir die entſtandene Sachlage nicht zu verhindern gewußt haben; aber ihr werdet beide ruhiger werden, Ma¬ thilde wird ihre Bildung vollenden können, ihr wer¬ det in eurem zukünftigen Stande euch befeſtiget haben, und dann kann wieder geſprochen werden. Ihr hättet auch ohne dieſe Neigung nicht lange mehr in eurer gegenwärtigen Stellung bleiben können. Wir verdan¬ ken euch ſehr viel. Unſer Alfred und auch Mathilde reiften an euch ſehr ſchön empor. Aber eben deßhalb hätten wir es nicht über unſer Gewiſſen bringen kön¬ nen, euch länger zu unſerem Vortheile von eurer Zu¬ kunft abzuhalten, und mein Gatte hatte ſich vorge¬ nommen, mit euch über dieſe Sache zu ſprechen. Überdenkt, was ich euch ſagte. Ich verlange heute
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erwerben, die ihr braucht, damit ihr beides zur Er¬
richtung eines dauernden Familienverhältniſſes
anwenden könnt. Welche Unſicherheit in euren Be¬
ſtrebungen, wenn ihr eine verfrühte Neigung in die¬
ſelben hinein nehmt, und welche Gefahren in dieſer
euch beherrſchenden Neigung für euer Weſen und euer
Herz! Es wird euch beiden jezt Schmerz machen, das
geknüpfte Band zu löſen oder wenigſtens aufzuſchie¬
ben, wir wiſſen es, wir fühlen den Schmerz, ihr beide
dauert uns, und wir machen uns Vorwürfe, daß wir
die entſtandene Sachlage nicht zu verhindern gewußt
haben; aber ihr werdet beide ruhiger werden, Ma¬
thilde wird ihre Bildung vollenden können, ihr wer¬
det in eurem zukünftigen Stande euch befeſtiget haben,
und dann kann wieder geſprochen werden. Ihr hättet
auch ohne dieſe Neigung nicht lange mehr in eurer
gegenwärtigen Stellung bleiben können. Wir verdan¬
ken euch ſehr viel. Unſer Alfred und auch Mathilde
reiften an euch ſehr ſchön empor. Aber eben deßhalb
hätten wir es nicht über unſer Gewiſſen bringen kön¬
nen, euch länger zu unſerem Vortheile von eurer Zu¬
kunft abzuhalten, und mein Gatte hatte ſich vorge¬
nommen, mit euch über dieſe Sache zu ſprechen.
Überdenkt, was ich euch ſagte. Ich verlange heute
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/326>, abgerufen am 22.11.2024.
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