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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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holt die Kirche mit dem Vater besucht habe, daß es
dort aber nie eine Musik, das heißt ein Flötenspiel,
wie es sich ausdrükte, gehört, noch mit jemand
gesprochen habe. Es mußte also höchstens bei stillen
Messen gewesen sein.

Endlich wurde meinem Gatten die Vormundschaft
übertragen, und ihm die gerichtlich vorgefundene und
aufgezeichnete Verlassenschaft gegen Bescheinigung
übergeben. Aus den Papieren, die er sogleich sorg¬
fältig untersuchte, ging hervor, daß der Verstorbene
niemand anders war als jener Rentherr, der einmal
abgereiset, und sodann spurlos verschwunden war.
Wir hatten die Geschichte jenes Mannes nur so im
Allgemeinen gewußt, und sie schon längst wieder ver¬
gessen. Jezt wurde sie auf's Neue aus der Erinnerung
hervorgeholt, und von Manchem, der es wissen
konnte, das nähere Einzelne erforscht.

Das Mädchen mit dem großen Haupte und den
breiten Zügen war also das rosige Kind gewesen, das
unter dem Gezelte geschlafen hatte, dessen Spize der
vergoldete Engel mit seinen Fingern gehalten hatte,
dessen Falten rings um das Bettchen auseinander ge¬
gangen waren, und das die Eltern mit Wonne betrach¬
tet hatten.

Von Eigenthum hatten sich nur einige schlechte

holt die Kirche mit dem Vater beſucht habe, daß es
dort aber nie eine Muſik, das heißt ein Flötenſpiel,
wie es ſich ausdrükte, gehört, noch mit jemand
geſprochen habe. Es mußte alſo höchſtens bei ſtillen
Meſſen geweſen ſein.

Endlich wurde meinem Gatten die Vormundſchaft
übertragen, und ihm die gerichtlich vorgefundene und
aufgezeichnete Verlaſſenſchaft gegen Beſcheinigung
übergeben. Aus den Papieren, die er ſogleich ſorg¬
fältig unterſuchte, ging hervor, daß der Verſtorbene
niemand anders war als jener Rentherr, der einmal
abgereiſet, und ſodann ſpurlos verſchwunden war.
Wir hatten die Geſchichte jenes Mannes nur ſo im
Allgemeinen gewußt, und ſie ſchon längſt wieder ver¬
geſſen. Jezt wurde ſie auf's Neue aus der Erinnerung
hervorgeholt, und von Manchem, der es wiſſen
konnte, das nähere Einzelne erforſcht.

Das Mädchen mit dem großen Haupte und den
breiten Zügen war alſo das roſige Kind geweſen, das
unter dem Gezelte geſchlafen hatte, deſſen Spize der
vergoldete Engel mit ſeinen Fingern gehalten hatte,
deſſen Falten rings um das Bettchen auseinander ge¬
gangen waren, und das die Eltern mit Wonne betrach¬
tet hatten.

Von Eigenthum hatten ſich nur einige ſchlechte

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[260/0273] holt die Kirche mit dem Vater beſucht habe, daß es dort aber nie eine Muſik, das heißt ein Flötenſpiel, wie es ſich ausdrükte, gehört, noch mit jemand geſprochen habe. Es mußte alſo höchſtens bei ſtillen Meſſen geweſen ſein. Endlich wurde meinem Gatten die Vormundſchaft übertragen, und ihm die gerichtlich vorgefundene und aufgezeichnete Verlaſſenſchaft gegen Beſcheinigung übergeben. Aus den Papieren, die er ſogleich ſorg¬ fältig unterſuchte, ging hervor, daß der Verſtorbene niemand anders war als jener Rentherr, der einmal abgereiſet, und ſodann ſpurlos verſchwunden war. Wir hatten die Geſchichte jenes Mannes nur ſo im Allgemeinen gewußt, und ſie ſchon längſt wieder ver¬ geſſen. Jezt wurde ſie auf's Neue aus der Erinnerung hervorgeholt, und von Manchem, der es wiſſen konnte, das nähere Einzelne erforſcht. Das Mädchen mit dem großen Haupte und den breiten Zügen war alſo das roſige Kind geweſen, das unter dem Gezelte geſchlafen hatte, deſſen Spize der vergoldete Engel mit ſeinen Fingern gehalten hatte, deſſen Falten rings um das Bettchen auseinander ge¬ gangen waren, und das die Eltern mit Wonne betrach¬ tet hatten. Von Eigenthum hatten ſich nur einige ſchlechte

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/273>, abgerufen am 25.11.2024.