Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Füsse selber mit so vieler Wagenschmiere beschmiert
habest, und daß du in die Stube gegangen seiest, den
schönen Boden zu besudeln. Aber lasse nur Zeit, sie
wird schon zur Einsicht kommen, sie wird alles ver¬
stehen, und alles wird gut werden. Wenn wir dort
auf jene Höhe hinauf gelangen, von der wir weit
herum sehen, werde ich dir eine Geschichte von solchen
Pechmännern erzählen, wie der alte Andreas ist, die
sich lange vorher zugetragen hat, ehe du geboren
wurdest, und ehe ich geboren wurde, und aus der du
ersehen wirst, welche wunderbare Schiksale die Men¬
schen auf der Welt des lieben Gottes haben können.
Und wenn du stark genug bist, und gehen kannst, so
lasse ich dich in der nächsten Woche nach Spizenberg
und in die Hirschberge mitgehen, und da wirst du am
Wege im Fichtengrunde eine solche Brennerei sehen,
wo sie die Wagenschmiere machen, wo sich der alte
Andreas seinen Vorrath immer holt, und wo also
das Pech her ist, womit dir heute die Füsse einge¬
schmiert worden sind."

"Ja, Großvater," sagte ich, "ich werde recht stark
sein."

"Nun das wird gut sein," antwortete er, "und du
darfst mitgehen."

Bei diesen Worten waren wir zu einer Mauer

Stifter, Jugendschriften. I. 3

Füſſe ſelber mit ſo vieler Wagenſchmiere beſchmiert
habeſt, und daß du in die Stube gegangen ſeieſt, den
ſchönen Boden zu beſudeln. Aber laſſe nur Zeit, ſie
wird ſchon zur Einſicht kommen, ſie wird alles ver¬
ſtehen, und alles wird gut werden. Wenn wir dort
auf jene Höhe hinauf gelangen, von der wir weit
herum ſehen, werde ich dir eine Geſchichte von ſolchen
Pechmännern erzählen, wie der alte Andreas iſt, die
ſich lange vorher zugetragen hat, ehe du geboren
wurdeſt, und ehe ich geboren wurde, und aus der du
erſehen wirſt, welche wunderbare Schikſale die Men¬
ſchen auf der Welt des lieben Gottes haben können.
Und wenn du ſtark genug biſt, und gehen kannſt, ſo
laſſe ich dich in der nächſten Woche nach Spizenberg
und in die Hirſchberge mitgehen, und da wirſt du am
Wege im Fichtengrunde eine ſolche Brennerei ſehen,
wo ſie die Wagenſchmiere machen, wo ſich der alte
Andreas ſeinen Vorrath immer holt, und wo alſo
das Pech her iſt, womit dir heute die Füſſe einge¬
ſchmiert worden ſind.“

„Ja, Großvater,“ ſagte ich, „ich werde recht ſtark
ſein.“

„Nun das wird gut ſein,“ antwortete er, „und du
darfſt mitgehen.“

Bei dieſen Worten waren wir zu einer Mauer

Stifter, Jugendſchriften. I. 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="33"/>&#x017F;&#x017F;e &#x017F;elber mit &#x017F;o vieler Wagen&#x017F;chmiere be&#x017F;chmiert<lb/>
habe&#x017F;t, und daß du in die Stube gegangen &#x017F;eie&#x017F;t, den<lb/>
&#x017F;chönen Boden zu be&#x017F;udeln. Aber la&#x017F;&#x017F;e nur Zeit, &#x017F;ie<lb/>
wird &#x017F;chon zur Ein&#x017F;icht kommen, &#x017F;ie wird alles ver¬<lb/>
&#x017F;tehen, und alles wird gut werden. Wenn wir dort<lb/>
auf jene Höhe hinauf gelangen, von der wir weit<lb/>
herum &#x017F;ehen, werde ich dir eine Ge&#x017F;chichte von &#x017F;olchen<lb/>
Pechmännern erzählen, wie der alte Andreas i&#x017F;t, die<lb/>
&#x017F;ich lange vorher zugetragen hat, ehe du geboren<lb/>
wurde&#x017F;t, und ehe ich geboren wurde, und aus der du<lb/>
er&#x017F;ehen wir&#x017F;t, welche wunderbare Schik&#x017F;ale die Men¬<lb/>
&#x017F;chen auf der Welt des lieben Gottes haben können.<lb/>
Und wenn du &#x017F;tark genug bi&#x017F;t, und gehen kann&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e ich dich in der näch&#x017F;ten Woche nach Spizenberg<lb/>
und in die Hir&#x017F;chberge mitgehen, und da wir&#x017F;t du am<lb/>
Wege im Fichtengrunde eine &#x017F;olche Brennerei &#x017F;ehen,<lb/>
wo &#x017F;ie die Wagen&#x017F;chmiere machen, wo &#x017F;ich der alte<lb/>
Andreas &#x017F;einen Vorrath immer holt, und wo al&#x017F;o<lb/>
das Pech her i&#x017F;t, womit dir heute die Fü&#x017F;&#x017F;e einge¬<lb/>
&#x017F;chmiert worden &#x017F;ind.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ja, Großvater,&#x201C; &#x017F;agte ich, &#x201E;ich werde recht &#x017F;tark<lb/>
&#x017F;ein.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nun das wird gut &#x017F;ein,&#x201C; antwortete er, &#x201E;und du<lb/>
darf&#x017F;t mitgehen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Bei die&#x017F;en Worten waren wir zu einer Mauer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Stifter, Jugend&#x017F;chriften. I. 3<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0046] Füſſe ſelber mit ſo vieler Wagenſchmiere beſchmiert habeſt, und daß du in die Stube gegangen ſeieſt, den ſchönen Boden zu beſudeln. Aber laſſe nur Zeit, ſie wird ſchon zur Einſicht kommen, ſie wird alles ver¬ ſtehen, und alles wird gut werden. Wenn wir dort auf jene Höhe hinauf gelangen, von der wir weit herum ſehen, werde ich dir eine Geſchichte von ſolchen Pechmännern erzählen, wie der alte Andreas iſt, die ſich lange vorher zugetragen hat, ehe du geboren wurdeſt, und ehe ich geboren wurde, und aus der du erſehen wirſt, welche wunderbare Schikſale die Men¬ ſchen auf der Welt des lieben Gottes haben können. Und wenn du ſtark genug biſt, und gehen kannſt, ſo laſſe ich dich in der nächſten Woche nach Spizenberg und in die Hirſchberge mitgehen, und da wirſt du am Wege im Fichtengrunde eine ſolche Brennerei ſehen, wo ſie die Wagenſchmiere machen, wo ſich der alte Andreas ſeinen Vorrath immer holt, und wo alſo das Pech her iſt, womit dir heute die Füſſe einge¬ ſchmiert worden ſind.“ „Ja, Großvater,“ ſagte ich, „ich werde recht ſtark ſein.“ „Nun das wird gut ſein,“ antwortete er, „und du darfſt mitgehen.“ Bei dieſen Worten waren wir zu einer Mauer Stifter, Jugendſchriften. I. 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/46
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/46>, abgerufen am 03.12.2024.