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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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wir von den Arbeitern geachtet würden. Dann erst
sollten wir zur Erlernung der weiteren in der Handel¬
schaft nöthigen Dinge übergehen."

"Der Vater wollte, daß wir auch so leben sollten,
wie unsere Arbeiter lebten, daß wir ihre Lage ver¬
stünden, und ihnen nicht fremd wären. Er wollte da¬
her, daß wir mit ihnen essen wohnen und schlafen
sollten. Unser bisheriger Lehrer verließ uns, indem
er jedem von uns ein Buch zum Andenken hinterließ,
wir zogen aus der Studierstube fort, und gingen in
die Arbeiterwohnung hinüber."

"Der Vater hatte den besten Gesellen unseres Ge¬
schäftes, der zugleich Werkführer war, zu unserem
Lehrmeister bestimmt, und uns überhaupt seiner Auf¬
sicht übergeben. Wir bekamen jeder unsern Plaz in
seiner Werkstätte, waren mit dem Handwerkzeuge
versehen, und mußten beginnen, wie jeder Lehrling.
Zum Speisen kamen wir an den nehmlichen Tisch, an
dem alle unsere Arbeiter saßen, aber wir kamen an die
untersten Pläze, wo sich die Lehrlinge befanden. Als
Schlafgemach hatten wir auch das der Lehrlinge, an
welches das Schlafzimmer des Werkführers stieß, der
der einzige war, welcher ein eigenes Zimmer zum
Schlafen hatte. Deßhalb mußte er immer nicht nur
ein sehr geschikter Arbeiter sein, sondern auch durch

wir von den Arbeitern geachtet würden. Dann erſt
ſollten wir zur Erlernung der weiteren in der Handel¬
ſchaft nöthigen Dinge übergehen.“

„Der Vater wollte, daß wir auch ſo leben ſollten,
wie unſere Arbeiter lebten, daß wir ihre Lage ver¬
ſtünden, und ihnen nicht fremd wären. Er wollte da¬
her, daß wir mit ihnen eſſen wohnen und ſchlafen
ſollten. Unſer bisheriger Lehrer verließ uns, indem
er jedem von uns ein Buch zum Andenken hinterließ,
wir zogen aus der Studierſtube fort, und gingen in
die Arbeiterwohnung hinüber.“

„Der Vater hatte den beſten Geſellen unſeres Ge¬
ſchäftes, der zugleich Werkführer war, zu unſerem
Lehrmeiſter beſtimmt, und uns überhaupt ſeiner Auf¬
ſicht übergeben. Wir bekamen jeder unſern Plaz in
ſeiner Werkſtätte, waren mit dem Handwerkzeuge
verſehen, und mußten beginnen, wie jeder Lehrling.
Zum Speiſen kamen wir an den nehmlichen Tiſch, an
dem alle unſere Arbeiter ſaßen, aber wir kamen an die
unterſten Pläze, wo ſich die Lehrlinge befanden. Als
Schlafgemach hatten wir auch das der Lehrlinge, an
welches das Schlafzimmer des Werkführers ſtieß, der
der einzige war, welcher ein eigenes Zimmer zum
Schlafen hatte. Deßhalb mußte er immer nicht nur
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[151/0164] wir von den Arbeitern geachtet würden. Dann erſt ſollten wir zur Erlernung der weiteren in der Handel¬ ſchaft nöthigen Dinge übergehen.“ „Der Vater wollte, daß wir auch ſo leben ſollten, wie unſere Arbeiter lebten, daß wir ihre Lage ver¬ ſtünden, und ihnen nicht fremd wären. Er wollte da¬ her, daß wir mit ihnen eſſen wohnen und ſchlafen ſollten. Unſer bisheriger Lehrer verließ uns, indem er jedem von uns ein Buch zum Andenken hinterließ, wir zogen aus der Studierſtube fort, und gingen in die Arbeiterwohnung hinüber.“ „Der Vater hatte den beſten Geſellen unſeres Ge¬ ſchäftes, der zugleich Werkführer war, zu unſerem Lehrmeiſter beſtimmt, und uns überhaupt ſeiner Auf¬ ſicht übergeben. Wir bekamen jeder unſern Plaz in ſeiner Werkſtätte, waren mit dem Handwerkzeuge verſehen, und mußten beginnen, wie jeder Lehrling. Zum Speiſen kamen wir an den nehmlichen Tiſch, an dem alle unſere Arbeiter ſaßen, aber wir kamen an die unterſten Pläze, wo ſich die Lehrlinge befanden. Als Schlafgemach hatten wir auch das der Lehrlinge, an welches das Schlafzimmer des Werkführers ſtieß, der der einzige war, welcher ein eigenes Zimmer zum Schlafen hatte. Deßhalb mußte er immer nicht nur ein ſehr geſchikter Arbeiter ſein, ſondern auch durch

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/164>, abgerufen am 26.11.2024.