Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.jedoch immer sehr einfach und nur summarisch verlangt wurde, jedoch immer ſehr einfach und nur ſummariſch verlangt wurde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> jedoch immer ſehr einfach und nur ſummariſch verlangt wurde,<lb/> jedoch waren ſie ſowohl der Brüderſchaft als der Meiſterſchaft<lb/> dafür verantwortlich. Sie hatten für die Unterbringung der<lb/> Kranken zu ſorgen, wenn dieſe nicht in den Wohnungen der<lb/> Meiſter verpflegt werden konnten; jeden Sonntag mußten ſie ſich<lb/> nach ihrem Zuſtand erkundigen und die etwa nöthigen Vorſchüſſe<lb/> zu ihrer Verpflegung, mit Vorwiſſen des Geſellenvaters oder Bei-<lb/> ſitzers, aus der Lade entnehmen. Die Altgeſellen nahmen ſich<lb/> der auf irgend eine Art bedrängten Mitglieder an, ſprachen für<lb/> ſie und waren befugt, kleine Streitigkeiten zwiſchen Meiſter und<lb/> Geſellen, oder dieſen unter ſich, beſonders auf den Herbergen<lb/> auszugleichen. In dieſer ſchiedsmänniſchen Eigenſchaft gewähr-<lb/> ten ſie in den Zeiten, wo die niedere Polizey faſt gänzlich in<lb/> den Händen der Corporationen lag, den fremden Geſellen einen<lb/> kräftigen Anhalt; in Streit- und Straffällen entſchied die ganze<lb/> Geſellſchaft und die Altgeſellen waren nur das Organ derſelben.<lb/> Es gehörte zur Uebernahme dieſes Amts allerdings ein guter,<lb/> durch Erfahrung gebildeter Verſtand, rechtſchaffener und feſter<lb/> Charakter, vorzügliche Geſchicklichkeit im Handwerk, damit der<lb/> Inhaber nicht leicht von andern, beſonders ſeinen Mitarbeitern<lb/> in der Werkſtatt, überſehen werden konnte. Zu beklagen iſt<lb/> freilich, daß in neuerer Zeit die Wahl nicht immer in dieſem<lb/> Sinne ausfiel, vielmehr wählten die jungen Leute gewöhnlich<lb/> ſolche Geſellen, welche nach ihrer Meinung recht kräftig auf<lb/> Handwerksgewohnheit hielten, aber oft arge Rabuliſten waren,<lb/> dies iſt eine der vorzüglichſten Schattenſeiten des Geſellenver-<lb/> bandes. Die Dauer dieſes Amtes war in der Regel von einer<lb/> Zuſammenkunft (Auflage) zur andern feſtgeſetzt; es finden ſich<lb/> aber Vorſchriften, wonach ein Vierteljahr, auch ein halbes Jahr<lb/> beſtimmt wird, auch ſollte es unentgeltlich verwaltet werden,<lb/> indeß kommen bei einigen Gewerken doch Renumerationen vor,<lb/> z. B. Befreiung von den gewöhnlichen Geſellenbeiträgen, freie<lb/> Zeche am Tage der Auflage ꝛc. Zu ihren Pflichten gehörte fer-<lb/> ner, daß ſie ſich am Sonntage wenigſtens einige Stunden auf<lb/> der Herberge aufhielten, auch ſollten ſie an dieſem Tage bei dem<lb/> Geſellenvater Rückfrage halten, ob er etwas die Geſellſchaft Be-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
jedoch immer ſehr einfach und nur ſummariſch verlangt wurde,
jedoch waren ſie ſowohl der Brüderſchaft als der Meiſterſchaft
dafür verantwortlich. Sie hatten für die Unterbringung der
Kranken zu ſorgen, wenn dieſe nicht in den Wohnungen der
Meiſter verpflegt werden konnten; jeden Sonntag mußten ſie ſich
nach ihrem Zuſtand erkundigen und die etwa nöthigen Vorſchüſſe
zu ihrer Verpflegung, mit Vorwiſſen des Geſellenvaters oder Bei-
ſitzers, aus der Lade entnehmen. Die Altgeſellen nahmen ſich
der auf irgend eine Art bedrängten Mitglieder an, ſprachen für
ſie und waren befugt, kleine Streitigkeiten zwiſchen Meiſter und
Geſellen, oder dieſen unter ſich, beſonders auf den Herbergen
auszugleichen. In dieſer ſchiedsmänniſchen Eigenſchaft gewähr-
ten ſie in den Zeiten, wo die niedere Polizey faſt gänzlich in
den Händen der Corporationen lag, den fremden Geſellen einen
kräftigen Anhalt; in Streit- und Straffällen entſchied die ganze
Geſellſchaft und die Altgeſellen waren nur das Organ derſelben.
Es gehörte zur Uebernahme dieſes Amts allerdings ein guter,
durch Erfahrung gebildeter Verſtand, rechtſchaffener und feſter
Charakter, vorzügliche Geſchicklichkeit im Handwerk, damit der
Inhaber nicht leicht von andern, beſonders ſeinen Mitarbeitern
in der Werkſtatt, überſehen werden konnte. Zu beklagen iſt
freilich, daß in neuerer Zeit die Wahl nicht immer in dieſem
Sinne ausfiel, vielmehr wählten die jungen Leute gewöhnlich
ſolche Geſellen, welche nach ihrer Meinung recht kräftig auf
Handwerksgewohnheit hielten, aber oft arge Rabuliſten waren,
dies iſt eine der vorzüglichſten Schattenſeiten des Geſellenver-
bandes. Die Dauer dieſes Amtes war in der Regel von einer
Zuſammenkunft (Auflage) zur andern feſtgeſetzt; es finden ſich
aber Vorſchriften, wonach ein Vierteljahr, auch ein halbes Jahr
beſtimmt wird, auch ſollte es unentgeltlich verwaltet werden,
indeß kommen bei einigen Gewerken doch Renumerationen vor,
z. B. Befreiung von den gewöhnlichen Geſellenbeiträgen, freie
Zeche am Tage der Auflage ꝛc. Zu ihren Pflichten gehörte fer-
ner, daß ſie ſich am Sonntage wenigſtens einige Stunden auf
der Herberge aufhielten, auch ſollten ſie an dieſem Tage bei dem
Geſellenvater Rückfrage halten, ob er etwas die Geſellſchaft Be-
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