Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder bei der Küsterei an. Ich ging aber nicht
in das Schulzimmer an meine Staffelei, sondern
durch das Hinterpförtlein wieder zum Hause
hinaus. -- --

Das ärmliche Gärtlein ist mir unvergessen,
obschon seit jenem Tage meine Augen es nicht
mehr gesehen. -- Gleich dem des Predigerhauses
von der anderen Seite, trat es als ein breiter
Streifen in die Priesterkoppel; inmitten zwischen
beiden aber war eine Gruppe dichter Weiden¬
büsche, welche zur Einfassung einer Wassergrube
dienen mochten; denn ich hatte einmal eine Magd
mit vollem Eimer wie aus einer Tiefe daraus
hervorsteigen sehen.

Als ich ohne viel Gedanken, nur mein Ge¬
müthe erfüllet von nicht zu zwingender Unrast,
an des Küsters abgeheimseten Bohnenbeeten hin¬
ging, hörete ich von der Koppel draußen eine
Frauenstimme von gar holdem Klang, und wie
sie liebreich einem Kinde zusprach.

Unwillens schritt ich solchem Schalle nach;
so mochte einst der griechische Heidengott mit

wieder bei der Küſterei an. Ich ging aber nicht
in das Schulzimmer an meine Staffelei, ſondern
durch das Hinterpförtlein wieder zum Hauſe
hinaus. — —

Das ärmliche Gärtlein iſt mir unvergeſſen,
obſchon ſeit jenem Tage meine Augen es nicht
mehr geſehen. — Gleich dem des Predigerhauſes
von der anderen Seite, trat es als ein breiter
Streifen in die Prieſterkoppel; inmitten zwiſchen
beiden aber war eine Gruppe dichter Weiden¬
büſche, welche zur Einfaſſung einer Waſſergrube
dienen mochten; denn ich hatte einmal eine Magd
mit vollem Eimer wie aus einer Tiefe daraus
hervorſteigen ſehen.

Als ich ohne viel Gedanken, nur mein Ge¬
müthe erfüllet von nicht zu zwingender Unraſt,
an des Küſters abgeheimſeten Bohnenbeeten hin¬
ging, hörete ich von der Koppel draußen eine
Frauenſtimme von gar holdem Klang, und wie
ſie liebreich einem Kinde zuſprach.

Unwillens ſchritt ich ſolchem Schalle nach;
ſo mochte einſt der griechiſche Heidengott mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0152" n="138"/>
wieder bei der Kü&#x017F;terei an. Ich ging aber nicht<lb/>
in das Schulzimmer an meine Staffelei, &#x017F;ondern<lb/>
durch das Hinterpförtlein wieder zum Hau&#x017F;e<lb/>
hinaus. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
      <p>Das ärmliche Gärtlein i&#x017F;t mir unverge&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
ob&#x017F;chon &#x017F;eit jenem Tage meine Augen es nicht<lb/>
mehr ge&#x017F;ehen. &#x2014; Gleich dem des Predigerhau&#x017F;es<lb/>
von der anderen Seite, trat es als ein breiter<lb/>
Streifen in die Prie&#x017F;terkoppel; inmitten zwi&#x017F;chen<lb/>
beiden aber war eine Gruppe dichter Weiden¬<lb/>&#x017F;che, welche zur Einfa&#x017F;&#x017F;ung einer Wa&#x017F;&#x017F;ergrube<lb/>
dienen mochten; denn ich hatte einmal eine Magd<lb/>
mit vollem Eimer wie aus einer Tiefe daraus<lb/>
hervor&#x017F;teigen &#x017F;ehen.</p><lb/>
      <p>Als ich ohne viel Gedanken, nur mein Ge¬<lb/>
müthe erfüllet von nicht zu zwingender Unra&#x017F;t,<lb/>
an des Kü&#x017F;ters abgeheim&#x017F;eten Bohnenbeeten hin¬<lb/>
ging, hörete ich von der Koppel draußen eine<lb/>
Frauen&#x017F;timme von gar holdem Klang, und wie<lb/>
&#x017F;ie liebreich einem Kinde zu&#x017F;prach.</p><lb/>
      <p>Unwillens &#x017F;chritt ich &#x017F;olchem Schalle nach;<lb/>
&#x017F;o mochte ein&#x017F;t der griechi&#x017F;che Heidengott mit<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0152] wieder bei der Küſterei an. Ich ging aber nicht in das Schulzimmer an meine Staffelei, ſondern durch das Hinterpförtlein wieder zum Hauſe hinaus. — — Das ärmliche Gärtlein iſt mir unvergeſſen, obſchon ſeit jenem Tage meine Augen es nicht mehr geſehen. — Gleich dem des Predigerhauſes von der anderen Seite, trat es als ein breiter Streifen in die Prieſterkoppel; inmitten zwiſchen beiden aber war eine Gruppe dichter Weiden¬ büſche, welche zur Einfaſſung einer Waſſergrube dienen mochten; denn ich hatte einmal eine Magd mit vollem Eimer wie aus einer Tiefe daraus hervorſteigen ſehen. Als ich ohne viel Gedanken, nur mein Ge¬ müthe erfüllet von nicht zu zwingender Unraſt, an des Küſters abgeheimſeten Bohnenbeeten hin¬ ging, hörete ich von der Koppel draußen eine Frauenſtimme von gar holdem Klang, und wie ſie liebreich einem Kinde zuſprach. Unwillens ſchritt ich ſolchem Schalle nach; ſo mochte einſt der griechiſche Heidengott mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/152
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/152>, abgerufen am 21.11.2024.