thumslos. Das Eigenthum wird dem Einzelnen entzogen und der gespenstischen Gesellschaft überantwortet. Der humane Liberalismus macht gottlos, atheistisch. Deshalb muß der Gott des Einzelnen, "mein Gott", abgeschafft werden. Nun ist zwar die Herrenlosigkeit zugleich Dienstlosigkeit, Besitzlosig¬ keit zugleich Sorglosigkeit, und Gottlosigkeit zugleich Vorur¬ theilslosigkeit, denn mit dem Herrn fällt der Diener weg, mit dem Besitz die Sorge um ihn, mit dem festgewurzelten Gott das Vorurtheil; da aber der Herr als Staat wieder aufersteht, so erscheint der Diener als Unterthan wieder, da der Besitz zum Eigenthum der Gesellschaft wird, so erzeugt sich die Sorge von neuem als Arbeit, und da der Gott als Mensch zum Vorurtheil wird, so ersteht ein neuer Glaube, der Glaube an die Menschheit oder Freiheit. Für den Gott des Einzelnen ist nun der Gott Aller, nämlich "der Mensch" erhöht worden: "es ist ja Unser Aller Höchstes, Mensch zu sein." Da aber Niemand ganz das werden kann, was die Idee "Mensch" besagt, so bleibt der Mensch dem Einzelnen ein erhabenes Jen¬ seits, ein unerreichtes höchstes Wesen, ein Gott. Zugleich aber ist dies der "wahre Gott", weil er Uns völlig adäquat, nämlich Unser eigenes "Selbst" ist: Wir selbst, aber von Uns getrennt und über Uns erhaben.
Anmerkung.
Vorstehende Beurtheilung der "freien menschlichen Kritik" war, wie auch dasjenige, was anderwärts noch sich aus Schrif¬ ten dieser Richtung bezieht, unmittelbar nach dem Erscheinen
thumslos. Das Eigenthum wird dem Einzelnen entzogen und der geſpenſtiſchen Geſellſchaft überantwortet. Der humane Liberalismus macht gottlos, atheiſtiſch. Deshalb muß der Gott des Einzelnen, „mein Gott“, abgeſchafft werden. Nun iſt zwar die Herrenloſigkeit zugleich Dienſtloſigkeit, Beſitzloſig¬ keit zugleich Sorgloſigkeit, und Gottloſigkeit zugleich Vorur¬ theilsloſigkeit, denn mit dem Herrn fällt der Diener weg, mit dem Beſitz die Sorge um ihn, mit dem feſtgewurzelten Gott das Vorurtheil; da aber der Herr als Staat wieder auferſteht, ſo erſcheint der Diener als Unterthan wieder, da der Beſitz zum Eigenthum der Geſellſchaft wird, ſo erzeugt ſich die Sorge von neuem als Arbeit, und da der Gott als Menſch zum Vorurtheil wird, ſo erſteht ein neuer Glaube, der Glaube an die Menſchheit oder Freiheit. Für den Gott des Einzelnen iſt nun der Gott Aller, nämlich „der Menſch“ erhöht worden: „es iſt ja Unſer Aller Höchſtes, Menſch zu ſein.“ Da aber Niemand ganz das werden kann, was die Idee „Menſch“ beſagt, ſo bleibt der Menſch dem Einzelnen ein erhabenes Jen¬ ſeits, ein unerreichtes höchſtes Weſen, ein Gott. Zugleich aber iſt dies der „wahre Gott“, weil er Uns völlig adäquat, nämlich Unſer eigenes „Selbſt“ iſt: Wir ſelbſt, aber von Uns getrennt und über Uns erhaben.
Anmerkung.
Vorſtehende Beurtheilung der „freien menſchlichen Kritik“ war, wie auch dasjenige, was anderwärts noch ſich aus Schrif¬ ten dieſer Richtung bezieht, unmittelbar nach dem Erſcheinen
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thumslos. Das Eigenthum wird dem Einzelnen entzogen
und der geſpenſtiſchen Geſellſchaft überantwortet. Der humane
Liberalismus macht gottlos, atheiſtiſch. Deshalb muß der
Gott des Einzelnen, „mein Gott“, abgeſchafft werden. Nun
iſt zwar die Herrenloſigkeit zugleich Dienſtloſigkeit, Beſitzloſig¬
keit zugleich Sorgloſigkeit, und Gottloſigkeit zugleich Vorur¬
theilsloſigkeit, denn mit dem Herrn fällt der Diener weg, mit
dem Beſitz die Sorge um ihn, mit dem feſtgewurzelten Gott
das Vorurtheil; da aber der Herr als Staat wieder auferſteht,
ſo erſcheint der Diener als Unterthan wieder, da der Beſitz
zum Eigenthum der Geſellſchaft wird, ſo erzeugt ſich die Sorge
von neuem als Arbeit, und da der Gott als Menſch zum
Vorurtheil wird, ſo erſteht ein neuer Glaube, der Glaube an
die Menſchheit oder Freiheit. Für den Gott des Einzelnen
iſt nun der Gott Aller, nämlich „der Menſch“ erhöht worden:
„es iſt ja Unſer Aller Höchſtes, Menſch zu ſein.“ Da aber
Niemand ganz das werden kann, was die Idee „Menſch“
beſagt, ſo bleibt der Menſch dem Einzelnen ein erhabenes Jen¬
ſeits, ein unerreichtes höchſtes Weſen, ein Gott. Zugleich
aber iſt dies der „wahre Gott“, weil er Uns völlig adäquat,
nämlich Unſer eigenes „Selbſt“ iſt: Wir ſelbſt, aber von
Uns getrennt und über Uns erhaben.
Anmerkung.
Vorſtehende Beurtheilung der „freien menſchlichen Kritik“
war, wie auch dasjenige, was anderwärts noch ſich aus Schrif¬
ten dieſer Richtung bezieht, unmittelbar nach dem Erſcheinen
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/198>, abgerufen am 23.11.2024.
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