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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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*) Nach der gewöhnlichen Meinung der Bürger ist ein ge-
schenktes
Handwerk ein solches, wo den reisenden Gesellen
eine festgesetzte Unterstützung, ein Geschenk gereicht wird, bei
welchem dies nicht geschieht, ein ungeschenktes. Diese Be-
zeichnung ist aber uneigentlich und verdunkelt die Entstehung und
neueste Bedeutung des wirklichen Geschenks (Viaticum). Alle
frohen Gelage, besonders die, womit die amtlichen Zusammen-
künfte der Gilden und Innungen beschlossen wurden, nannten sie
Schenke, Schenke halten. Das sichtbare Symbol des
gildischen oder Innungs-Verbandes und der eröffneten Schenke,
war ein aufgestellter schön verzierter Pokal, der Willkommen,
welcher auch zuweilen das Geschenk genannt wird. Das Recht
oder die Erlaubniß der Handwerker, unter sich Corporationen zu
bilden, blieb schon an sich Jahrhunderte hindurch ein Vorzug
großer Städte; wenn es nun auch denen in kleinern Städten
gestattet wurde, so erhielten sie damit noch nicht die Erlaubniß,
ein Geschenk oder Willkommen zu halten, oder ihre Verbindung
ein geschenktes Handwerk zu nennen, wodurch sie sich den ältern
höher stehenden Gilden genähert hätten, vielmehr war dazu die
ausdrückliche Genehmigung der Landesbehörde oder doch des
Stadtmagistrats erforderlich. Beweise dafür liefern zwei Urkun-
den, nehmlich die Ordnung des Magistrats zu Münster für die
Kleinschnitzler (Tischler) vom 9ten März 1607 und die Stiftung
eines Willkommens bei dem Töpfergewerk zu Aschersleben vom
21sten Juni 1661. **) Jedenfalls war das Vorhandenseyn des

*) Was hier folgt, mit Einschluß der Urkunde, ist zwar schon in v.
Ledeburs Archiv abgedruckt, da es jedoch die Gesellenbrüderschaften
ebenfalls angeht, jene Zeitschrift auch nicht immer sogleich zur Hand
seyn möchte, so wird es als auch hierher gehörig wieder gegeben.
**) Als wir Bürgermeister und Rath der Stadt Münster allhie in West-
phalen von den Verwesern des Kleinschnitzler- oder Tischler-Handwerks
zu öfter und vielmahlen angelangt worden, Ihnen ein geschenktes
Handwerk zu vergönnen, damit sie mit Ihren benachbarten Meistern
und Gesellen, sowohl Ost- als Westwarts und allen umbliegenden Or-
ten, da Ihre Meister und Gesellen Wandlung und Hantierung brau-
chen, Correspondenz, Fried und Einigkeit haben, auch fromme und
ehrliche Gesellen und Jungen in Zucht haben und deren Lehrjahre
mit denselben benachbarten übereinstimmen, sonsten auch aller Mißver-

*) Nach der gewöhnlichen Meinung der Bürger iſt ein ge-
ſchenktes
Handwerk ein ſolches, wo den reiſenden Geſellen
eine feſtgeſetzte Unterſtützung, ein Geſchenk gereicht wird, bei
welchem dies nicht geſchieht, ein ungeſchenktes. Dieſe Be-
zeichnung iſt aber uneigentlich und verdunkelt die Entſtehung und
neueſte Bedeutung des wirklichen Geſchenks (Viaticum). Alle
frohen Gelage, beſonders die, womit die amtlichen Zuſammen-
künfte der Gilden und Innungen beſchloſſen wurden, nannten ſie
Schenke, Schenke halten. Das ſichtbare Symbol des
gildiſchen oder Innungs-Verbandes und der eröffneten Schenke,
war ein aufgeſtellter ſchön verzierter Pokal, der Willkommen,
welcher auch zuweilen das Geſchenk genannt wird. Das Recht
oder die Erlaubniß der Handwerker, unter ſich Corporationen zu
bilden, blieb ſchon an ſich Jahrhunderte hindurch ein Vorzug
großer Städte; wenn es nun auch denen in kleinern Städten
geſtattet wurde, ſo erhielten ſie damit noch nicht die Erlaubniß,
ein Geſchenk oder Willkommen zu halten, oder ihre Verbindung
ein geſchenktes Handwerk zu nennen, wodurch ſie ſich den ältern
höher ſtehenden Gilden genähert hätten, vielmehr war dazu die
ausdrückliche Genehmigung der Landesbehörde oder doch des
Stadtmagiſtrats erforderlich. Beweiſe dafür liefern zwei Urkun-
den, nehmlich die Ordnung des Magiſtrats zu Münſter für die
Kleinſchnitzler (Tiſchler) vom 9ten März 1607 und die Stiftung
eines Willkommens bei dem Töpfergewerk zu Aſchersleben vom
21ſten Juni 1661. **) Jedenfalls war das Vorhandenſeyn des

