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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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dem Tische mit den Lichtern sassen, da sprachen sie von
dem fremden Mädchen, und stritten, wer es lieber habe.

Die Großmutter erzählte den Eltern von dem
braunen Mädchen, und Vater und Mutter achteten
auf das, was sie sagte, und merkten es sich in ihrem
Sinne gar wohl.

Es wurde immer später und später im Jahre.
Die Fäden, die auf dem Rasen und zwischen dem
Wachholder gesponnen hatten, waren verschwunden,
die Beeren der Moore, die in dem Sumpfgrase oder
neben der schwarzen Erde so roth und weiß geglänzt
hatten, waren vergangen, die späte Preißelbeere, die
unter dem Schuze eines Steines oder eines Baumes
von dem Hagel verschont worden war, war dahin,
ihr Kraut und das kräftige der Heidelbeere war ein
dürres Stengelbüschlein, der Wald wurde sehr durch¬
sichtig, die Berge waren roth, an den Morgen lag
der weiße Reif auf der Gegend, oder es war der
lange Nebel da, und die Sonne, die spät kam, konnte
ihn kaum zerstreuen, die Hügelgipfel etwas bliken
lassen, und dann untergehen; oder es kamen die
frostigen Wolken, schütteten den Regen in kleinen
Tröpflein herunter, und wenn sie vergingen, war der
hohe ferne Wald weiß bestäubt.

Da wurde eines Tages der große Wagen heraus

dem Tiſche mit den Lichtern ſaſſen, da ſprachen ſie von
dem fremden Mädchen, und ſtritten, wer es lieber habe.

Die Großmutter erzählte den Eltern von dem
braunen Mädchen, und Vater und Mutter achteten
auf das, was ſie ſagte, und merkten es ſich in ihrem
Sinne gar wohl.

Es wurde immer ſpäter und ſpäter im Jahre.
Die Fäden, die auf dem Raſen und zwiſchen dem
Wachholder geſponnen hatten, waren verſchwunden,
die Beeren der Moore, die in dem Sumpfgraſe oder
neben der ſchwarzen Erde ſo roth und weiß geglänzt
hatten, waren vergangen, die ſpäte Preißelbeere, die
unter dem Schuze eines Steines oder eines Baumes
von dem Hagel verſchont worden war, war dahin,
ihr Kraut und das kräftige der Heidelbeere war ein
dürres Stengelbüſchlein, der Wald wurde ſehr durch¬
ſichtig, die Berge waren roth, an den Morgen lag
der weiße Reif auf der Gegend, oder es war der
lange Nebel da, und die Sonne, die ſpät kam, konnte
ihn kaum zerſtreuen, die Hügelgipfel etwas bliken
laſſen, und dann untergehen; oder es kamen die
froſtigen Wolken, ſchütteten den Regen in kleinen
Tröpflein herunter, und wenn ſie vergingen, war der
hohe ferne Wald weiß beſtäubt.

Da wurde eines Tages der große Wagen heraus

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[159/0170] dem Tiſche mit den Lichtern ſaſſen, da ſprachen ſie von dem fremden Mädchen, und ſtritten, wer es lieber habe. Die Großmutter erzählte den Eltern von dem braunen Mädchen, und Vater und Mutter achteten auf das, was ſie ſagte, und merkten es ſich in ihrem Sinne gar wohl. Es wurde immer ſpäter und ſpäter im Jahre. Die Fäden, die auf dem Raſen und zwiſchen dem Wachholder geſponnen hatten, waren verſchwunden, die Beeren der Moore, die in dem Sumpfgraſe oder neben der ſchwarzen Erde ſo roth und weiß geglänzt hatten, waren vergangen, die ſpäte Preißelbeere, die unter dem Schuze eines Steines oder eines Baumes von dem Hagel verſchont worden war, war dahin, ihr Kraut und das kräftige der Heidelbeere war ein dürres Stengelbüſchlein, der Wald wurde ſehr durch¬ ſichtig, die Berge waren roth, an den Morgen lag der weiße Reif auf der Gegend, oder es war der lange Nebel da, und die Sonne, die ſpät kam, konnte ihn kaum zerſtreuen, die Hügelgipfel etwas bliken laſſen, und dann untergehen; oder es kamen die froſtigen Wolken, ſchütteten den Regen in kleinen Tröpflein herunter, und wenn ſie vergingen, war der hohe ferne Wald weiß beſtäubt. Da wurde eines Tages der große Wagen heraus

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/170>, abgerufen am 21.11.2024.