Kaufmann, und wenn das Gegentheil auch hin und wieder der Fall ist, so fehlt es doch an der Reinlichkeit, ohne welche die prächtig- sten Zimmer ungesund sind.
Die Berichte der Reisebeschreiber von der Reinlichkeit der russischen Nation widersprechen sich oft. Einige nennen die Russen ein reinli- ches, andere ein unreinliches Volk, und beyde Theile können Recht haben. Das häufige Ba- den, zum Beyspiel, beweißt für die gute Seite; aber ihre Rauchstuben, der üble Geruch, den man in den meisten Wohnungen gemeiner Leute findet, beweisen eben so viel für das entgegen- gesetzte Extrem. Die Wahrheit ist, daß der Russe noch keinen Sinn für Reinlichkeit hat, daß aber glücklicher Weise einige alte Natio- nalsitten, von denen er sich aus Gewohnheit nicht lossagen mag, ihn in einer erträglichen Mittelbahn halten. So wird man, zum Bey- spiel, in allen Bauerhütten, sehr weißge- scheuerte Tische finden; aber des Ungeziefers achtet er nicht, oder schont dessen aus einer Art von herkömmlichem Respekt. Seinen Kör- per wäscht er zwar zwey bis dreymal in der Woche; aber seine Kleidungsstücke, sie mögen
auch
Kaufmann, und wenn das Gegentheil auch hin und wieder der Fall iſt, ſo fehlt es doch an der Reinlichkeit, ohne welche die praͤchtig- ſten Zimmer ungeſund ſind.
Die Berichte der Reiſebeſchreiber von der Reinlichkeit der ruſſiſchen Nation widerſprechen ſich oft. Einige nennen die Ruſſen ein reinli- ches, andere ein unreinliches Volk, und beyde Theile koͤnnen Recht haben. Das haͤufige Ba- den, zum Beyſpiel, beweißt fuͤr die gute Seite; aber ihre Rauchſtuben, der uͤble Geruch, den man in den meiſten Wohnungen gemeiner Leute findet, beweiſen eben ſo viel fuͤr das entgegen- geſetzte Extrem. Die Wahrheit iſt, daß der Ruſſe noch keinen Sinn fuͤr Reinlichkeit hat, daß aber gluͤcklicher Weiſe einige alte Natio- nalſitten, von denen er ſich aus Gewohnheit nicht losſagen mag, ihn in einer ertraͤglichen Mittelbahn halten. So wird man, zum Bey- ſpiel, in allen Bauerhuͤtten, ſehr weißge- ſcheuerte Tiſche finden; aber des Ungeziefers achtet er nicht, oder ſchont deſſen aus einer Art von herkoͤmmlichem Reſpekt. Seinen Koͤr- per waͤſcht er zwar zwey bis dreymal in der Woche; aber ſeine Kleidungsſtuͤcke, ſie moͤgen
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Kaufmann, und wenn das Gegentheil auch
hin und wieder der Fall iſt, ſo fehlt es doch
an der Reinlichkeit, ohne welche die praͤchtig-
ſten Zimmer ungeſund ſind.
Die Berichte der Reiſebeſchreiber von der
Reinlichkeit der ruſſiſchen Nation widerſprechen
ſich oft. Einige nennen die Ruſſen ein reinli-
ches, andere ein unreinliches Volk, und beyde
Theile koͤnnen Recht haben. Das haͤufige Ba-
den, zum Beyſpiel, beweißt fuͤr die gute Seite;
aber ihre Rauchſtuben, der uͤble Geruch, den
man in den meiſten Wohnungen gemeiner Leute
findet, beweiſen eben ſo viel fuͤr das entgegen-
geſetzte Extrem. Die Wahrheit iſt, daß der
Ruſſe noch keinen Sinn fuͤr Reinlichkeit hat,
daß aber gluͤcklicher Weiſe einige alte Natio-
nalſitten, von denen er ſich aus Gewohnheit
nicht losſagen mag, ihn in einer ertraͤglichen
Mittelbahn halten. So wird man, zum Bey-
ſpiel, in allen Bauerhuͤtten, ſehr weißge-
ſcheuerte Tiſche finden; aber des Ungeziefers
achtet er nicht, oder ſchont deſſen aus einer
Art von herkoͤmmlichem Reſpekt. Seinen Koͤr-
per waͤſcht er zwar zwey bis dreymal in der
Woche; aber ſeine Kleidungsſtuͤcke, ſie moͤgen
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/386>, abgerufen am 23.11.2024.
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