Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Arbeiter haben die ungeheuerste Macht in Händen,
und wenn sie ihrer einmal recht inne würden und sie gebrauch¬
ten, so widerstände ihnen nichts: sie dürften nur die Arbeit
einstellen und das Gearbeitete als das Ihrige ansehen und
genießen. Dieß ist der Sinn der hie und da auftauchenden
Arbeiterunruhen.

Der Staat beruht auf der -- Sklaverei der Arbeit.
Wird die Arbeit frei, so ist der Staat verloren.

§. 2. Der sociale Liberalismus.

Wir sind freigeborene Menschen, und wohin Wir blicken,
sehen Wir Uns zu Dienern von Egoisten gemacht! Sollen
Wir darum auch Egoisten werden? Bewahre der Himmel,
Wir wollen lieber die Egoisten unmöglich machen! Wir
wollen sie alle zu "Lumpen" machen, wollen Alle nichts haben,
damit "Alle" haben. --

So die Socialen. --

Wer ist diese Person, die Ihr "Alle" nennt? -- Es ist
die "Gesellschaft"! -- Ist sie denn aber leibhaftig? -- Wir
sind ihr Leib! -- Ihr? Ihr seid ja selbst kein Leib; -- Du
zwar bist leibhaftig, auch Du und Du, aber Ihr zusammen
seid nur Leiber, kein Leib. Mithin hätte die einige Gesellschaft
zwar Leiber zu ihrem Dienste, aber keinen einigen und eigenen
Leib. Sie wird eben, wie die "Nation" der Politiker, nichts
als ein "Geist" sein, der Leib an ihm nur Schein.

Die Freiheit des Menschen ist im politischen Liberalismus
die Freiheit von Personen, von persönlicher Herrschaft, vom
Herrn: Sicherung jeder einzelnen Person gegen andere Per¬
sonen, persönliche Freiheit.

Die Arbeiter haben die ungeheuerſte Macht in Händen,
und wenn ſie ihrer einmal recht inne würden und ſie gebrauch¬
ten, ſo widerſtände ihnen nichts: ſie dürften nur die Arbeit
einſtellen und das Gearbeitete als das Ihrige anſehen und
genießen. Dieß iſt der Sinn der hie und da auftauchenden
Arbeiterunruhen.

Der Staat beruht auf der — Sklaverei der Arbeit.
Wird die Arbeit frei, ſo iſt der Staat verloren.

§. 2. Der ſociale Liberalismus.

Wir ſind freigeborene Menſchen, und wohin Wir blicken,
ſehen Wir Uns zu Dienern von Egoiſten gemacht! Sollen
Wir darum auch Egoiſten werden? Bewahre der Himmel,
Wir wollen lieber die Egoiſten unmöglich machen! Wir
wollen ſie alle zu „Lumpen“ machen, wollen Alle nichts haben,
damit „Alle“ haben. —

So die Socialen. —

Wer iſt dieſe Perſon, die Ihr „Alle“ nennt? — Es iſt
die „Geſellſchaft“! — Iſt ſie denn aber leibhaftig? — Wir
ſind ihr Leib! — Ihr? Ihr ſeid ja ſelbſt kein Leib; — Du
zwar biſt leibhaftig, auch Du und Du, aber Ihr zuſammen
ſeid nur Leiber, kein Leib. Mithin hätte die einige Geſellſchaft
zwar Leiber zu ihrem Dienſte, aber keinen einigen und eigenen
Leib. Sie wird eben, wie die „Nation“ der Politiker, nichts
als ein „Geiſt“ ſein, der Leib an ihm nur Schein.

