Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.Hatte nun einer der Gesellen oder der beisitzende Meister Also mit Gunst! Die erste Umfrage ist vorüber, hat einer oder der andere etwas vergessen, so kann er es in der zweiten melden, es thue der Ordenjünger die zweite Umfrage. Ordenjünger. Also mit Gunst! Herr Lademeister, Alt- gesell, sämmtliche Gesellen und Jünger, ich thue die zweite Umfrage. Eben so wurde die dritte Umfrage ausgerufen, was jedoch Zum IX. soll das schwarze Buch verlesen werden; ist einer von Gesellen und Jüngern darin begriffen, der stecke den Kopf zum Fenster hinaus, die Füße unter den Tisch, bis das Schwarze vorüber ist, vielleicht kann man ihm von dem Schwarzen aufs Weiße helfen, wenn er Geld oder Geldeswerth hat. Ist er mit Tode abgegangen, so schenken wir ihm den ehrlichen Namen in's kühle Grab. Befand sich nun einer in der Gesellschaft, dessen Name ge- Hatte nun einer der Geſellen oder der beiſitzende Meiſter Alſo mit Gunſt! Die erſte Umfrage iſt vorüber, hat einer oder der andere etwas vergeſſen, ſo kann er es in der zweiten melden, es thue der Ordenjünger die zweite Umfrage. Ordenjünger. Alſo mit Gunſt! Herr Lademeiſter, Alt- geſell, ſämmtliche Geſellen und Jünger, ich thue die zweite Umfrage. Eben ſo wurde die dritte Umfrage ausgerufen, was jedoch Zum IX. ſoll das ſchwarze Buch verleſen werden; iſt einer von Geſellen und Jüngern darin begriffen, der ſtecke den Kopf zum Fenſter hinaus, die Füße unter den Tiſch, bis das Schwarze vorüber iſt, vielleicht kann man ihm von dem Schwarzen aufs Weiße helfen, wenn er Geld oder Geldeswerth hat. Iſt er mit Tode abgegangen, ſo ſchenken wir ihm den ehrlichen Namen in’s kühle Grab. Befand ſich nun einer in der Geſellſchaft, deſſen Name ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0098" n="88"/> <p>Hatte nun einer der Geſellen oder der beiſitzende Meiſter<lb/> im Namen des Gewerks oder eines Meiſters, oder der Altgeſell,<lb/> etwas anzubringen, ſo trat er vor den Tiſch und trug, nach der<lb/> gewöhnlichen Bitte, ſeine Beſchwerde vor; es wurde debattirt<lb/> und nach Maaßgabe der Statuten und Mehrheit der Stimmen<lb/> entſchieden; während das Urtheil gefunden wurde, mußten die<lb/> Betheiligten aus dem Zimmer gehen. Nach Beſeitigung des<lb/> Vorgetragenen ſprach der Altgeſell wieder:</p><lb/> <list> <item>Alſo mit Gunſt! Die erſte Umfrage iſt vorüber, hat einer<lb/> oder der andere etwas vergeſſen, ſo kann er es in der<lb/> zweiten melden, es thue der Ordenjünger die zweite<lb/> Umfrage.</item><lb/> <item><hi rendition="#g">Ordenjünger</hi>. Alſo mit Gunſt! Herr Lademeiſter, Alt-<lb/> geſell, ſämmtliche Geſellen und Jünger, ich thue die<lb/> zweite Umfrage.</item> </list><lb/> <p>Eben ſo wurde die dritte Umfrage ausgerufen, was jedoch<lb/> nicht geſchah, wenn zwiſchen den beiden erſten nichts vorgebracht<lb/> war, hernach war es nicht mehr erlaubt, etwas vorzubringen.<lb/> Inzwiſchen nahm der Altgeſell das ſchwarze Buch aus der Lade<lb/> und fuhr fort:</p><lb/> <list> <item>Zum <hi rendition="#aq">IX.