Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.entweder wirkliche oder durch Lehrjahre und den Gesellenspruch *) Die Gesellen-Brüderschaften. **) Kupferschmiede, Seiler u. a. m.
entweder wirkliche oder durch Lehrjahre und den Geſellenſpruch *) Die Geſellen-Brüderſchaften. **) Kupferſchmiede, Seiler u. a. m.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="48"/> entweder wirkliche oder durch Lehrjahre und den Geſellenſpruch<lb/> doch Adoptivſöhne der betreffenden Innung oder Gilde, ſie hatten<lb/> daher nach dieſem Verhältniß überall auf ihren Reiſen, wo ſie<lb/> als Gehülfen die abweſenden Söhne der Meiſter oft vertraten,<lb/> ſich des augenblicklichen Schutzes derſelben gegen Mangel zu<lb/> erfreuen, beſonders aber einen Anſpruch auf die Theilnahme der<lb/> Söhne ſelbſt, die unter ſich, nach der geſellſchaftlichen Trennung<lb/> von den Vätern, eigene oder Fremdengilden <note place="foot" n="*)">Die Geſellen-Brüderſchaften.</note> bildeten. Hierzu<lb/> kommt — im Scherz oder Ernſt — eine Nachahmung der<lb/> Hausordnung der Klöſter, ſo weit dieſe die Bewirthung der<lb/> Fremden oder reiſenden Brüder betraf; der Bruder Kellner,<lb/> Speiſemeiſter oder Guardian, hatten ſie zu beſorgen. An Stelle<lb/> dieſer finden wir bei den Handwerkern <hi rendition="#g">Schenkgeſellen</hi>, Or-<lb/> dengeſell, bei den Meiſtern <hi rendition="#g">Schenken</hi>, oder <hi rendition="#g">Ordenmeiſter</hi>,<lb/> und die ſeltſame Entſchuldigung: <hi rendition="#g">das Kloſter iſt arm, der<lb/> Brüder ſind viel, und der Abt trinkt ſelber gern</hi>. <note place="foot" n="**)">Kupferſchmiede, Seiler u. a. m.</note><lb/> Der Sohn eines Meiſters, oder ein in Arbeit ſtehender Geſell,<lb/> führte den Reiſenden bei ihm ein und, vermöge des zwiſchen<lb/> ihnen beſtehenden genoſſenſchaftlich-brüderlichen Verbandes, be-<lb/> trachtete man den Fremden für dieſen Abend als Mitglied der<lb/> Familie und es war ihm erlaubt, Herr Vater, Frau Mutter, zu<lb/> ſagen. — Eine Sitte, ſobald ſie erſt ein Jahrhundert beſteht und<lb/> gewiſſe Vortheile mit ſich verbindet, wird national, und ſelbſt<lb/> dann noch im Namen fortgeführt, wenn dieſe längſt aufgehört<lb/> haben. So ging es mit dieſem Gebrauch. Als die Reiſenden<lb/> zahlreicher wurden, die Gewerke von der Gildewürdigkeit leich-<lb/> tern Anſichten nachgeben mußten, wurde die Bewirthung den<lb/> Meiſtern läſtig und man ſorgte für öffentliche Herbergen, wo die<lb/> Geſellen für Rechnung der Meiſter ein augenblickliches Unter-<lb/> kommen fanden. Hier übertrugen ſie die gildiſche Vertraulichkeit<lb/> auf den Wirth und ſeine Familie, in Ermangelung von Kindern,<lb/> mißbräuchlich auf Knechte und Mägde des Hauſes. Für dieſe<lb/> Anſicht ſpricht auch das Ceremoniell der Seiler bei der Umſchau<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [48/0058]
entweder wirkliche oder durch Lehrjahre und den Geſellenſpruch
doch Adoptivſöhne der betreffenden Innung oder Gilde, ſie hatten
daher nach dieſem Verhältniß überall auf ihren Reiſen, wo ſie
als Gehülfen die abweſenden Söhne der Meiſter oft vertraten,
ſich des augenblicklichen Schutzes derſelben gegen Mangel zu
erfreuen, beſonders aber einen Anſpruch auf die Theilnahme der
Söhne ſelbſt, die unter ſich, nach der geſellſchaftlichen Trennung
von den Vätern, eigene oder Fremdengilden *) bildeten. Hierzu
kommt — im Scherz oder Ernſt — eine Nachahmung der
Hausordnung der Klöſter, ſo weit dieſe die Bewirthung der
Fremden oder reiſenden Brüder betraf; der Bruder Kellner,
Speiſemeiſter oder Guardian, hatten ſie zu beſorgen. An Stelle
dieſer finden wir bei den Handwerkern Schenkgeſellen, Or-
dengeſell, bei den Meiſtern Schenken, oder Ordenmeiſter,
und die ſeltſame Entſchuldigung: das Kloſter iſt arm, der
Brüder ſind viel, und der Abt trinkt ſelber gern. **)
Der Sohn eines Meiſters, oder ein in Arbeit ſtehender Geſell,
führte den Reiſenden bei ihm ein und, vermöge des zwiſchen
ihnen beſtehenden genoſſenſchaftlich-brüderlichen Verbandes, be-
trachtete man den Fremden für dieſen Abend als Mitglied der
Familie und es war ihm erlaubt, Herr Vater, Frau Mutter, zu
ſagen. — Eine Sitte, ſobald ſie erſt ein Jahrhundert beſteht und
gewiſſe Vortheile mit ſich verbindet, wird national, und ſelbſt
dann noch im Namen fortgeführt, wenn dieſe längſt aufgehört
haben. So ging es mit dieſem Gebrauch. Als die Reiſenden
zahlreicher wurden, die Gewerke von der Gildewürdigkeit leich-
tern Anſichten nachgeben mußten, wurde die Bewirthung den
Meiſtern läſtig und man ſorgte für öffentliche Herbergen, wo die
Geſellen für Rechnung der Meiſter ein augenblickliches Unter-
kommen fanden. Hier übertrugen ſie die gildiſche Vertraulichkeit
auf den Wirth und ſeine Familie, in Ermangelung von Kindern,
mißbräuchlich auf Knechte und Mägde des Hauſes. Für dieſe
Anſicht ſpricht auch das Ceremoniell der Seiler bei der Umſchau
*) Die Geſellen-Brüderſchaften.
**) Kupferſchmiede, Seiler u. a. m.
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