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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Viele Menschen gingen hinaus, und betrachteten den
frischen Aufwurf, andere wollten die Namen derer
wissen, die da begraben lagen, und als die Seelsorge
in Oberplan wieder vollkommen hergestellt war,
wurde die Stelle wie ein ordentlicher Kirchhof einge¬
weiht, es wurde feierlicher Gottesdienst unter freiem
Himmel gehalten, und alle Gebethe und Segnungen
nachgetragen, die man früher versäumt hatte. Dann
wurde um den Ort eine Planke gemacht, und unge¬
löschter Kalk auf denselben gestreut. Von da an
bewahrte man das Gedächtniß an die Vergangenheit
in allerlei Dingen. Du wirst wissen, daß manche
Stellen unserer Gegend noch den Beinamen Pest
tragen, zum Beispiele Pestwiese, Peststeig, Pesthang;
und wenn du nicht so jung wärest, so würdest du
auch die Säule noch gesehen haben, die jezt nicht
mehr vorhanden ist, die auf dem Marktplaze von
Oberplan gestanden war, und auf welcher man lesen
konnte, wann die Pest gekommen ist, und wann sie
aufgehört hat, und auf welcher ein Dankgebet zu dem
Gekreuzigten stand, der auf dem Gipfel der Säule
prangte."

"Die Großmutter hat uns von der Pestsäule er¬
zählt," sagte ich.

"Seitdem aber sind andere Geschlechter gekom¬

Viele Menſchen gingen hinaus, und betrachteten den
friſchen Aufwurf, andere wollten die Namen derer
wiſſen, die da begraben lagen, und als die Seelſorge
in Oberplan wieder vollkommen hergeſtellt war,
wurde die Stelle wie ein ordentlicher Kirchhof einge¬
weiht, es wurde feierlicher Gottesdienſt unter freiem
Himmel gehalten, und alle Gebethe und Segnungen
nachgetragen, die man früher verſäumt hatte. Dann
wurde um den Ort eine Planke gemacht, und unge¬
löſchter Kalk auf denſelben geſtreut. Von da an
bewahrte man das Gedächtniß an die Vergangenheit
in allerlei Dingen. Du wirſt wiſſen, daß manche
Stellen unſerer Gegend noch den Beinamen Peſt
tragen, zum Beiſpiele Peſtwieſe, Peſtſteig, Peſthang;
und wenn du nicht ſo jung wäreſt, ſo würdeſt du
auch die Säule noch geſehen haben, die jezt nicht
mehr vorhanden iſt, die auf dem Marktplaze von
Oberplan geſtanden war, und auf welcher man leſen
konnte, wann die Peſt gekommen iſt, und wann ſie
aufgehört hat, und auf welcher ein Dankgebet zu dem
Gekreuzigten ſtand, der auf dem Gipfel der Säule
prangte.“

„Die Großmutter hat uns von der Peſtſäule er¬
zählt,“ ſagte ich.

„Seitdem aber ſind andere Geſchlechter gekom¬

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[53/0066] Viele Menſchen gingen hinaus, und betrachteten den friſchen Aufwurf, andere wollten die Namen derer wiſſen, die da begraben lagen, und als die Seelſorge in Oberplan wieder vollkommen hergeſtellt war, wurde die Stelle wie ein ordentlicher Kirchhof einge¬ weiht, es wurde feierlicher Gottesdienſt unter freiem Himmel gehalten, und alle Gebethe und Segnungen nachgetragen, die man früher verſäumt hatte. Dann wurde um den Ort eine Planke gemacht, und unge¬ löſchter Kalk auf denſelben geſtreut. Von da an bewahrte man das Gedächtniß an die Vergangenheit in allerlei Dingen. Du wirſt wiſſen, daß manche Stellen unſerer Gegend noch den Beinamen Peſt tragen, zum Beiſpiele Peſtwieſe, Peſtſteig, Peſthang; und wenn du nicht ſo jung wäreſt, ſo würdeſt du auch die Säule noch geſehen haben, die jezt nicht mehr vorhanden iſt, die auf dem Marktplaze von Oberplan geſtanden war, und auf welcher man leſen konnte, wann die Peſt gekommen iſt, und wann ſie aufgehört hat, und auf welcher ein Dankgebet zu dem Gekreuzigten ſtand, der auf dem Gipfel der Säule prangte.“ „Die Großmutter hat uns von der Peſtſäule er¬ zählt,“ ſagte ich. „Seitdem aber ſind andere Geſchlechter gekom¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/66>, abgerufen am 26.11.2024.