Vorchristliche und christliche Zeit verfolgen ein entgegen¬ gesetztes Ziel; jene will das Reale idealisiren, diese das Ideale realisiren, jene sucht den "heiligen Geist", diese den "verklär¬ ten Leib". Daher schließt jene mit der Unempfindlichkeit ge¬ gen das Reale, mit der "Weltverachtung"; diese wird mit der Abwerfung des Idealen, mit der "Geistesverachtung" enden.
Der Gegensatz des Realen und Idealen ist ein unversöhn¬ licher, und es kann das eine niemals das andere werden: würde das Ideale zum Realen, so wäre es eben nicht mehr das Ideale, und würde das Reale zum Idealen, so wäre allein das Ideale, das Reale aber gar nicht. Der Gegensatz beider ist nicht anders zu überwinden, als wenn man beide ver¬ nichtet. Nur in diesem "man", dem Dritten, findet der Ge¬ gensatz sein Ende; sonst aber decken Idee und Realität sich nimmermehr. Die Idee kann nicht so realisirt werden, daß sie Idee bliebe, sondern nur, wenn sie als Idee stirbt, und ebenso verhält es sich mit dem Realen.
III. Der Einzige.
Vorchriſtliche und chriſtliche Zeit verfolgen ein entgegen¬ geſetztes Ziel; jene will das Reale idealiſiren, dieſe das Ideale realiſiren, jene ſucht den „heiligen Geiſt“, dieſe den „verklär¬ ten Leib“. Daher ſchließt jene mit der Unempfindlichkeit ge¬ gen das Reale, mit der „Weltverachtung“; dieſe wird mit der Abwerfung des Idealen, mit der „Geiſtesverachtung“ enden.
Der Gegenſatz des Realen und Idealen iſt ein unverſöhn¬ licher, und es kann das eine niemals das andere werden: würde das Ideale zum Realen, ſo wäre es eben nicht mehr das Ideale, und würde das Reale zum Idealen, ſo wäre allein das Ideale, das Reale aber gar nicht. Der Gegenſatz beider iſt nicht anders zu überwinden, als wenn man beide ver¬ nichtet. Nur in dieſem „man“, dem Dritten, findet der Ge¬ genſatz ſein Ende; ſonſt aber decken Idee und Realität ſich nimmermehr. Die Idee kann nicht ſo realiſirt werden, daß ſie Idee bliebe, ſondern nur, wenn ſie als Idee ſtirbt, und ebenſo verhält es ſich mit dem Realen.
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III.
Der Einzige.
Vorchriſtliche und chriſtliche Zeit verfolgen ein entgegen¬
geſetztes Ziel; jene will das Reale idealiſiren, dieſe das Ideale
realiſiren, jene ſucht den „heiligen Geiſt“, dieſe den „verklär¬
ten Leib“. Daher ſchließt jene mit der Unempfindlichkeit ge¬
gen das Reale, mit der „Weltverachtung“; dieſe wird mit der
Abwerfung des Idealen, mit der „Geiſtesverachtung“ enden.
Der Gegenſatz des Realen und Idealen iſt ein unverſöhn¬
licher, und es kann das eine niemals das andere werden:
würde das Ideale zum Realen, ſo wäre es eben nicht mehr
das Ideale, und würde das Reale zum Idealen, ſo wäre allein
das Ideale, das Reale aber gar nicht. Der Gegenſatz beider
iſt nicht anders zu überwinden, als wenn man beide ver¬
nichtet. Nur in dieſem „man“, dem Dritten, findet der Ge¬
genſatz ſein Ende; ſonſt aber decken Idee und Realität ſich
nimmermehr. Die Idee kann nicht ſo realiſirt werden, daß
ſie Idee bliebe, ſondern nur, wenn ſie als Idee ſtirbt, und
ebenſo verhält es ſich mit dem Realen.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. [485]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/493>, abgerufen am 23.11.2024.
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