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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Es ist Keiner für Mich eine Respectsperson, auch der Mit¬
mensch nicht, sondern lediglich wie andere Wesen ein Gegen¬
stand
, für den Ich Theilnahme habe oder auch nicht, ein in¬
teressanter oder uninteressanter Gegenstand, ein brauchbares oder
unbrauchbares Subject.

Und wenn Ich ihn gebrauchen kann, so verständige Ich
wohl und einige Mich mit ihm, um durch die Uebereinkunft
meine Macht zu verstärken und durch gemeinsame Gewalt
mehr zu leisten, als die einzelne bewirken könnte. In dieser
Gemeinsamkeit sehe Ich durchaus nichts anderes, als eine
Multiplication meiner Kraft, und nur so lange sie meine
vervielfachte Kraft ist, behalte Ich sie bei. So aber ist sie ein
-- Verein.

Den Verein hält weder ein natürliches noch ein geistiges
Band zusammen, und er ist kein natürlicher, kein geistiger Bund.
Nicht Ein Blut, nicht Ein Glaube (d.h. Geist) bringt ihn
zu Stande. In einem natürlichen Bunde, -- wie einer Fa¬
milie, einem Stamme, einer Nation, ja der Menschheit -- ha¬
ben die Einzelnen nur den Werth von Exemplaren dersel¬
ben Art oder Gattung; in einem geistigen Bunde -- wie ei¬
ner Gemeinde, einer Kirche -- bedeutet der Einzelne nur ein
Glied desselbigen Geistes; was Du in beiden Fällen als
Einziger bist, das muß -- unterdrückt werden. Als Einzigen
kannst Du Dich bloß im Vereine behaupten, weil der Ver¬
ein nicht Dich besitzt, sondern Du ihn besitzest oder Dir zu
Nutze machst.

Im Vereine, und nur im Vereine, wird das Eigenthum
anerkannt, weil man das Seine von keinem Wesen mehr zu
Lehen trägt. Die Communisten führen nur consequent weiter,
was während der religiösen Entwicklung und namentlich im

Es iſt Keiner für Mich eine Reſpectsperſon, auch der Mit¬
menſch nicht, ſondern lediglich wie andere Weſen ein Gegen¬
ſtand
, für den Ich Theilnahme habe oder auch nicht, ein in¬
tereſſanter oder unintereſſanter Gegenſtand, ein brauchbares oder
unbrauchbares Subject.

Und wenn Ich ihn gebrauchen kann, ſo verſtändige Ich
wohl und einige Mich mit ihm, um durch die Uebereinkunft
meine Macht zu verſtärken und durch gemeinſame Gewalt
mehr zu leiſten, als die einzelne bewirken könnte. In dieſer
Gemeinſamkeit ſehe Ich durchaus nichts anderes, als eine
Multiplication meiner Kraft, und nur ſo lange ſie meine
vervielfachte Kraft iſt, behalte Ich ſie bei. So aber iſt ſie ein
— Verein.

Den Verein hält weder ein natürliches noch ein geiſtiges
Band zuſammen, und er iſt kein natürlicher, kein geiſtiger Bund.
Nicht Ein Blut, nicht Ein Glaube (d.h. Geiſt) bringt ihn
zu Stande. In einem natürlichen Bunde, — wie einer Fa¬
milie, einem Stamme, einer Nation, ja der Menſchheit — ha¬
ben die Einzelnen nur den Werth von Exemplaren derſel¬
ben Art oder Gattung; in einem geiſtigen Bunde — wie ei¬
ner Gemeinde, einer Kirche — bedeutet der Einzelne nur ein
Glied deſſelbigen Geiſtes; was Du in beiden Fällen als
Einziger biſt, das muß — unterdrückt werden. Als Einzigen
kannſt Du Dich bloß im Vereine behaupten, weil der Ver¬
ein nicht Dich beſitzt, ſondern Du ihn beſitzeſt oder Dir zu
Nutze machſt.

Im Vereine, und nur im Vereine, wird das Eigenthum
anerkannt, weil man das Seine von keinem Weſen mehr zu
Lehen trägt. Die Communiſten führen nur conſequent weiter,
was während der religiöſen Entwicklung und namentlich im

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[416/0424] Es iſt Keiner für Mich eine Reſpectsperſon, auch der Mit¬ menſch nicht, ſondern lediglich wie andere Weſen ein Gegen¬ ſtand, für den Ich Theilnahme habe oder auch nicht, ein in¬ tereſſanter oder unintereſſanter Gegenſtand, ein brauchbares oder unbrauchbares Subject. Und wenn Ich ihn gebrauchen kann, ſo verſtändige Ich wohl und einige Mich mit ihm, um durch die Uebereinkunft meine Macht zu verſtärken und durch gemeinſame Gewalt mehr zu leiſten, als die einzelne bewirken könnte. In dieſer Gemeinſamkeit ſehe Ich durchaus nichts anderes, als eine Multiplication meiner Kraft, und nur ſo lange ſie meine vervielfachte Kraft iſt, behalte Ich ſie bei. So aber iſt ſie ein — Verein. Den Verein hält weder ein natürliches noch ein geiſtiges Band zuſammen, und er iſt kein natürlicher, kein geiſtiger Bund. Nicht Ein Blut, nicht Ein Glaube (d.h. Geiſt) bringt ihn zu Stande. In einem natürlichen Bunde, — wie einer Fa¬ milie, einem Stamme, einer Nation, ja der Menſchheit — ha¬ ben die Einzelnen nur den Werth von Exemplaren derſel¬ ben Art oder Gattung; in einem geiſtigen Bunde — wie ei¬ ner Gemeinde, einer Kirche — bedeutet der Einzelne nur ein Glied deſſelbigen Geiſtes; was Du in beiden Fällen als Einziger biſt, das muß — unterdrückt werden. Als Einzigen kannſt Du Dich bloß im Vereine behaupten, weil der Ver¬ ein nicht Dich beſitzt, ſondern Du ihn beſitzeſt oder Dir zu Nutze machſt. Im Vereine, und nur im Vereine, wird das Eigenthum anerkannt, weil man das Seine von keinem Weſen mehr zu Lehen trägt. Die Communiſten führen nur conſequent weiter, was während der religiöſen Entwicklung und namentlich im

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/424>, abgerufen am 26.11.2024.