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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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Geburt der heiligen Jungfrau ziehen die Wetter heim,
und heute ist es sechs Wochen nach jenem Feste. Dein
alter Vater wird sich in der Ewigkeit wundern, wenn
er es weiß, oder wenn ich komme, und es ihm sage,
daß nach Gallus ein so großes außerordentliches
Gewitter gewesen sei, und daß es die Bäume und
die Häuser zerschlagen habe. Es ist ein Wunder,
wie Gott in dem Haupte des braunen wilden Kindes
die Gedanken wekte, daß es die Wolken sah, und daß
es die Bündel herbei trug."

"Ihr habt Recht, theure Mutter," antwortete der
Vater, "es war das nicht zu erwarten, was gekommen
ist. Kein Mensch konnte errathen, was geschehen
würde, und es ist ein Glük, daß sich alles so gewen¬
det hat. Wir waren in dem Garten, die Knechte
arbeiteten in den nächsten Gemarken, als es donnerte.
Da die ersten Hagelkörner fielen, konnten die Knechte
nur verwundert in die Scheune springen und wir in
das Haus, und als es mit Getose nieder ging, die
Fenster die Mauern und das Dach zerschlagen wurde,
fiel die Mutter ohnmächtig auf den Teppich des
Fußbodens."

"Der Mensch ist eine Blume," sagte die Gro߬
mutter, "zuerst ist er ein Veilchen dann eine Rose
dann eine Nelke, bis er eine Zeitlose wird. Und wer

Geburt der heiligen Jungfrau ziehen die Wetter heim,
und heute iſt es ſechs Wochen nach jenem Feſte. Dein
alter Vater wird ſich in der Ewigkeit wundern, wenn
er es weiß, oder wenn ich komme, und es ihm ſage,
daß nach Gallus ein ſo großes außerordentliches
Gewitter geweſen ſei, und daß es die Bäume und
die Häuſer zerſchlagen habe. Es iſt ein Wunder,
wie Gott in dem Haupte des braunen wilden Kindes
die Gedanken wekte, daß es die Wolken ſah, und daß
es die Bündel herbei trug.“

„Ihr habt Recht, theure Mutter,“ antwortete der
Vater, „es war das nicht zu erwarten, was gekommen
iſt. Kein Menſch konnte errathen, was geſchehen
würde, und es iſt ein Glük, daß ſich alles ſo gewen¬
det hat. Wir waren in dem Garten, die Knechte
arbeiteten in den nächſten Gemarken, als es donnerte.
Da die erſten Hagelkörner fielen, konnten die Knechte
nur verwundert in die Scheune ſpringen und wir in
das Haus, und als es mit Getoſe nieder ging, die
Fenſter die Mauern und das Dach zerſchlagen wurde,
fiel die Mutter ohnmächtig auf den Teppich des
Fußbodens.“

„Der Menſch iſt eine Blume,“ ſagte die Gro߬
mutter, „zuerſt iſt er ein Veilchen dann eine Roſe
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[148/0159] Geburt der heiligen Jungfrau ziehen die Wetter heim, und heute iſt es ſechs Wochen nach jenem Feſte. Dein alter Vater wird ſich in der Ewigkeit wundern, wenn er es weiß, oder wenn ich komme, und es ihm ſage, daß nach Gallus ein ſo großes außerordentliches Gewitter geweſen ſei, und daß es die Bäume und die Häuſer zerſchlagen habe. Es iſt ein Wunder, wie Gott in dem Haupte des braunen wilden Kindes die Gedanken wekte, daß es die Wolken ſah, und daß es die Bündel herbei trug.“ „Ihr habt Recht, theure Mutter,“ antwortete der Vater, „es war das nicht zu erwarten, was gekommen iſt. Kein Menſch konnte errathen, was geſchehen würde, und es iſt ein Glük, daß ſich alles ſo gewen¬ det hat. Wir waren in dem Garten, die Knechte arbeiteten in den nächſten Gemarken, als es donnerte. Da die erſten Hagelkörner fielen, konnten die Knechte nur verwundert in die Scheune ſpringen und wir in das Haus, und als es mit Getoſe nieder ging, die Fenſter die Mauern und das Dach zerſchlagen wurde, fiel die Mutter ohnmächtig auf den Teppich des Fußbodens.“ „Der Menſch iſt eine Blume,“ ſagte die Gro߬ mutter, „zuerſt iſt er ein Veilchen dann eine Roſe dann eine Nelke, bis er eine Zeitloſe wird. Und wer

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/159>, abgerufen am 21.11.2024.