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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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So sahe mich denn die Morgensonne des
nächsten Tages rüstig über die Haide schreiten,
und war mir nur leid, daß letztere allbereits ihr
rothes Kleid und ihren Würzeduft verbrauchet
und also diese Landschaft ihren ganzen Sommer¬
schmuck verloren hatte, denn von grünen Bäumen
war weithin nichts zu ersehen; nur der spitze
Kirchthurm des Dorfes, dem ich zustrebte -- wie
ich bereits erkennen mochte, ganz von Granit¬
quadern auferbauet -- stieg immer höher vor
mir in den dunkelblauen Oktoberhimmel. Zwischen
den schwarzen Strohdächern, die an seinem Fuße
lagen, krüppelte nur niedrig Busch- und Baum¬
werk; denn der Nordwestwind, so hier frisch von
der See herauf kommt, will freien Weg zu fahren
haben.

Als ich das Dorf erreichet und auch alsbald
mich nach der Küsterei gefunden, stürzete mir so¬
fort mit lustigem Geschrei die ganze Schul' ent¬
gegen; der Küster aber hieß an seiner Hausthür
mich willkommen. "Merket Ihr wol, wie gern
sie von der Fibel laufen!" sagte er. "Der eine

So ſahe mich denn die Morgenſonne des
nächſten Tages rüſtig über die Haide ſchreiten,
und war mir nur leid, daß letztere allbereits ihr
rothes Kleid und ihren Würzeduft verbrauchet
und alſo dieſe Landſchaft ihren ganzen Sommer¬
ſchmuck verloren hatte, denn von grünen Bäumen
war weithin nichts zu erſehen; nur der ſpitze
Kirchthurm des Dorfes, dem ich zuſtrebte — wie
ich bereits erkennen mochte, ganz von Granit¬
quadern auferbauet — ſtieg immer höher vor
mir in den dunkelblauen Oktoberhimmel. Zwiſchen
den ſchwarzen Strohdächern, die an ſeinem Fuße
lagen, krüppelte nur niedrig Buſch- und Baum¬
werk; denn der Nordweſtwind, ſo hier friſch von
der See herauf kommt, will freien Weg zu fahren
haben.

Als ich das Dorf erreichet und auch alsbald
mich nach der Küſterei gefunden, ſtürzete mir ſo¬
fort mit luſtigem Geſchrei die ganze Schul' ent¬
gegen; der Küſter aber hieß an ſeiner Hausthür
mich willkommen. „Merket Ihr wol, wie gern
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[119/0133] So ſahe mich denn die Morgenſonne des nächſten Tages rüſtig über die Haide ſchreiten, und war mir nur leid, daß letztere allbereits ihr rothes Kleid und ihren Würzeduft verbrauchet und alſo dieſe Landſchaft ihren ganzen Sommer¬ ſchmuck verloren hatte, denn von grünen Bäumen war weithin nichts zu erſehen; nur der ſpitze Kirchthurm des Dorfes, dem ich zuſtrebte — wie ich bereits erkennen mochte, ganz von Granit¬ quadern auferbauet — ſtieg immer höher vor mir in den dunkelblauen Oktoberhimmel. Zwiſchen den ſchwarzen Strohdächern, die an ſeinem Fuße lagen, krüppelte nur niedrig Buſch- und Baum¬ werk; denn der Nordweſtwind, ſo hier friſch von der See herauf kommt, will freien Weg zu fahren haben. Als ich das Dorf erreichet und auch alsbald mich nach der Küſterei gefunden, ſtürzete mir ſo¬ fort mit luſtigem Geſchrei die ganze Schul' ent¬ gegen; der Küſter aber hieß an ſeiner Hausthür mich willkommen. „Merket Ihr wol, wie gern ſie von der Fibel laufen!“ ſagte er. „Der eine

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/133>, abgerufen am 24.11.2024.