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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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er werde erst ein rechtes Ich, ein rechter Kerl sein, wenn er
ein Mann geworden; der Mann denkt, erst jenseits werde er
etwas Rechtes sein. Und, daß Wir gleich näher auf die
Wirklichkeit eingehen, auch die Besten reden's heute noch ein¬
ander vor, daß man den Staat, sein Volk, die Menschheit und
was weiß Ich Alles in sich aufgenommen haben müsse, um
ein wirkliches Ich, ein "freier Bürger", ein "Staatsbürger",
ein "freier oder wahrer Mensch" zu sein; auch sie sehen die
Wahrheit und Wirklichkeit Meiner in der Aufnahme eines
fremden Ich's und der Hingebung an dasselbe. Und was
für eines Ich's? Eines Ich's, das weder ein Ich noch ein
Du ist, eines eingebildeten Ich's, eines Spuks.

Während im Mittelalter die Kirche es wohl vertragen
konnte, daß vielerlei Staaten in ihr vereinigt lebten, so lernten
die Staaten nach der Reformation, besonders nach dem drei¬
ßigjährigen Kriege, es toleriren, daß vielerlei Kirchen (Con¬
fessionen) sich unter Einer Krone sammelten. Alle Staaten
sind aber religiöse und respective "christliche Staaten", und
setzen ihre Aufgabe darin, die Unbändigen, die "Egoisten",
unter das Band der Unnatur zu zwingen, d. i. sie zu christia¬
nisiren. Alle Anstalten des christlichen Staates haben den
Zweck der Christianisirung des Volkes. So hat das
Gericht den Zweck, die Leute zur Gerechtigkeit zu zwingen, die
Schule den, zur Geistesbildung zu zwingen, kurz den Zweck,
den christlich Handelnden gegen den unchristlich Handelnden
zu schützen, das christliche Handeln zur Herrschaft zu brin¬
gen, mächtig zu machen. Zu diesen Zwangsmitteln rechnete
der Staat auch die Kirche, er verlangte eine -- bestimmte
Religion von Jedem. Dupin sagte jüngst gegen die Geistlich¬
keit: "Unterricht und Erziehung gehören dem Staate".

er werde erſt ein rechtes Ich, ein rechter Kerl ſein, wenn er
ein Mann geworden; der Mann denkt, erſt jenſeits werde er
etwas Rechtes ſein. Und, daß Wir gleich näher auf die
Wirklichkeit eingehen, auch die Beſten reden's heute noch ein¬
ander vor, daß man den Staat, ſein Volk, die Menſchheit und
was weiß Ich Alles in ſich aufgenommen haben müſſe, um
ein wirkliches Ich, ein „freier Bürger“, ein „Staatsbürger“,
ein „freier oder wahrer Menſch“ zu ſein; auch ſie ſehen die
Wahrheit und Wirklichkeit Meiner in der Aufnahme eines
fremden Ich's und der Hingebung an daſſelbe. Und was
für eines Ich's? Eines Ich's, das weder ein Ich noch ein
Du iſt, eines eingebildeten Ich's, eines Spuks.

Während im Mittelalter die Kirche es wohl vertragen
konnte, daß vielerlei Staaten in ihr vereinigt lebten, ſo lernten
die Staaten nach der Reformation, beſonders nach dem drei¬
ßigjährigen Kriege, es toleriren, daß vielerlei Kirchen (Con¬
feſſionen) ſich unter Einer Krone ſammelten. Alle Staaten
ſind aber religiöſe und reſpective „chriſtliche Staaten“, und
ſetzen ihre Aufgabe darin, die Unbändigen, die „Egoiſten“,
unter das Band der Unnatur zu zwingen, d. i. ſie zu chriſtia¬
niſiren. Alle Anſtalten des chriſtlichen Staates haben den
Zweck der Chriſtianiſirung des Volkes. So hat das
Gericht den Zweck, die Leute zur Gerechtigkeit zu zwingen, die
Schule den, zur Geiſtesbildung zu zwingen, kurz den Zweck,
den chriſtlich Handelnden gegen den unchriſtlich Handelnden
zu ſchützen, das chriſtliche Handeln zur Herrſchaft zu brin¬
gen, mächtig zu machen. Zu dieſen Zwangsmitteln rechnete
der Staat auch die Kirche, er verlangte eine — beſtimmte
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[296/0304] er werde erſt ein rechtes Ich, ein rechter Kerl ſein, wenn er ein Mann geworden; der Mann denkt, erſt jenſeits werde er etwas Rechtes ſein. Und, daß Wir gleich näher auf die Wirklichkeit eingehen, auch die Beſten reden's heute noch ein¬ ander vor, daß man den Staat, ſein Volk, die Menſchheit und was weiß Ich Alles in ſich aufgenommen haben müſſe, um ein wirkliches Ich, ein „freier Bürger“, ein „Staatsbürger“, ein „freier oder wahrer Menſch“ zu ſein; auch ſie ſehen die Wahrheit und Wirklichkeit Meiner in der Aufnahme eines fremden Ich's und der Hingebung an daſſelbe. Und was für eines Ich's? Eines Ich's, das weder ein Ich noch ein Du iſt, eines eingebildeten Ich's, eines Spuks. Während im Mittelalter die Kirche es wohl vertragen konnte, daß vielerlei Staaten in ihr vereinigt lebten, ſo lernten die Staaten nach der Reformation, beſonders nach dem drei¬ ßigjährigen Kriege, es toleriren, daß vielerlei Kirchen (Con¬ feſſionen) ſich unter Einer Krone ſammelten. Alle Staaten ſind aber religiöſe und reſpective „chriſtliche Staaten“, und ſetzen ihre Aufgabe darin, die Unbändigen, die „Egoiſten“, unter das Band der Unnatur zu zwingen, d. i. ſie zu chriſtia¬ niſiren. Alle Anſtalten des chriſtlichen Staates haben den Zweck der Chriſtianiſirung des Volkes. So hat das Gericht den Zweck, die Leute zur Gerechtigkeit zu zwingen, die Schule den, zur Geiſtesbildung zu zwingen, kurz den Zweck, den chriſtlich Handelnden gegen den unchriſtlich Handelnden zu ſchützen, das chriſtliche Handeln zur Herrſchaft zu brin¬ gen, mächtig zu machen. Zu dieſen Zwangsmitteln rechnete der Staat auch die Kirche, er verlangte eine — beſtimmte Religion von Jedem. Dupin ſagte jüngſt gegen die Geiſtlich¬ keit: „Unterricht und Erziehung gehören dem Staate“.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/304>, abgerufen am 24.11.2024.