des Pfarrers viel besser mit einander bekannt. Er sprach mehr, und theilte sich mehr mit. Ich saß an dem fichtenen Tische, der an seinem Bette stand, und kam pünktlich alle Tage an die Stelle. Da er nicht ausgehen konnte, und nicht in das Steinkar kam, so mußte ich die Veränderungen, die dort vorkamen, be¬ richten. Er fragte mich, ob die Brombeeren an dem Kulterloche schon zu reifen begännen, ob der Rasen gegen die Zirderhöhe, welchen der Frühling immer sehr schön grün färbe, schon im Vergelben und Aus¬ dorren begriffen sei, ob die Hagebutten schon reiften, ob das Verwittern des Kalksteins vorwärts gehe, ob die in die Zirder gefallenen Stüke sich vermehrten, und der Sand sich vervielfältigte, und dergleichen mehr. Ich sagte es ihm, ich erzählte ihm auch andere Dinge, ich sagte ihm, wo wir gearbeitet hätten, wie weit wir vorgerükt wären, und wo wir morgen be¬ ginnen würden. Ich erklärte ihm hiebei manches, was ihm in unsern Arbeiten dunkel war. Auch las ich ihm zuweilen etwas vor, namentlich aus den Zei¬ tungen, die ich mir wöchentlich zwei Mal durch einen Boten in das Steinkar herein bringen ließ.
Eines Tages, da die Krankheit sich schon bedeu¬ tend zum Besseren wendete, sagte er, er hätte eine Bitte an mich.
des Pfarrers viel beſſer mit einander bekannt. Er ſprach mehr, und theilte ſich mehr mit. Ich ſaß an dem fichtenen Tiſche, der an ſeinem Bette ſtand, und kam pünktlich alle Tage an die Stelle. Da er nicht ausgehen konnte, und nicht in das Steinkar kam, ſo mußte ich die Veränderungen, die dort vorkamen, be¬ richten. Er fragte mich, ob die Brombeeren an dem Kulterloche ſchon zu reifen begännen, ob der Raſen gegen die Zirderhöhe, welchen der Frühling immer ſehr ſchön grün färbe, ſchon im Vergelben und Aus¬ dorren begriffen ſei, ob die Hagebutten ſchon reiften, ob das Verwittern des Kalkſteins vorwärts gehe, ob die in die Zirder gefallenen Stüke ſich vermehrten, und der Sand ſich vervielfältigte, und dergleichen mehr. Ich ſagte es ihm, ich erzählte ihm auch andere Dinge, ich ſagte ihm, wo wir gearbeitet hätten, wie weit wir vorgerükt wären, und wo wir morgen be¬ ginnen würden. Ich erklärte ihm hiebei manches, was ihm in unſern Arbeiten dunkel war. Auch las ich ihm zuweilen etwas vor, namentlich aus den Zei¬ tungen, die ich mir wöchentlich zwei Mal durch einen Boten in das Steinkar herein bringen ließ.
Eines Tages, da die Krankheit ſich ſchon bedeu¬ tend zum Beſſeren wendete, ſagte er, er hätte eine Bitte an mich.
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des Pfarrers viel beſſer mit einander bekannt. Er
ſprach mehr, und theilte ſich mehr mit. Ich ſaß an
dem fichtenen Tiſche, der an ſeinem Bette ſtand, und
kam pünktlich alle Tage an die Stelle. Da er nicht
ausgehen konnte, und nicht in das Steinkar kam, ſo
mußte ich die Veränderungen, die dort vorkamen, be¬
richten. Er fragte mich, ob die Brombeeren an dem
Kulterloche ſchon zu reifen begännen, ob der Raſen
gegen die Zirderhöhe, welchen der Frühling immer
ſehr ſchön grün färbe, ſchon im Vergelben und Aus¬
dorren begriffen ſei, ob die Hagebutten ſchon reiften,
ob das Verwittern des Kalkſteins vorwärts gehe, ob
die in die Zirder gefallenen Stüke ſich vermehrten,
und der Sand ſich vervielfältigte, und dergleichen
mehr. Ich ſagte es ihm, ich erzählte ihm auch andere
Dinge, ich ſagte ihm, wo wir gearbeitet hätten, wie
weit wir vorgerükt wären, und wo wir morgen be¬
ginnen würden. Ich erklärte ihm hiebei manches, was
ihm in unſern Arbeiten dunkel war. Auch las ich
ihm zuweilen etwas vor, namentlich aus den Zei¬
tungen, die ich mir wöchentlich zwei Mal durch einen
Boten in das Steinkar herein bringen ließ.
Eines Tages, da die Krankheit ſich ſchon bedeu¬
tend zum Beſſeren wendete, ſagte er, er hätte eine
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/153>, abgerufen am 22.11.2024.
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