Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der Untersuchung desselben zu beschäftigen
und die Gründe dafür und dawider durch eine
moralische Feuerprobe zu läutern. Izt scheint
die große Frage beantwortet, und der Werth
oder Unwerth der Preßfreyheit und der Cen-
suranstalten entschieden zu seyn. Der Antheil,
welchen Rußland unter der jetzigen weisen und
milden Regierung an den Fortschritten der
Aufklärung und Kultur des übrigen Europa
genommen hat, konnte seinen wohlthätigen
Einfluß auch in diesem wichtigen Theil der öf-
fentlichen Staatsverwaltung nicht verleugnen;
eine Fürstinn, aus deren Feder die Instruktion
zur Gesetzgebung geflossen war und die mit den
größten Philosophen ihres Zeitalters in har-
monischem Bündnisse stand, konnte den Gang
des menschlichen Geistes auf dem Wege zu
seiner Veredlung mit keinen Fesseln belasten.
Sie schenkte der Nation völlige Preßfreyheit *);

*) Obgleich dieses Faktum vielleicht weder durch Uka-
sen noch durch die Verichte der Zeitgenossen ins Ausland
gekommen seyn mag, so ist es doch nicht minder gewiß.
Die Sache wurde bey Gelegenheit der Eröfnung der er-
K 5

mit der Unterſuchung deſſelben zu beſchaͤftigen
und die Gruͤnde dafuͤr und dawider durch eine
moraliſche Feuerprobe zu laͤutern. Izt ſcheint
die große Frage beantwortet, und der Werth
oder Unwerth der Preßfreyheit und der Cen-
ſuranſtalten entſchieden zu ſeyn. Der Antheil,
welchen Rußland unter der jetzigen weiſen und
milden Regierung an den Fortſchritten der
Aufklaͤrung und Kultur des uͤbrigen Europa
genommen hat, konnte ſeinen wohlthaͤtigen
Einfluß auch in dieſem wichtigen Theil der oͤf-
fentlichen Staatsverwaltung nicht verleugnen;
eine Fuͤrſtinn, aus deren Feder die Inſtruktion
zur Geſetzgebung gefloſſen war und die mit den
groͤßten Philoſophen ihres Zeitalters in har-
moniſchem Buͤndniſſe ſtand, konnte den Gang
des menſchlichen Geiſtes auf dem Wege zu
ſeiner Veredlung mit keinen Feſſeln belaſten.
Sie ſchenkte der Nation voͤllige Preßfreyheit *);

*) Obgleich dieſes Faktum vielleicht weder durch Uka-
ſen noch durch die Verichte der Zeitgenoſſen ins Ausland
gekommen ſeyn mag, ſo iſt es doch nicht minder gewiß.
Die Sache wurde bey Gelegenheit der Eröfnung der er-
K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0169" n="153"/>
mit der Unter&#x017F;uchung de&#x017F;&#x017F;elben zu be&#x017F;cha&#x0364;ftigen<lb/>
und die Gru&#x0364;nde dafu&#x0364;r und dawider durch eine<lb/>
morali&#x017F;che Feuerprobe zu la&#x0364;utern. Izt &#x017F;cheint<lb/>
die große Frage beantwortet, und der Werth<lb/>
oder Unwerth der Preßfreyheit und der Cen-<lb/>
&#x017F;uran&#x017F;talten ent&#x017F;chieden zu &#x017F;eyn. Der Antheil,<lb/>
welchen Rußland unter der jetzigen wei&#x017F;en und<lb/>
milden Regierung an den Fort&#x017F;chritten der<lb/>
Aufkla&#x0364;rung und Kultur des u&#x0364;brigen Europa<lb/>
genommen hat, konnte &#x017F;einen wohltha&#x0364;tigen<lb/>
Einfluß auch in die&#x017F;em wichtigen Theil der o&#x0364;f-<lb/>
fentlichen Staatsverwaltung nicht verleugnen;<lb/>
eine Fu&#x0364;r&#x017F;tinn, aus deren Feder die In&#x017F;truktion<lb/>
zur Ge&#x017F;etzgebung geflo&#x017F;&#x017F;en war und die mit den<lb/>
gro&#x0364;ßten Philo&#x017F;ophen ihres Zeitalters in har-<lb/>
moni&#x017F;chem Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tand, konnte den Gang<lb/>
des men&#x017F;chlichen Gei&#x017F;tes auf dem Wege zu<lb/>
&#x017F;einer Veredlung mit keinen Fe&#x017F;&#x017F;eln bela&#x017F;ten.<lb/>
Sie &#x017F;chenkte der Nation vo&#x0364;llige Preßfreyheit <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)">Obgleich die&#x017F;es Faktum vielleicht weder durch Uka-<lb/>
&#x017F;en noch durch die Verichte der Zeitgeno&#x017F;&#x017F;en ins Ausland<lb/>
gekommen &#x017F;eyn mag, &#x017F;o i&#x017F;t es doch nicht minder gewiß.<lb/>
Die Sache wurde bey Gelegenheit der Eröfnung der er-</note>;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0169] mit der Unterſuchung deſſelben zu beſchaͤftigen und die Gruͤnde dafuͤr und dawider durch eine moraliſche Feuerprobe zu laͤutern. Izt ſcheint die große Frage beantwortet, und der Werth oder Unwerth der Preßfreyheit und der Cen- ſuranſtalten entſchieden zu ſeyn. Der Antheil, welchen Rußland unter der jetzigen weiſen und milden Regierung an den Fortſchritten der Aufklaͤrung und Kultur des uͤbrigen Europa genommen hat, konnte ſeinen wohlthaͤtigen Einfluß auch in dieſem wichtigen Theil der oͤf- fentlichen Staatsverwaltung nicht verleugnen; eine Fuͤrſtinn, aus deren Feder die Inſtruktion zur Geſetzgebung gefloſſen war und die mit den groͤßten Philoſophen ihres Zeitalters in har- moniſchem Buͤndniſſe ſtand, konnte den Gang des menſchlichen Geiſtes auf dem Wege zu ſeiner Veredlung mit keinen Feſſeln belaſten. Sie ſchenkte der Nation voͤllige Preßfreyheit *); *) Obgleich dieſes Faktum vielleicht weder durch Uka- ſen noch durch die Verichte der Zeitgenoſſen ins Ausland gekommen ſeyn mag, ſo iſt es doch nicht minder gewiß. Die Sache wurde bey Gelegenheit der Eröfnung der er- K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/169
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/169>, abgerufen am 23.11.2024.