*) Was hier folgt, mit Einſchluß der Urkunde, iſt zwar ſchon in v.
Ledeburs Archiv abgedruckt, da es jedoch die Geſellenbrüderſchaften
ebenfalls angeht, jene Zeitſchrift auch nicht immer ſogleich zur Hand
ſeyn möchte, ſo wird es als auch hierher gehörig wieder gegeben.
**) Als wir Bürgermeiſter und Rath der Stadt Münſter allhie in Weſt-
phalen von den Verweſern des Kleinſchnitzler- oder Tiſchler-Handwerks
zu öfter und vielmahlen angelangt worden, Ihnen ein geſchenktes
Handwerk zu vergönnen, damit ſie mit Ihren benachbarten Meiſtern
und Geſellen, ſowohl Oſt- als Weſtwarts und allen umbliegenden Or-
ten, da Ihre Meiſter und Geſellen Wandlung und Hantierung brau-
chen, Correſpondenz, Fried und Einigkeit haben, auch fromme und
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mit denſelben benachbarten übereinſtimmen, ſonſten auch aller Mißver-
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[38/0048] *) Nach der gewöhnlichen Meinung der Bürger iſt ein ge- ſchenktes Handwerk ein ſolches, wo den reiſenden Geſellen eine feſtgeſetzte Unterſtützung, ein Geſchenk gereicht wird, bei welchem dies nicht geſchieht, ein ungeſchenktes. Dieſe Be- zeichnung iſt aber uneigentlich und verdunkelt die Entſtehung und neueſte Bedeutung des wirklichen Geſchenks (Viaticum). Alle frohen Gelage, beſonders die, womit die amtlichen Zuſammen- künfte der Gilden und Innungen beſchloſſen wurden, nannten ſie Schenke, Schenke halten. Das ſichtbare Symbol des gildiſchen oder Innungs-Verbandes und der eröffneten Schenke, war ein aufgeſtellter ſchön verzierter Pokal, der Willkommen, welcher auch zuweilen das Geſchenk genannt wird. Das Recht oder die Erlaubniß der Handwerker, unter ſich Corporationen zu bilden, blieb ſchon an ſich Jahrhunderte hindurch ein Vorzug großer Städte; wenn es nun auch denen in kleinern Städten geſtattet wurde, ſo erhielten ſie damit noch nicht die Erlaubniß, ein Geſchenk oder Willkommen zu halten, oder ihre Verbindung ein geſchenktes Handwerk zu nennen, wodurch ſie ſich den ältern höher ſtehenden Gilden genähert hätten, vielmehr war dazu die ausdrückliche Genehmigung der Landesbehörde oder doch des Stadtmagiſtrats erforderlich. Beweiſe dafür liefern zwei Urkun- den, nehmlich die Ordnung des Magiſtrats zu Münſter für die Kleinſchnitzler (Tiſchler) vom 9ten März 1607 und die Stiftung eines Willkommens bei dem Töpfergewerk zu Aſchersleben vom 21ſten Juni 1661. **) Jedenfalls war das Vorhandenſeyn des *) Was hier folgt, mit Einſchluß der Urkunde, iſt zwar ſchon in v. Ledeburs Archiv abgedruckt, da es jedoch die Geſellenbrüderſchaften ebenfalls angeht, jene Zeitſchrift auch nicht immer ſogleich zur Hand ſeyn möchte, ſo wird es als auch hierher gehörig wieder gegeben. **) Als wir Bürgermeiſter und Rath der Stadt Münſter allhie in Weſt- phalen von den Verweſern des Kleinſchnitzler- oder Tiſchler-Handwerks zu öfter und vielmahlen angelangt worden, Ihnen ein geſchenktes Handwerk zu vergönnen, damit ſie mit Ihren benachbarten Meiſtern und Geſellen, ſowohl Oſt- als Weſtwarts und allen umbliegenden Or- ten, da Ihre Meiſter und Geſellen Wandlung und Hantierung brau- chen, Correſpondenz, Fried und Einigkeit haben, auch fromme und ehrliche Geſellen und Jungen in Zucht haben und deren Lehrjahre mit denſelben benachbarten übereinſtimmen, ſonſten auch aller Mißver-

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/48>, abgerufen am 21.11.2024.