Häklein, und alle halfen zusammen, bis es auch sein Täschchen voll hatte.
Als sie an der diken veralteten Haselwurzel saßen, erzählte die Großmutter wieder eine Geschichte. Sie sagte: "Bei dem Sesselwalde an seinem steilen Mittagsfalle, war einstens auch ein Wald, aber er war nicht dicht, es standen Birken und Ahorne auf dem Rasen. Da war ein Schäfer, der die Schafe in das Gehölz führte, daß sie auf dem Rasen weideten, und daß sie ihm Milch und Wolle gaben. Da kam aus dem Sesselwalde ein schwarzer Mann herunter, der sagte, daß in der Harthöhle wo das Silber rinne, das blutige Licht sei. Der Schäfer wußte nicht wer der Mann sei, und was das Sil¬ ber und das blutige Licht sei, und konnte ihn auch nicht fragen, weil er gleich fort ging. Aber er wartete bis er wieder käme. Allein der Mann kam nicht mehr. Da der Schäfer eines Tages ein verlorenes Lamm suchte, ging er dem Bache entgegen, wo er herab fließt, daß er die springenden Wellen in den Augen hatte. Da er das Lamm immer wieder weiter oben blöken hörte, ging er fort und fort. Er ging so weit hinauf, daß der Wald schon sehr dik war, daß der Bach über Steine und Kugeln floß, und daß an den beiden Seiten harte Felsenwände standen. Da
Häklein, und alle halfen zuſammen, bis es auch ſein Täſchchen voll hatte.
Als ſie an der diken veralteten Haſelwurzel ſaßen, erzählte die Großmutter wieder eine Geſchichte. Sie ſagte: „Bei dem Seſſelwalde an ſeinem ſteilen Mittagsfalle, war einſtens auch ein Wald, aber er war nicht dicht, es ſtanden Birken und Ahorne auf dem Raſen. Da war ein Schäfer, der die Schafe in das Gehölz führte, daß ſie auf dem Raſen weideten, und daß ſie ihm Milch und Wolle gaben. Da kam aus dem Seſſelwalde ein ſchwarzer Mann herunter, der ſagte, daß in der Harthöhle wo das Silber rinne, das blutige Licht ſei. Der Schäfer wußte nicht wer der Mann ſei, und was das Sil¬ ber und das blutige Licht ſei, und konnte ihn auch nicht fragen, weil er gleich fort ging. Aber er wartete bis er wieder käme. Allein der Mann kam nicht mehr. Da der Schäfer eines Tages ein verlorenes Lamm ſuchte, ging er dem Bache entgegen, wo er herab fließt, daß er die ſpringenden Wellen in den Augen hatte. Da er das Lamm immer wieder weiter oben blöken hörte, ging er fort und fort. Er ging ſo weit hinauf, daß der Wald ſchon ſehr dik war, daß der Bach über Steine und Kugeln floß, und daß an den beiden Seiten harte Felſenwände ſtanden. Da
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0125"n="114"/>
Häklein, und alle halfen zuſammen, bis es auch ſein<lb/>
Täſchchen voll hatte.</p><lb/><p>Als ſie an der diken veralteten Haſelwurzel ſaßen,<lb/>
erzählte die Großmutter wieder eine Geſchichte. Sie<lb/>ſagte: „Bei dem Seſſelwalde an ſeinem ſteilen<lb/>
Mittagsfalle, war einſtens auch ein Wald, aber<lb/>
er war nicht dicht, es ſtanden Birken und Ahorne<lb/>
auf dem Raſen. Da war ein Schäfer, der die<lb/>
Schafe in das Gehölz führte, daß ſie auf dem Raſen<lb/>
weideten, und daß ſie ihm Milch und Wolle gaben.<lb/>
Da kam aus dem Seſſelwalde ein ſchwarzer Mann<lb/>
herunter, der ſagte, daß in der Harthöhle wo das<lb/>
Silber rinne, das blutige Licht ſei. Der Schäfer<lb/>
wußte nicht wer der Mann ſei, und was das Sil¬<lb/>
ber und das blutige Licht ſei, und konnte ihn auch<lb/>
nicht fragen, weil er gleich fort ging. Aber er wartete<lb/>
bis er wieder käme. Allein der Mann kam nicht<lb/>
mehr. Da der Schäfer eines Tages ein verlorenes<lb/>
Lamm ſuchte, ging er dem Bache entgegen, wo er<lb/>
herab fließt, daß er die ſpringenden Wellen in den<lb/>
Augen hatte. Da er das Lamm immer wieder weiter<lb/>
oben blöken hörte, ging er fort und fort. Er ging ſo<lb/>
weit hinauf, daß der Wald ſchon ſehr dik war, daß<lb/>
der Bach über Steine und Kugeln floß, und daß an<lb/>
den beiden Seiten harte Felſenwände ſtanden. Da<lb/></p></div></body></text></TEI>
[114/0125]
Häklein, und alle halfen zuſammen, bis es auch ſein
Täſchchen voll hatte.
Als ſie an der diken veralteten Haſelwurzel ſaßen,
erzählte die Großmutter wieder eine Geſchichte. Sie
ſagte: „Bei dem Seſſelwalde an ſeinem ſteilen
Mittagsfalle, war einſtens auch ein Wald, aber
er war nicht dicht, es ſtanden Birken und Ahorne
auf dem Raſen. Da war ein Schäfer, der die
Schafe in das Gehölz führte, daß ſie auf dem Raſen
weideten, und daß ſie ihm Milch und Wolle gaben.
Da kam aus dem Seſſelwalde ein ſchwarzer Mann
herunter, der ſagte, daß in der Harthöhle wo das
Silber rinne, das blutige Licht ſei. Der Schäfer
wußte nicht wer der Mann ſei, und was das Sil¬
ber und das blutige Licht ſei, und konnte ihn auch
nicht fragen, weil er gleich fort ging. Aber er wartete
bis er wieder käme. Allein der Mann kam nicht
mehr. Da der Schäfer eines Tages ein verlorenes
Lamm ſuchte, ging er dem Bache entgegen, wo er
herab fließt, daß er die ſpringenden Wellen in den
Augen hatte. Da er das Lamm immer wieder weiter
oben blöken hörte, ging er fort und fort. Er ging ſo
weit hinauf, daß der Wald ſchon ſehr dik war, daß
der Bach über Steine und Kugeln floß, und daß an
den beiden Seiten harte Felſenwände ſtanden. Da
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/125>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.