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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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nerin und Herrin. Hast Du Körperstärke, so kannst Du sie
geeigneten Ortes anwenden und auf sie ein Selbstgefühl oder
Stolz haben; hat hingegen dein starker Körper Dich, so juckt er
Dich überall und am ungeeignetsten Orte, seine Stärke zu zeigen:
Du kannst Keinem die Hand geben, ohne sie ihm zu drücken.

Die Einsicht, daß man mehr als Familienglied, mehr als
Stammesgenosse, mehr als Volksindividuum u. s. w. sei, hat
endlich dahin geführt zu sagen: man ist mehr als alles dieß,
weil man Mensch ist, oder: der Mensch ist mehr als der Jude,
Deutsche u. s. w. "Darum sei Jeder ganz und allein --
Mensch!" Konnte man nicht lieber sagen: Weil Wir mehr
als das Angegebene sind, darum wollen Wir sowohl dieß als
auch jenes "mehr" sein? Also Mensch und Deutscher, Mensch
und ein Welfe u. s. w.? Die Nationalen haben Recht; man
kann seine Nationalität nicht verleugnen, und die Humanen
haben Recht: man muß nicht in der Bornirtheit des Natio¬
nalen bleiben. In der Einzigkeit löst sich der Widerspruch:
das Nationale ist meine Eigenschaft. Ich aber gehe nicht in
meiner Eigenschaft auf, wie auch das Menschliche meine Ei¬
genschaft ist, Ich aber dem Menschen erst durch meine Einzig¬
keit Existenz gebe.

Die Geschichte sucht den Menschen: er ist aber Ich, Du,
Wir. Gesucht als ein mysteriöses Wesen, als das Göttliche,
erst als der Gott, dann als der Mensch (die Menschlich¬
keit, Humanität und Menschheit), wird er gefunden als der
Einzelne, der Endliche, der Einzige.

Ich bin Eigner der Menschheit, bin die Menschheit und
thue nichts für das Wohl einer andern Menschheit. Thor,
der Du eine einzige Menschheit bist, daß Du Dich aufspreizest,
für eine andere, als Du selbst bist, leben zu wollen.

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nerin und Herrin. Haſt Du Körperſtärke, ſo kannſt Du ſie
geeigneten Ortes anwenden und auf ſie ein Selbſtgefühl oder
Stolz haben; hat hingegen dein ſtarker Körper Dich, ſo juckt er
Dich überall und am ungeeignetſten Orte, ſeine Stärke zu zeigen:
Du kannſt Keinem die Hand geben, ohne ſie ihm zu drücken.

Die Einſicht, daß man mehr als Familienglied, mehr als
Stammesgenoſſe, mehr als Volksindividuum u. ſ. w. ſei, hat
endlich dahin geführt zu ſagen: man iſt mehr als alles dieß,
weil man Menſch iſt, oder: der Menſch iſt mehr als der Jude,
Deutſche u. ſ. w. „Darum ſei Jeder ganz und allein —
Menſch!“ Konnte man nicht lieber ſagen: Weil Wir mehr
als das Angegebene ſind, darum wollen Wir ſowohl dieß als
auch jenes „mehr“ ſein? Alſo Menſch und Deutſcher, Menſch
und ein Welfe u. ſ. w.? Die Nationalen haben Recht; man
kann ſeine Nationalität nicht verleugnen, und die Humanen
haben Recht: man muß nicht in der Bornirtheit des Natio¬
nalen bleiben. In der Einzigkeit löſt ſich der Widerſpruch:
das Nationale iſt meine Eigenſchaft. Ich aber gehe nicht in
meiner Eigenſchaft auf, wie auch das Menſchliche meine Ei¬
genſchaft iſt, Ich aber dem Menſchen erſt durch meine Einzig¬
keit Exiſtenz gebe.

Die Geſchichte ſucht den Menſchen: er iſt aber Ich, Du,
Wir. Geſucht als ein myſteriöſes Weſen, als das Göttliche,
erſt als der Gott, dann als der Menſch (die Menſchlich¬
keit, Humanität und Menſchheit), wird er gefunden als der
Einzelne, der Endliche, der Einzige.

Ich bin Eigner der Menſchheit, bin die Menſchheit und
thue nichts für das Wohl einer andern Menſchheit. Thor,
der Du eine einzige Menſchheit biſt, daß Du Dich aufſpreizeſt,
für eine andere, als Du ſelbſt biſt, leben zu wollen.

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[323/0331] nerin und Herrin. Haſt Du Körperſtärke, ſo kannſt Du ſie geeigneten Ortes anwenden und auf ſie ein Selbſtgefühl oder Stolz haben; hat hingegen dein ſtarker Körper Dich, ſo juckt er Dich überall und am ungeeignetſten Orte, ſeine Stärke zu zeigen: Du kannſt Keinem die Hand geben, ohne ſie ihm zu drücken. Die Einſicht, daß man mehr als Familienglied, mehr als Stammesgenoſſe, mehr als Volksindividuum u. ſ. w. ſei, hat endlich dahin geführt zu ſagen: man iſt mehr als alles dieß, weil man Menſch iſt, oder: der Menſch iſt mehr als der Jude, Deutſche u. ſ. w. „Darum ſei Jeder ganz und allein — Menſch!“ Konnte man nicht lieber ſagen: Weil Wir mehr als das Angegebene ſind, darum wollen Wir ſowohl dieß als auch jenes „mehr“ ſein? Alſo Menſch und Deutſcher, Menſch und ein Welfe u. ſ. w.? Die Nationalen haben Recht; man kann ſeine Nationalität nicht verleugnen, und die Humanen haben Recht: man muß nicht in der Bornirtheit des Natio¬ nalen bleiben. In der Einzigkeit löſt ſich der Widerſpruch: das Nationale iſt meine Eigenſchaft. Ich aber gehe nicht in meiner Eigenſchaft auf, wie auch das Menſchliche meine Ei¬ genſchaft iſt, Ich aber dem Menſchen erſt durch meine Einzig¬ keit Exiſtenz gebe. Die Geſchichte ſucht den Menſchen: er iſt aber Ich, Du, Wir. Geſucht als ein myſteriöſes Weſen, als das Göttliche, erſt als der Gott, dann als der Menſch (die Menſchlich¬ keit, Humanität und Menſchheit), wird er gefunden als der Einzelne, der Endliche, der Einzige. Ich bin Eigner der Menſchheit, bin die Menſchheit und thue nichts für das Wohl einer andern Menſchheit. Thor, der Du eine einzige Menſchheit biſt, daß Du Dich aufſpreizeſt, für eine andere, als Du ſelbſt biſt, leben zu wollen. 21 *

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/331>, abgerufen am 25.11.2024.