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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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dem Volke, und ihm mit Recht. Denn das Volk hat so wenig
ein Ich, als die elf Planeten zusammengerechnet ein Ich haben,
obwohl sie sich um einen gemeinsamen Mittelpunkt wälzen.

Bezeichnend ist die Aeußerung Bailly's für die Sklaven¬
gesinnung, welche man vor dem souverainen Volke, wie vor
dem Fürsten hat. "Ich habe, sagt er, keine Extravernunft
mehr, wenn die allgemeine Vernunft sich ausgesprochen. Mein
erstes Gesetz war der Wille der Nation: sobald sie sich ver¬
sammelt hatte, habe ich nichts weiter gekannt, als ihren sou¬
verainen Willen." Er will keine "Extravernunft" haben, und
doch leistet allein diese Extravernunft Alles. Ebenso eifert
Mirabeau in den Worten: "Keine Macht auf Erden hat das
Recht, zu den Repräsentanten der Nation zu sagen: Ich will!"

Wie bei den Griechen möchte man den Menschen jetzt
zu einem zoon politicon machen, einem Staatsbürger oder
politischen Menschen. So galt er lange Zeit als "Him¬
melsbürger". Der Grieche wurde aber mit seinem Staate
zugleich entwürdigt, der Himmelsbürger wird es mit dem Him¬
mel; Wir hingegen wollen nicht mit dem Volke, der Nation
und Nationalität zugleich untergehen, wollen nicht bloß poli¬
tische
Menschen oder Politiker sein. "Volksbeglückung" strebt
man seit der Revolution an, und indem man das Volk glück¬
lich, groß u. dergl. macht, macht man Uns unglücklich: Volks¬
glück ist -- mein Unglück.

Welch' leeres Gerede die politischen Liberalen mit empha¬
tischem Anstande machen, das sieht man wieder recht in Nau¬
werk's "Ueber die Theilnahme am Staate". Da wird über
die Gleichgültigen und Theilnahmlosen geklagt, die nicht im
vollen Sinne Staatsbürger seien, und der Verfasser spricht so,
als könne man gar nicht Mensch sein, wenn man sich nicht

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dem Volke, und ihm mit Recht. Denn das Volk hat ſo wenig
ein Ich, als die elf Planeten zuſammengerechnet ein Ich haben,
obwohl ſie ſich um einen gemeinſamen Mittelpunkt wälzen.

Bezeichnend iſt die Aeußerung Bailly's für die Sklaven¬
geſinnung, welche man vor dem ſouverainen Volke, wie vor
dem Fürſten hat. „Ich habe, ſagt er, keine Extravernunft
mehr, wenn die allgemeine Vernunft ſich ausgeſprochen. Mein
erſtes Geſetz war der Wille der Nation: ſobald ſie ſich ver¬
ſammelt hatte, habe ich nichts weiter gekannt, als ihren ſou¬
verainen Willen.“ Er will keine „Extravernunft“ haben, und
doch leiſtet allein dieſe Extravernunft Alles. Ebenſo eifert
Mirabeau in den Worten: „Keine Macht auf Erden hat das
Recht, zu den Repräſentanten der Nation zu ſagen: Ich will!“

Wie bei den Griechen möchte man den Menſchen jetzt
zu einem zoon politicon machen, einem Staatsbürger oder
politiſchen Menſchen. So galt er lange Zeit als „Him¬
melsbürger“. Der Grieche wurde aber mit ſeinem Staate
zugleich entwürdigt, der Himmelsbürger wird es mit dem Him¬
mel; Wir hingegen wollen nicht mit dem Volke, der Nation
und Nationalität zugleich untergehen, wollen nicht bloß poli¬
tiſche
Menſchen oder Politiker ſein. „Volksbeglückung“ ſtrebt
man ſeit der Revolution an, und indem man das Volk glück¬
lich, groß u. dergl. macht, macht man Uns unglücklich: Volks¬
glück iſt — mein Unglück.

Welch' leeres Gerede die politiſchen Liberalen mit empha¬
tiſchem Anſtande machen, das ſieht man wieder recht in Nau¬
werk's „Ueber die Theilnahme am Staate“. Da wird über
die Gleichgültigen und Theilnahmloſen geklagt, die nicht im
vollen Sinne Staatsbürger ſeien, und der Verfaſſer ſpricht ſo,
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[307/0315] dem Volke, und ihm mit Recht. Denn das Volk hat ſo wenig ein Ich, als die elf Planeten zuſammengerechnet ein Ich haben, obwohl ſie ſich um einen gemeinſamen Mittelpunkt wälzen. Bezeichnend iſt die Aeußerung Bailly's für die Sklaven¬ geſinnung, welche man vor dem ſouverainen Volke, wie vor dem Fürſten hat. „Ich habe, ſagt er, keine Extravernunft mehr, wenn die allgemeine Vernunft ſich ausgeſprochen. Mein erſtes Geſetz war der Wille der Nation: ſobald ſie ſich ver¬ ſammelt hatte, habe ich nichts weiter gekannt, als ihren ſou¬ verainen Willen.“ Er will keine „Extravernunft“ haben, und doch leiſtet allein dieſe Extravernunft Alles. Ebenſo eifert Mirabeau in den Worten: „Keine Macht auf Erden hat das Recht, zu den Repräſentanten der Nation zu ſagen: Ich will!“ Wie bei den Griechen möchte man den Menſchen jetzt zu einem zoon politicon machen, einem Staatsbürger oder politiſchen Menſchen. So galt er lange Zeit als „Him¬ melsbürger“. Der Grieche wurde aber mit ſeinem Staate zugleich entwürdigt, der Himmelsbürger wird es mit dem Him¬ mel; Wir hingegen wollen nicht mit dem Volke, der Nation und Nationalität zugleich untergehen, wollen nicht bloß poli¬ tiſche Menſchen oder Politiker ſein. „Volksbeglückung“ ſtrebt man ſeit der Revolution an, und indem man das Volk glück¬ lich, groß u. dergl. macht, macht man Uns unglücklich: Volks¬ glück iſt — mein Unglück. Welch' leeres Gerede die politiſchen Liberalen mit empha¬ tiſchem Anſtande machen, das ſieht man wieder recht in Nau¬ werk's „Ueber die Theilnahme am Staate“. Da wird über die Gleichgültigen und Theilnahmloſen geklagt, die nicht im vollen Sinne Staatsbürger ſeien, und der Verfaſſer ſpricht ſo, als könne man gar nicht Menſch ſein, wenn man ſich nicht 20*

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/315>, abgerufen am 27.11.2024.