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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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war mir nimmer hold gewesen, hatte wol gar,
was sein edler Vater an mir gethan, als einen
Diebstahl an ihm selber angesehen; und manches
Mal, wenn ich, wie öfters nach meines lieben
Vaters Tode, im Sommer die Vacanz auf dem
Gute zubrachte, hatte er mir die schönen Tage
vergället und versalzen. Ob er anitzt in seines
Vaters Hause sei, war mir nicht kund geworden,
hatte nur vernommen, daß er noch vor dem
Friedensschlusse bei Spiel und Becher mit den
Schwedischen Offiziers Verkehr gehalten, was
mit rechter Holstentreue nicht zu reimen ist.

Indem ich dieß bei mir erwog, war ich aus
dem Buchenwalde in den Richtsteig durch das
Tannenhölzchen geschritten, das schon dem Hofe
nahe liegt. Wie liebliche Erinnerung umhauchte
mich der Würzeduft des Harzes; aber bald trat
ich aus dem Schatten in den vollen Sonnenschein
hinaus; da lagen zu beiden Seiten die mit
Haselbüschen eingehegten Wiesen, und nicht lange,
so wanderte ich zwischen den zwo Reihen gewal¬
tiger Eichbäume, die zum Herrensitz hinaufführen.

war mir nimmer hold geweſen, hatte wol gar,
was ſein edler Vater an mir gethan, als einen
Diebſtahl an ihm ſelber angeſehen; und manches
Mal, wenn ich, wie öfters nach meines lieben
Vaters Tode, im Sommer die Vacanz auf dem
Gute zubrachte, hatte er mir die ſchönen Tage
vergället und verſalzen. Ob er anitzt in ſeines
Vaters Hauſe ſei, war mir nicht kund geworden,
hatte nur vernommen, daß er noch vor dem
Friedensſchluſſe bei Spiel und Becher mit den
Schwediſchen Offiziers Verkehr gehalten, was
mit rechter Holſtentreue nicht zu reimen iſt.

Indem ich dieß bei mir erwog, war ich aus
dem Buchenwalde in den Richtſteig durch das
Tannenhölzchen geſchritten, das ſchon dem Hofe
nahe liegt. Wie liebliche Erinnerung umhauchte
mich der Würzeduft des Harzes; aber bald trat
ich aus dem Schatten in den vollen Sonnenſchein
hinaus; da lagen zu beiden Seiten die mit
Haſelbüſchen eingehegten Wieſen, und nicht lange,
ſo wanderte ich zwiſchen den zwo Reihen gewal¬
tiger Eichbäume, die zum Herrenſitz hinaufführen.

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[21/0035] war mir nimmer hold geweſen, hatte wol gar, was ſein edler Vater an mir gethan, als einen Diebſtahl an ihm ſelber angeſehen; und manches Mal, wenn ich, wie öfters nach meines lieben Vaters Tode, im Sommer die Vacanz auf dem Gute zubrachte, hatte er mir die ſchönen Tage vergället und verſalzen. Ob er anitzt in ſeines Vaters Hauſe ſei, war mir nicht kund geworden, hatte nur vernommen, daß er noch vor dem Friedensſchluſſe bei Spiel und Becher mit den Schwediſchen Offiziers Verkehr gehalten, was mit rechter Holſtentreue nicht zu reimen iſt. Indem ich dieß bei mir erwog, war ich aus dem Buchenwalde in den Richtſteig durch das Tannenhölzchen geſchritten, das ſchon dem Hofe nahe liegt. Wie liebliche Erinnerung umhauchte mich der Würzeduft des Harzes; aber bald trat ich aus dem Schatten in den vollen Sonnenſchein hinaus; da lagen zu beiden Seiten die mit Haſelbüſchen eingehegten Wieſen, und nicht lange, ſo wanderte ich zwiſchen den zwo Reihen gewal¬ tiger Eichbäume, die zum Herrenſitz hinaufführen.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/35>, abgerufen am 03.12.2024.