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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Abwesenheit waren ihre Wände bekleidet und waren
neue ausgezeichnete Geräthe für sie angeschafft wor¬
den. Wir beschloßen aber unsere regelmäßige Woh¬
nung so lange in dem Sternenhofe aufzuschlagen, bis
ihn Gustav würde übernehmen können, damit Ma¬
thilde in der Zwischenzeit nicht zu vereinsamt wäre.
Dabei würde ich oft in den Asperhof kommen, um
mit Risach zu berathschlagen oder zu arbeiten, oft
würden auch die andern kommen, und oft würden wir
uns da, oder im Gusterhofe oder im Sternenhofe
oder in der Stadt besuchen, und zeitweilig dort woh¬
nen. Mit Natalien hatte ich eine größere Reise vor.
Für den Fall, daß ich in was immer für Angelegen¬
heiten abwesend sein sollte, nahm jedes Haus das
Recht in Anspruch, Natalien beherbergen zu dürfen.
Der Zitherspieler spielte täglich und oft ziemlich lange
vor uns. Am fünften Tage kam die Zither. Ich über¬
reichte sie ihm, und er, da er sie erkannte, wurde fast
blaß vor Freude. Dieses Geschenk durfte das Beste
für ihn genannt werden; von diesem Geschenke wird
er sich nicht trennen, während es von jedem andern
zweifelhaft wäre, ob er es nicht verschleudere. Als
er die Zither gestimmt, und auf ihr gespielt hatte,
sahen wir erst, wie trefflich sie sei. Er wollte fast gar

Abweſenheit waren ihre Wände bekleidet und waren
neue ausgezeichnete Geräthe für ſie angeſchafft wor¬
den. Wir beſchloßen aber unſere regelmäßige Woh¬
nung ſo lange in dem Sternenhofe aufzuſchlagen, bis
ihn Guſtav würde übernehmen können, damit Ma¬
thilde in der Zwiſchenzeit nicht zu vereinſamt wäre.
Dabei würde ich oft in den Asperhof kommen, um
mit Riſach zu berathſchlagen oder zu arbeiten, oft
würden auch die andern kommen, und oft würden wir
uns da, oder im Guſterhofe oder im Sternenhofe
oder in der Stadt beſuchen, und zeitweilig dort woh¬
nen. Mit Natalien hatte ich eine größere Reiſe vor.
Für den Fall, daß ich in was immer für Angelegen¬
heiten abweſend ſein ſollte, nahm jedes Haus das
Recht in Anſpruch, Natalien beherbergen zu dürfen.
Der Zitherſpieler ſpielte täglich und oft ziemlich lange
vor uns. Am fünften Tage kam die Zither. Ich über¬
reichte ſie ihm, und er, da er ſie erkannte, wurde faſt
blaß vor Freude. Dieſes Geſchenk durfte das Beſte
für ihn genannt werden; von dieſem Geſchenke wird
er ſich nicht trennen, während es von jedem andern
zweifelhaft wäre, ob er es nicht verſchleudere. Als
er die Zither geſtimmt, und auf ihr geſpielt hatte,
ſahen wir erſt, wie trefflich ſie ſei. Er wollte faſt gar

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[434/0448] Abweſenheit waren ihre Wände bekleidet und waren neue ausgezeichnete Geräthe für ſie angeſchafft wor¬ den. Wir beſchloßen aber unſere regelmäßige Woh¬ nung ſo lange in dem Sternenhofe aufzuſchlagen, bis ihn Guſtav würde übernehmen können, damit Ma¬ thilde in der Zwiſchenzeit nicht zu vereinſamt wäre. Dabei würde ich oft in den Asperhof kommen, um mit Riſach zu berathſchlagen oder zu arbeiten, oft würden auch die andern kommen, und oft würden wir uns da, oder im Guſterhofe oder im Sternenhofe oder in der Stadt beſuchen, und zeitweilig dort woh¬ nen. Mit Natalien hatte ich eine größere Reiſe vor. Für den Fall, daß ich in was immer für Angelegen¬ heiten abweſend ſein ſollte, nahm jedes Haus das Recht in Anſpruch, Natalien beherbergen zu dürfen. Der Zitherſpieler ſpielte täglich und oft ziemlich lange vor uns. Am fünften Tage kam die Zither. Ich über¬ reichte ſie ihm, und er, da er ſie erkannte, wurde faſt blaß vor Freude. Dieſes Geſchenk durfte das Beſte für ihn genannt werden; von dieſem Geſchenke wird er ſich nicht trennen, während es von jedem andern zweifelhaft wäre, ob er es nicht verſchleudere. Als er die Zither geſtimmt, und auf ihr geſpielt hatte, ſahen wir erſt, wie trefflich ſie ſei. Er wollte faſt gar

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/448>, abgerufen am 24.11.2024.