der Umgebung. Hier war hauptsächlich ich mit den Kindern. Die vorderen Fenster sahen auf die breite gerade und schöne Hauptstrasse der Vorstadt, in welcher ein angenehmes nicht zu bewegtes Leben herrschte, Kaufbuden und Waarenstände waren, und Wägen fuhren, und Menschen gingen. In diesem Theile der Wohnung war unser Gesellschaftszimmer noch ein schönes Zimmer und das Arbeitsgemach meines Mannes. Die Entfernung zwischen der Stadt und dem Lande war so gleich und so kurz, daß wir zu keinem einen großen Weg zurük zu legen hatten.
Als einmal ein sehr schöner milder Morgen war, ich glaube, es war zur Zeit des Frühlingsanbruches, als mein Gatte bereits in der Stadt war, die Kinder aber sich in der Schule befanden, ließ ich mich von der einschmeichelnden Luft bewegen, die Fenster zu öffnen, um die Wohnung zu lüften, und bei dieser Gelegen¬ heit, wie das immer so folgt, auch ein wenig Staub abzuwischen, aufzuräumen, und dergleichen. Wir hörten in unsere Wohnung gerne das Kirchenglöklein des Krankenhauses, wenn es zur Messe rief, und ich ging nicht selten, wenn ich eben darnach angekleidet war, hinüber meine Andacht zu verrichten. Eben tönte auch wieder das Glöklein durch die Lüfte, als
der Umgebung. Hier war hauptſächlich ich mit den Kindern. Die vorderen Fenſter ſahen auf die breite gerade und ſchöne Hauptſtraſſe der Vorſtadt, in welcher ein angenehmes nicht zu bewegtes Leben herrſchte, Kaufbuden und Waarenſtände waren, und Wägen fuhren, und Menſchen gingen. In dieſem Theile der Wohnung war unſer Geſellſchaftszimmer noch ein ſchönes Zimmer und das Arbeitsgemach meines Mannes. Die Entfernung zwiſchen der Stadt und dem Lande war ſo gleich und ſo kurz, daß wir zu keinem einen großen Weg zurük zu legen hatten.
Als einmal ein ſehr ſchöner milder Morgen war, ich glaube, es war zur Zeit des Frühlingsanbruches, als mein Gatte bereits in der Stadt war, die Kinder aber ſich in der Schule befanden, ließ ich mich von der einſchmeichelnden Luft bewegen, die Fenſter zu öffnen, um die Wohnung zu lüften, und bei dieſer Gelegen¬ heit, wie das immer ſo folgt, auch ein wenig Staub abzuwiſchen, aufzuräumen, und dergleichen. Wir hörten in unſere Wohnung gerne das Kirchenglöklein des Krankenhauſes, wenn es zur Meſſe rief, und ich ging nicht ſelten, wenn ich eben darnach angekleidet war, hinüber meine Andacht zu verrichten. Eben tönte auch wieder das Glöklein durch die Lüfte, als
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0233"n="220"/>
der Umgebung. Hier war hauptſächlich ich mit den<lb/>
Kindern. Die vorderen Fenſter ſahen auf die breite<lb/>
gerade und ſchöne Hauptſtraſſe der Vorſtadt, in<lb/>
welcher ein angenehmes nicht zu bewegtes Leben<lb/>
herrſchte, Kaufbuden und Waarenſtände waren, und<lb/>
Wägen fuhren, und Menſchen gingen. In dieſem<lb/>
Theile der Wohnung war unſer Geſellſchaftszimmer<lb/>
noch ein ſchönes Zimmer und das Arbeitsgemach<lb/>
meines Mannes. Die Entfernung zwiſchen der<lb/>
Stadt und dem Lande war ſo gleich und ſo kurz,<lb/>
daß wir zu keinem einen großen Weg zurük zu legen<lb/>
hatten.</p><lb/><p>Als einmal ein ſehr ſchöner milder Morgen war, ich<lb/>
glaube, es war zur Zeit des Frühlingsanbruches, als<lb/>
mein Gatte bereits in der Stadt war, die Kinder aber<lb/>ſich in der Schule befanden, ließ ich mich von der<lb/>
einſchmeichelnden Luft bewegen, die Fenſter zu öffnen,<lb/>
um die Wohnung zu lüften, und bei dieſer Gelegen¬<lb/>
heit, wie das immer ſo folgt, auch ein wenig Staub<lb/>
abzuwiſchen, aufzuräumen, und dergleichen. Wir<lb/>
hörten in unſere Wohnung gerne das Kirchenglöklein<lb/>
des Krankenhauſes, wenn es zur Meſſe rief, und ich<lb/>
ging nicht ſelten, wenn ich eben darnach angekleidet<lb/>
war, hinüber meine Andacht zu verrichten. Eben<lb/>
tönte auch wieder das Glöklein durch die Lüfte, als<lb/></p></div></body></text></TEI>
[220/0233]
der Umgebung. Hier war hauptſächlich ich mit den
Kindern. Die vorderen Fenſter ſahen auf die breite
gerade und ſchöne Hauptſtraſſe der Vorſtadt, in
welcher ein angenehmes nicht zu bewegtes Leben
herrſchte, Kaufbuden und Waarenſtände waren, und
Wägen fuhren, und Menſchen gingen. In dieſem
Theile der Wohnung war unſer Geſellſchaftszimmer
noch ein ſchönes Zimmer und das Arbeitsgemach
meines Mannes. Die Entfernung zwiſchen der
Stadt und dem Lande war ſo gleich und ſo kurz,
daß wir zu keinem einen großen Weg zurük zu legen
hatten.
Als einmal ein ſehr ſchöner milder Morgen war, ich
glaube, es war zur Zeit des Frühlingsanbruches, als
mein Gatte bereits in der Stadt war, die Kinder aber
ſich in der Schule befanden, ließ ich mich von der
einſchmeichelnden Luft bewegen, die Fenſter zu öffnen,
um die Wohnung zu lüften, und bei dieſer Gelegen¬
heit, wie das immer ſo folgt, auch ein wenig Staub
abzuwiſchen, aufzuräumen, und dergleichen. Wir
hörten in unſere Wohnung gerne das Kirchenglöklein
des Krankenhauſes, wenn es zur Meſſe rief, und ich
ging nicht ſelten, wenn ich eben darnach angekleidet
war, hinüber meine Andacht zu verrichten. Eben
tönte auch wieder das Glöklein durch die Lüfte, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/233>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.