Die Freiheit des Menſchen iſt im politiſchen Liberalismus
die Freiheit von Perſonen, von perſönlicher Herrſchaft, vom
Herrn: Sicherung jeder einzelnen Perſon gegen andere Per¬
ſonen, perſönliche Freiheit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0161" n="153"/>
              <p>Die Arbeiter haben die ungeheuer&#x017F;te Macht in Händen,<lb/>
und wenn &#x017F;ie ihrer einmal recht inne würden und &#x017F;ie gebrauch¬<lb/>
ten, &#x017F;o wider&#x017F;tände ihnen nichts: &#x017F;ie dürften nur die Arbeit<lb/>
ein&#x017F;tellen und das Gearbeitete als das Ihrige an&#x017F;ehen und<lb/>
genießen. Dieß i&#x017F;t der Sinn der hie und da auftauchenden<lb/>
Arbeiterunruhen.</p><lb/>
              <p>Der Staat beruht auf der &#x2014; <hi rendition="#g">Sklaverei der Arbeit</hi>.<lb/>
Wird die <hi rendition="#g">Arbeit frei</hi>, &#x017F;o i&#x017F;t der Staat verloren.</p><lb/>
            </div>
            <div n="4">
              <head>§. 2. <hi rendition="#g">Der &#x017F;ociale Liberalismus.</hi><lb/></head>
              <p>Wir &#x017F;ind freigeborene Men&#x017F;chen, und wohin Wir blicken,<lb/>
&#x017F;ehen Wir Uns zu Dienern von Egoi&#x017F;ten gemacht! Sollen<lb/>
Wir darum auch Egoi&#x017F;ten werden? Bewahre der Himmel,<lb/>
Wir wollen lieber die Egoi&#x017F;ten unmöglich machen! Wir<lb/>
wollen &#x017F;ie alle zu &#x201E;Lumpen&#x201C; machen, wollen Alle nichts haben,<lb/>
damit &#x201E;Alle&#x201C; haben. &#x2014;</p><lb/>
              <p>So die Socialen. &#x2014;</p><lb/>
              <p>Wer i&#x017F;t die&#x017F;e Per&#x017F;on, die Ihr &#x201E;Alle&#x201C; nennt? &#x2014; Es i&#x017F;t<lb/>
die &#x201E;Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft&#x201C;! &#x2014; I&#x017F;t &#x017F;ie denn aber leibhaftig? &#x2014; <hi rendition="#g">Wir</hi><lb/>
&#x017F;ind ihr Leib! &#x2014; Ihr? Ihr &#x017F;eid ja &#x017F;elb&#x017F;t kein Leib; &#x2014; Du<lb/>
zwar bi&#x017F;t leibhaftig, auch Du und Du, aber Ihr zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;eid nur Leiber, kein Leib. Mithin hätte die einige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
zwar Leiber zu ihrem Dien&#x017F;te, aber keinen einigen und eigenen<lb/>
Leib. Sie wird eben, wie die &#x201E;Nation&#x201C; der Politiker, nichts<lb/>
als ein &#x201E;Gei&#x017F;t&#x201C; &#x017F;ein, der Leib an ihm nur Schein.</p><lb/>
              <p>Die Freiheit des Men&#x017F;chen i&#x017F;t im politi&#x017F;chen Liberalismus<lb/>
die Freiheit von <hi rendition="#g">Per&#x017F;onen</hi>, von per&#x017F;önlicher Herr&#x017F;chaft, vom<lb/><hi rendition="#g">Herrn</hi>: Sicherung jeder einzelnen Per&#x017F;on gegen andere Per¬<lb/>
&#x017F;onen, per&#x017F;önliche Freiheit.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0161] Die Arbeiter haben die ungeheuerſte Macht in Händen, und wenn ſie ihrer einmal recht inne würden und ſie gebrauch¬ ten, ſo widerſtände ihnen nichts: ſie dürften nur die Arbeit einſtellen und das Gearbeitete als das Ihrige anſehen und genießen. Dieß iſt der Sinn der hie und da auftauchenden Arbeiterunruhen. Der Staat beruht auf der — Sklaverei der Arbeit. Wird die Arbeit frei, ſo iſt der Staat verloren. §. 2. Der ſociale Liberalismus. Wir ſind freigeborene Menſchen, und wohin Wir blicken, ſehen Wir Uns zu Dienern von Egoiſten gemacht! Sollen Wir darum auch Egoiſten werden? Bewahre der Himmel, Wir wollen lieber die Egoiſten unmöglich machen! Wir wollen ſie alle zu „Lumpen“ machen, wollen Alle nichts haben, damit „Alle“ haben. — So die Socialen. — Wer iſt dieſe Perſon, die Ihr „Alle“ nennt? — Es iſt die „Geſellſchaft“! — Iſt ſie denn aber leibhaftig? — Wir ſind ihr Leib! — Ihr? Ihr ſeid ja ſelbſt kein Leib; — Du zwar biſt leibhaftig, auch Du und Du, aber Ihr zuſammen ſeid nur Leiber, kein Leib. Mithin hätte die einige Geſellſchaft zwar Leiber zu ihrem Dienſte, aber keinen einigen und eigenen Leib. Sie wird eben, wie die „Nation“ der Politiker, nichts als ein „Geiſt“ ſein, der Leib an ihm nur Schein. Die Freiheit des Menſchen iſt im politiſchen Liberalismus die Freiheit von Perſonen, von perſönlicher Herrſchaft, vom Herrn: Sicherung jeder einzelnen Perſon gegen andere Per¬ ſonen, perſönliche Freiheit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/161
Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/161>, abgerufen am 24.11.2024.