</hi> ſoll das ſchwarze Buch verleſen werden; iſt<lb/> einer von Geſellen und Jüngern darin begriffen, <hi rendition="#g">der<lb/> ſtecke den Kopf zum Fenſter hinaus, die Füße<lb/> unter den Tiſch, bis das Schwarze vorüber<lb/> iſt</hi>, vielleicht kann man ihm von dem Schwarzen aufs<lb/> Weiße helfen, wenn er Geld oder Geldeswerth hat.<lb/> Iſt er mit Tode abgegangen, ſo ſchenken wir ihm den<lb/> ehrlichen Namen in’s kühle Grab.</item> </list><lb/> <p>Befand ſich nun einer in der Geſellſchaft, deſſen Name ge-<lb/> nannt wurde, und durch einen Schein oder Zeugen nicht nach-<lb/> weiſen konnte, daß er das ihm angeſchuldigte Vergehen bereits<lb/> abgebüßt hatte, der ſteckte wirklich den Kopf zum Fenſter hin-<lb/> aus. Darauf machte der Altgeſell die Brüderſchaft mit ſeinem<lb/> Vergehen bekannt, worauf gegen ihn eine Strafe, oder was ſonſt<lb/> nach den Statuten erforderlich war, erkannt wurde; war das<lb/> Vergehen von der Art, daß es ihn von der Brüderſchaft ausſchloß,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0098]
Hatte nun einer der Geſellen oder der beiſitzende Meiſter
im Namen des Gewerks oder eines Meiſters, oder der Altgeſell,
etwas anzubringen, ſo trat er vor den Tiſch und trug, nach der
gewöhnlichen Bitte, ſeine Beſchwerde vor; es wurde debattirt
und nach Maaßgabe der Statuten und Mehrheit der Stimmen
entſchieden; während das Urtheil gefunden wurde, mußten die
Betheiligten aus dem Zimmer gehen. Nach Beſeitigung des
Vorgetragenen ſprach der Altgeſell wieder:
Alſo mit Gunſt! Die erſte Umfrage iſt vorüber, hat einer
oder der andere etwas vergeſſen, ſo kann er es in der
zweiten melden, es thue der Ordenjünger die zweite
Umfrage.
Ordenjünger. Alſo mit Gunſt! Herr Lademeiſter, Alt-
geſell, ſämmtliche Geſellen und Jünger, ich thue die
zweite Umfrage.
Eben ſo wurde die dritte Umfrage ausgerufen, was jedoch
nicht geſchah, wenn zwiſchen den beiden erſten nichts vorgebracht
war, hernach war es nicht mehr erlaubt, etwas vorzubringen.
Inzwiſchen nahm der Altgeſell das ſchwarze Buch aus der Lade
und fuhr fort:
Zum IX. ſoll das ſchwarze Buch verleſen werden; iſt
einer von Geſellen und Jüngern darin begriffen, der
ſtecke den Kopf zum Fenſter hinaus, die Füße
unter den Tiſch, bis das Schwarze vorüber
iſt, vielleicht kann man ihm von dem Schwarzen aufs
Weiße helfen, wenn er Geld oder Geldeswerth hat.
Iſt er mit Tode abgegangen, ſo ſchenken wir ihm den
ehrlichen Namen in’s kühle Grab.
Befand ſich nun einer in der Geſellſchaft, deſſen Name ge-
nannt wurde, und durch einen Schein oder Zeugen nicht nach-
weiſen konnte, daß er das ihm angeſchuldigte Vergehen bereits
abgebüßt hatte, der ſteckte wirklich den Kopf zum Fenſter hin-
aus. Darauf machte der Altgeſell die Brüderſchaft mit ſeinem
Vergehen bekannt, worauf gegen ihn eine Strafe, oder was ſonſt
nach den Statuten erforderlich war, erkannt wurde; war das
Vergehen von der Art, daß es ihn von der Brüderſchaft ausſchloß,
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