Als dieses lange gedauert hatte, zog sich der Donner auf der entgegen gesezten Seite in die Ferne, das Rollen wurde dumpfer, einzelne Schläge waren in der Nähe noch zu vernehmen, aber man hörte Geschrei Brausen und verworrenes Getöse. Zulezt wurde auch das immer schwächer, man hörte nichts mehr, der Rauch zog sich langsam aus den Bäumen, die Wolken waren auch gleichsam durch den Schall verjagt worden, und die Sonne, die Anfangs als eine rothe Scheibe in dem Rauche gestanden war, glänzte endlich freundlich auf den Garten herunter.
Die Frauen in der Halle warteten lange. Als aber gar kein Ton sich vernehmen ließ, als sie auch gar kein Geräusch von der Wache vernahmen, die außer der Thür war, so riefen sie auf dieselbe. Sie er¬ hielten keine Antwort. Sie riefen noch einmal, und stärker, aber erhielten wieder keine Antwort. Da ver¬ suchten sie an der Thür und an dem Schlosse zu rütteln. Von Außen erfolgte kein Zeichen und kein Widerstand. Nun rissen sie wirklich mittelst Beilen und Stemmeisen, die in der Gartenhalle als brauch¬ bare Werkzeuge immer vorräthig waren, das Schloß herunter, und öffneten die Thür. Kein Mensch war vor derselben. Die Thorflügel standen weit offen. Im Dorfe rauchte noch kohlendes Stroh, und von
Als dieſes lange gedauert hatte, zog ſich der Donner auf der entgegen geſezten Seite in die Ferne, das Rollen wurde dumpfer, einzelne Schläge waren in der Nähe noch zu vernehmen, aber man hörte Geſchrei Brauſen und verworrenes Getöſe. Zulezt wurde auch das immer ſchwächer, man hörte nichts mehr, der Rauch zog ſich langſam aus den Bäumen, die Wolken waren auch gleichſam durch den Schall verjagt worden, und die Sonne, die Anfangs als eine rothe Scheibe in dem Rauche geſtanden war, glänzte endlich freundlich auf den Garten herunter.
Die Frauen in der Halle warteten lange. Als aber gar kein Ton ſich vernehmen ließ, als ſie auch gar kein Geräuſch von der Wache vernahmen, die außer der Thür war, ſo riefen ſie auf dieſelbe. Sie er¬ hielten keine Antwort. Sie riefen noch einmal, und ſtärker, aber erhielten wieder keine Antwort. Da ver¬ ſuchten ſie an der Thür und an dem Schloſſe zu rütteln. Von Außen erfolgte kein Zeichen und kein Widerſtand. Nun riſſen ſie wirklich mittelſt Beilen und Stemmeiſen, die in der Gartenhalle als brauch¬ bare Werkzeuge immer vorräthig waren, das Schloß herunter, und öffneten die Thür. Kein Menſch war vor derſelben. Die Thorflügel ſtanden weit offen. Im Dorfe rauchte noch kohlendes Stroh, und von
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0262"n="251"/><p>Als dieſes lange gedauert hatte, zog ſich der<lb/>
Donner auf der entgegen geſezten Seite in die Ferne,<lb/>
das Rollen wurde dumpfer, einzelne Schläge waren<lb/>
in der Nähe noch zu vernehmen, aber man hörte<lb/>
Geſchrei Brauſen und verworrenes Getöſe. Zulezt<lb/>
wurde auch das immer ſchwächer, man hörte nichts<lb/>
mehr, der Rauch zog ſich langſam aus den Bäumen,<lb/>
die Wolken waren auch gleichſam durch den Schall<lb/>
verjagt worden, und die Sonne, die Anfangs als eine<lb/>
rothe Scheibe in dem Rauche geſtanden war, glänzte<lb/>
endlich freundlich auf den Garten herunter.</p><lb/><p>Die Frauen in der Halle warteten lange. Als<lb/>
aber gar kein Ton ſich vernehmen ließ, als ſie auch gar<lb/>
kein Geräuſch von der Wache vernahmen, die außer<lb/>
der Thür war, ſo riefen ſie auf dieſelbe. Sie er¬<lb/>
hielten keine Antwort. Sie riefen noch einmal, und<lb/>ſtärker, aber erhielten wieder keine Antwort. Da ver¬<lb/>ſuchten ſie an der Thür und an dem Schloſſe zu<lb/>
rütteln. Von Außen erfolgte kein Zeichen und kein<lb/>
Widerſtand. Nun riſſen ſie wirklich mittelſt Beilen<lb/>
und Stemmeiſen, die in der Gartenhalle als brauch¬<lb/>
bare Werkzeuge immer vorräthig waren, das Schloß<lb/>
herunter, und öffneten die Thür. Kein Menſch war<lb/>
vor derſelben. Die Thorflügel ſtanden weit offen.<lb/>
Im Dorfe rauchte noch kohlendes Stroh, und von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[251/0262]
Als dieſes lange gedauert hatte, zog ſich der
Donner auf der entgegen geſezten Seite in die Ferne,
das Rollen wurde dumpfer, einzelne Schläge waren
in der Nähe noch zu vernehmen, aber man hörte
Geſchrei Brauſen und verworrenes Getöſe. Zulezt
wurde auch das immer ſchwächer, man hörte nichts
mehr, der Rauch zog ſich langſam aus den Bäumen,
die Wolken waren auch gleichſam durch den Schall
verjagt worden, und die Sonne, die Anfangs als eine
rothe Scheibe in dem Rauche geſtanden war, glänzte
endlich freundlich auf den Garten herunter.
Die Frauen in der Halle warteten lange. Als
aber gar kein Ton ſich vernehmen ließ, als ſie auch gar
kein Geräuſch von der Wache vernahmen, die außer
der Thür war, ſo riefen ſie auf dieſelbe. Sie er¬
hielten keine Antwort. Sie riefen noch einmal, und
ſtärker, aber erhielten wieder keine Antwort. Da ver¬
ſuchten ſie an der Thür und an dem Schloſſe zu
rütteln. Von Außen erfolgte kein Zeichen und kein
Widerſtand. Nun riſſen ſie wirklich mittelſt Beilen
und Stemmeiſen, die in der Gartenhalle als brauch¬
bare Werkzeuge immer vorräthig waren, das Schloß
herunter, und öffneten die Thür. Kein Menſch war
vor derſelben. Die Thorflügel ſtanden weit offen.
Im Dorfe rauchte noch kohlendes Stroh, und von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/262>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.