Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
"Ha, an mein Herz sei gedrückt!" ruft er aus,
Und brauset auf sein duftend Gefieder,
Wie ein blühender Fruchtgarten im Frühlings-
winde!
"An mein Herz, Geliebter du!
Ja du bist es, an Gothlands Ufern dort!
Siehst, wie der Frühling den warmen Rosenleib
Jns schmelzende Meer legt!
Wie er losschleußt die Bäche,
Die vom Schlummer im welkenden Schilf
Aufheben ihr triefendes Haupt,
Und forttragen zwischen grünenden Ufern
Auf ihren Schultern die zerbrochnen Glieder
Der Felsenketten, mit denen der Winter sie
anschloß!

Siehe! in diesen aufgrünenden Fluren da!
Unter den werdenden Knospen des Haines dort!
Und der Gebüsche hier! wandelst im aufwachen-
den Weltleben,
„Ha, an mein Herz ſei gedruͤckt!„ ruft er aus,
Und brauſet auf ſein duftend Gefieder,
Wie ein bluͤhender Fruchtgarten im Fruͤhlings-
winde!
„An mein Herz, Geliebter du!
Ja du biſt es, an Gothlands Ufern dort!
Siehſt, wie der Fruͤhling den warmen Roſenleib
Jns ſchmelzende Meer legt!
Wie er losſchleußt die Baͤche,
Die vom Schlummer im welkenden Schilf
Aufheben ihr triefendes Haupt,
Und forttragen zwiſchen gruͤnenden Ufern
Auf ihren Schultern die zerbrochnen Glieder
Der Felſenketten, mit denen der Winter ſie
anſchloß!

Siehe! in dieſen aufgruͤnenden Fluren da!
Unter den werdenden Knoſpen des Haines dort!
Und der Gebuͤſche hier! wandelſt im aufwachen-
den Weltleben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0276" n="260"/>
          <lg n="158">
            <l>&#x201E;Ha, an mein Herz &#x017F;ei gedru&#x0364;ckt!&#x201E; ruft er aus,</l><lb/>
            <l>Und brau&#x017F;et auf &#x017F;ein duftend Gefieder,</l><lb/>
            <l>Wie ein blu&#x0364;hender Fruchtgarten im Fru&#x0364;hlings-<lb/><hi rendition="#et">winde!</hi><lb/>
&#x201E;An mein Herz, Geliebter du!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="159">
            <l>Ja du bi&#x017F;t es, an Gothlands Ufern dort!</l><lb/>
            <l>Sieh&#x017F;t, wie der Fru&#x0364;hling den warmen Ro&#x017F;enleib</l><lb/>
            <l>Jns &#x017F;chmelzende Meer legt!</l><lb/>
            <l>Wie er los&#x017F;chleußt die Ba&#x0364;che,</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="160">
            <l>Die vom Schlummer im welkenden Schilf</l><lb/>
            <l>Aufheben ihr triefendes Haupt,</l><lb/>
            <l>Und forttragen zwi&#x017F;chen gru&#x0364;nenden Ufern</l><lb/>
            <l>Auf ihren Schultern die zerbrochnen Glieder</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="161">
            <l>Der Fel&#x017F;enketten, mit denen der Winter &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">an&#x017F;chloß!</hi></l><lb/>
            <l>Siehe! in die&#x017F;en aufgru&#x0364;nenden Fluren da!</l><lb/>
            <l>Unter den werdenden Kno&#x017F;pen des Haines dort!</l><lb/>
            <l>Und der Gebu&#x0364;&#x017F;che hier! wandel&#x017F;t im aufwachen-<lb/><hi rendition="#et">den Weltleben,</hi></l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0276] „Ha, an mein Herz ſei gedruͤckt!„ ruft er aus, Und brauſet auf ſein duftend Gefieder, Wie ein bluͤhender Fruchtgarten im Fruͤhlings- winde! „An mein Herz, Geliebter du! Ja du biſt es, an Gothlands Ufern dort! Siehſt, wie der Fruͤhling den warmen Roſenleib Jns ſchmelzende Meer legt! Wie er losſchleußt die Baͤche, Die vom Schlummer im welkenden Schilf Aufheben ihr triefendes Haupt, Und forttragen zwiſchen gruͤnenden Ufern Auf ihren Schultern die zerbrochnen Glieder Der Felſenketten, mit denen der Winter ſie anſchloß! Siehe! in dieſen aufgruͤnenden Fluren da! Unter den werdenden Knoſpen des Haines dort! Und der Gebuͤſche hier! wandelſt im aufwachen- den Weltleben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stolbergstolberg_gedichte_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stolbergstolberg_gedichte_1779/276
Zitationshilfe: Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stolbergstolberg_gedichte_1779/276>, abgerufen am 29.05.2024.